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„Man muss sich stets bewusst sein, dass die Euphorie und die Verzweiflung, der Erfolg und das Scheitern oft nur einen Schritt voneinander entfernt sind. Deshalb sollte man weder im Triumph übermütig werden, noch im Scheitern den Mut verlieren.“ Mit diesen Worten haben Sie Ihren Preis auf der Plattform LinkedIn kommentiert. Wie zeigt sich das in Ihrer Art zu arbeiten?
Immer weitermachen. Trotz Widrigkeiten Mut fassen und sich selber Mut machen, schauen, dass man morgen mit neuer Energie wieder an das Thema rangeht, was einen heute frustriert. Manchmal ist der Schritt zwischen dem Scheitern und dem Erfolg, wirklich sehr klein. Man sieht es nur nicht. Es kann ein Aufbruch kommen, jederzeit und die kleinste Aktion kann dazu führen, dass aus was Negativem was Positives herauskommt. Ich finde sehr wichtig, dass man sich erden kann und weitermacht. Und: Wenn man dann Erfolg hat, das auch nicht zu ernst nehmen, damit man nicht arrogant wird. Weil wenn man das macht und sich auf seinen Erfolgen ausruht, gibt es zu wenig Platz für Wachstum.
Was bedeutet dann der Preis als „Newcomerin des Jahres“ für Sie?
Für mich ist das eine sehr schöne Ehrung, sowohl von der Stadt als auch von meiner Firma. Der Preis ist eigentlich eine Anerkennung der Arbeit des Teams und dessen, was wir hier in der Firma in den letzten drei, vier Jahren aufgebaut haben. Und auch eine Anerkennung meines Lebensweges, der bis hierhin geführt hat. Ich freue mich total darüber. Das ist auch eine schöne Vorbildfunktion, finde ich, für Nachwuchsingenieurinnen und Managerinnen. Es gibt leider nicht so viele, wie wir brauchen, in dem Bereich.
Sie sind Business Process and Improvement Managerin bei MT Aerospace. Was kann ich mir darunter vorstellen?
Es geht darum, Verbesserungsprozesse zu definieren und in die Implementierung zu bringen. Das bedeutet, dass wir uns alle Fertigungsprozesse und Projektstrukturen anschauen und dass wir uns überlegen, wie wir es effizienter, schlanker und digitaler machen könnten, damit wir einen Wettbewerbsvorteil gewinnen. Deshalb bin ich hier in der Firma crossfunktional mit allen Abteilungen im Austausch.
Sie haben 2008 in Tunesien Ihr technisches Abitur gemacht und dann in Stuttgart „Aerospace, Aeronautical und Astronautical/ Space Engineering“ studiert. Wie war es für Sie, nach Deutschland zu kommen?
In meinem Fall war es ein bisschen speziell. Es gibt in Tunesien basierend auf den Abiturnoten in einer gewissen Fachrichtung ein landesweites Ranking und dort bin ich unter die ersten Plätze gekommen. Deshalb wurde mir ein Stipendium angeboten, das mich befähigte, nach Frankreich oder Deutschland auszuwandern. Ich habe mich bewusst für Deutschland entschieden. Diese Auswanderungserfahrung war ziemlich organisiert, weil das über den Deutschen Akademischen Austauschdienst ging, ich musste mich nicht persönlich kümmern. Zum Glück habe ich dann einen Platz an der Uni Stuttgart ergattert. Ich wollte auf jeden Fall Luft- und Raumfahrttechnik studieren. Seit ich ein kleines Mädchen war, wollte ich Flugzeuge bauen. Denn in Tunesien habe ich mit meiner Familie in der Nähe vom Flughafen gewohnt. Da habe ich jeden Tag Flugzeuge sehr nah gesehen. Und die haben mich fasziniert. Jetzt baue ich zwar keine Flugzeuge, sondern Raketen. Es ist umso besser.
Es wird in Deutschland viel diskutiert, dass man Fachkräfte aus dem Ausland braucht und gleichzeitig bremsen wir uns vor allem durch die Bürokratie selbst aus. Wurde es Ihnen schwer gemacht, hier Fuß zu fassen?
Ja, und zwar in zwei Dimensionen. Zum einen – auch wenn das ein bisschen drastisch ist – haben die Ausländerbehörden eine willkürliche Macht. Ich habe erlebt, dass es von der Laune und vom Wohlwollen des Beamten abhing, wie lange mein Aufenthalt genehmigt wird. Obwohl ich in geregelten Verhältnissen, mit einem Stipendium und voll im Studium war, musste ich darum bangen, ob ich jetzt drei Monate oder ein Jahr hier sein darf. Und das finde ich wirklich nicht in Ordnung. Ich finde, das signalisiert den Menschen, die zur Gesellschaft beitragen und hier Fuß fassen wollen: „Wir wollen euch nicht.“ Ich hatte tatsächlich auch den Fall, dass ich nur drei Monate Verlängerung bekommen habe, obwohl vorhersehbar war, dass ich in drei Monaten Prüfungen schreibe. Und da war eine existenzielle Angst da, ob ich jetzt mitten im Studium, mitten in der Prüfungsphase abgeschoben werde. Das sind Fragen und Lasten, mit denen man sich meiner Meinung nach nicht auseinandersetzen sollte, wenn man im Studium steckt. Ich finde, da ist schon gravierendes Verbesserungspotenzial vorhanden.
Und die andere Dimension?
Das ist eine gesellschaftliche. Ein soziales Netz aufzubauen, ist in Deutschland viel, viel schwerer als in anderen Ländern. Den Vergleich kann ich nach Tunesien ziehen, aber auch nach Italien, wo ich beruflich ein paar Wochen war. Dort ging es einfach viel unbeschwerter, Freundschaften zu knüpfen. In einem Monat kann man dort am Leben von Leuten teilnehmen, wofür man hier so zwei Jahre braucht. Und das ist schon ein bisschen gewöhnungsbedürftig. Ich kenne viele Leute mit ausländischem Hintergrund, die Akademiker sind. Und das war unter anderem der Grund, weshalb einige von ihnen dann in ihre Heimat zurückgekehrt sind. Ich weiß nicht, ob man diese gesellschaftliche Dimension ändern kann. Ich denke, das hat weniger damit zu tun, ob man Ausländer ist. So tickt halt die Gesellschaft. Aber vielleicht könnte man sich dieser Dimension ein bisschen bewusster sein, damit sich da etwas entwickelt.
In Teil zwei des Interviews lesen Sie, was für Marwa Klink eine gute Führungskraft auszeichnet und was sich verändern muss, damit Frauen gleichberechtigter sind.