Holen Sie sich B4BSCHWABEN.de auf Ihr Smartphone.
Klicken Sie auf das Symbol zum „Teilen” in der Toolbar von Safari. Finden Sie die Option „Zum Home-Bildschirm”. Mit einem Klick auf „Hinzufügen” ist die Installation abgeschlossen! Schon ist die Website als App auf Ihrem iOS-Gerät installiert.
Bei Aumüller Aumatic in Tierhaupten (Kreis Augsburg) arbeiten Menschen, die aus verschiedenen Ländern kommen – etwa aus Rumänien, Syrien oder Indien. Anfang Mai hatte Geschäftsführerin Ramona Meinzer wegen der Anfrage unserer Redaktion mit den zugewanderten Mitarbeitenden über ihre Erfahrungen in Deutschland gesprochen. Von den Antworten war Meinzer, die selbst Migrationsgeschichte hat, überrascht: „Kein einziger hat in Deutschland jemals Rassismus erlebt. Auch nicht Frauen mit Kopftuch. Das hat mich positiv überrascht, ich habe anderes erwartet“, sagt Meinzer.
Doch die Mitarbeitenden bei Aumüller Aumatic sind wohl eher die Ausnahme: In Deutschland erleben mehr als 60 Prozent der muslimischen Frauen und der Schwarzen Menschen Diskriminierung aufgrund von Rassismus, zeigt der Nationale Diskriminierungs- und Rassismusmonitor.
Diese Erfahrungen sind nach einer aktuellen, nicht repräsentativen Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung für zugewanderte Menschen der Hauptgrund, Deutschland wieder zu verlassen. In der Studie wurden 416, einst zugewanderte Menschen, befragt, warum sie aus Deutschland wieder ausgewandert sind.
Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Abwanderung weniger von wirtschaftlichen Gründen abhängt – sondern vielmehr von sozialer Teilhabe, sich zugehörig zu fühlen und gelebter Willkommenskultur. Bei der Frage nach den Gründen konnten die Befragten mehrere Antworten auswählen.
So haben 38 Prozent angegeben, dass sie sich in Deutschland nicht zu Hause gefühlt haben. 31 Prozent waren mit ihrem Sozialleben unzufrieden. 27,4 Prozent haben sich in Deutschland nicht willkommen gefühlt, fast ein Viertel gab als Grund an, Rassismus und Diskriminierung erlebt zu haben. Insgesamt wurden soziale Gründe für die Abwanderung 1,5-mal häufiger genannt als wirtschaftliche.
Zudem zeigt eine andere Studie, an der auch das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung beteiligt war: Zugewanderte Arbeitskräfte lassen sich seltener in Regionen nieder, in denen die Zustimmung zu rechten Parteien hoch ist.
Dabei müssen nach Deutschland bis 2040 jährlich fast 300.000 internationale Arbeitskräfte einwandern, um den demografischen Wandel ausgleichen zu können. Zu diesem Ergebnis kommt die Bertelsmann-Stiftung.
In Bayerisch-Schwaben kommt laut IHK Schwaben derzeit fast jeder fünfte Beschäftigte (18 Prozent) aus dem Ausland. Die IHK geht davon aus, dass bis 2028 in der Region knapp 50.000 Menschen mehr arbeiten werden als heute – und davon einen Großteil Zugewanderte ausmachen werden.
Laut der Stadt Augsburg berichten zurzeit Zugewanderte vermehrt von sozialer Ausgrenzung, fehlender Anerkennung und Diskriminierung. Zahlen dazu, warum und wie viele zugewanderte Arbeits- und Fachkräfte aus Bayerisch-Schwaben wieder abwandern, gibt es nicht. Allerdings weiß Sarah Winter, Koordinatorin für Fachkräftesicherung der IHK, aus der Beratungspraxis von Einzelfällen, in denen Zugewanderte Deutschland wieder verlassen haben. Die Gründe sind laut Winter unterschiedlich und betreffen zum Teil auch bürokratische Hürden: Etwa durch langwierige Anerkennungsverfahren werde es Zugewanderten erschwert, sich dauerhaft in den regionalen Arbeitsmarkt zu integrieren. „Unabhängig davon spielen soziale Faktoren bei der erfolgreichen Zuwanderung von Fachkräften eine große Rolle“, sagt Winter weiter. Daher berate die IHK Unternehmen nicht nur zu rechtlichen Angelegenheiten, sondern auch zum Onboarding für neue Mitarbeitende.
Das weiß auch das Universitätsklinikum Augsburg (UKA), das auf Pflegekräfte aus dem Ausland angewiesen ist. Dass Mitarbeitende das Land verlassen, weil sie sich nicht wohlfühlen, ist laut UKA sehr selten der Fall. Das Onboarding im UKA ist eng verknüpft mit Netzwerken wie dem Integrationsverein „Tür an Tür“ oder dem Integrationsbeirat. Dadurch bekommen die Mitarbeitenden Hilfe bei der Wohnungssuche, bei Behördengängen und beim Familiennachzug. Gleichzeitig hilft das UKA seinen Mitarbeitenden, untereinander in Kontakt zu kommen.
Doch auch wirtschaftliche Gründe spielen für Zugewanderte in Deutschland eine Rolle bei der Abwanderung. Fast ein Viertel nannte in der Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung hohe Lebenshaltungskosten und Steuern als Abwanderungsgrund.
Obwohl sich die Mitarbeitenden von Aumüller Aumatic in Deutschland wohlfühlen, können sich laut Meinzer manche vorstellen, Deutschland aus wirtschaftlichen Gründen wieder zu verlassen. So überlege ein Mann, der inzwischen auch die deutsche Staatsbürgerschaft hat, in ein paar Jahren in sein Heimatland zurückzugehen. Grund: Er könne sich dort leichter etwas Eigenes aufbauen als in Deutschland.
„Alle haben gesagt, dass es in Deutschland wirtschaftlich schwierig ist“, berichtet Meinzer. „Sich etwas aufzubauen, wird in Deutschland ohne entsprechenden Background als schwer empfunden. Genauso wie die Aufstiegsmöglichkeiten.“ Schlechte Karrieremöglichkeiten haben in der Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung fast 20 Prozent als Abwanderungsgrund angegeben.
Gleichzeitig scheinen es gerade die sozialen Gründe zu sein, die einige zugewanderte Mitarbeitende von Aumüller Aumatic in Deutschland halten: „Kinder sind ein großer Faktor, ob die Eltern zurückgehen oder nicht. Kinder leben sich hier viel schneller ein“, sagt Meinzer.
Sie will den Austausch mit ihren zugewanderten Mitarbeitenden übrigens regelmäßig fortsetzen. „Allein dieses Sprechen hat uns allen total gutgetan“, sagt sie.