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B4BSCHWABEN.de: Wie ist im Moment die Situation bei Eberle beziehungsweise der Greiffenberger AG?
Gernot Egretzberger: Wir als Greiffenberger AG kämpfen, wie viele Unternehmen der mittelständischen Metall- und Elektroindustrie, weil es einfach viele Krisen gibt: Hohe Standortkosten, chinesische Wettbewerber, die angreifen, und natürlich jetzt zuletzt die US-Zölle. Aber ich bin weiterhin optimistisch, weil wir neben der Transformation mit allen Mitarbeitenden ein Restrukturierungskonzept erarbeitet haben. Jetzt, Mitte 2025, kann ich sagen, dass wir fast alle Maßnahmen komplett umgesetzt haben und schneller sind als im Zeitplan vorgesehen. Und das stimmt mich positiv.
Wie wirken sich die US-Zölle auf Ihr Geschäft aus?
Grundsätzlich führen die Zölle weltweit zu einer massiven Verunsicherung aller Kunden, vor allem wegen des ganzen Hin und Her. Wir haben bei Eberle ein eigenes Zollteam, das zum Beispiel an einem Tag zwei unterschiedliche Aussagen von der Trump-Administration bekommen hat. Aktuell müssen wir 15 Prozent Zölle auf unsere Sägenprodukte zahlen und bis zu 50 Prozent auf Bandstahl. Das kann aus meiner Sicht nicht so bleiben. Wir haben 2025 bislang sechsstellige Belastungen wegen der Zölle erlitten. Wir werden alles tun, das an unsere Kunden weiterzugeben und arbeiten auch mit unseren Kunden an weiteren gemeinsamen Kostensenkungsmaßnahmen. Denn die amerikanischen Kunden, die amerikanischen Konsumenten und die deutschen Produzenten sitzen hier alle in einem Boot. Ich muss auch ganz klar sagen: Ich erwarte von unserer EU-Kommission, dass sie diesen unaustarierten Deal nachjustiert. Wir können gerne über null Prozent Zölle für alle oder eine Freihandelszone sprechen, aber dass wir einerseits 15 bis 50 Prozent Zoll zahlen müssen und in den USA investieren sollen und gleichzeitig im Prinzip nichts als Gegenleistung bekommen, stört mich erheblich und es wird auch anderen Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie so gehen.
Manche Unternehmen überlegen, wegen der Zölle ihre Produktion in die USA zu verlegen. Ist das bei Ihnen auch eine Überlegung?
Nein. Wir müssen erst mal hier in Deutschland unsere Hausaufgaben machen. Das schaffen wir durch unser Restrukturierungsprogramm und die Verlagerung der Bimetallsägenproduktion nach Polen. In den USA müssen Sie eins wissen: Investoren werden mit Zöllen bestraft und es gibt Überlegungen der Trump-Administration, bis zu 80 Prozent der Gewinne abzuschöpfen. Das heißt, Sie haben auch in den USA eine wahnsinnige Unsicherheit und unter Unsicherheit Investitionsentscheidungen zu treffen, finde ich äußerst sportlich.
Wie ist die Situation generell in der Metall- und Elektroindustrie?
Aus meiner Sicht absolut katastrophal. Wir haben deutlich gestiegene Standortkosten, Energiekosten, Tarifsteigerungen, wahnsinnig viel Bürokratie, lange Genehmigungsprozesse, immer weitere Anordnungen, sei es in Deutschland oder der EU. Ich sehe, ehrlich gesagt, gar keine Entlastung. Also das, was uns als Entlastung verkauft wird, kommt bei den Unternehmen und auch bei den Arbeitnehmern nicht an. Das finde ich absolut schade, weil wir durch das Sondervermögen, beziehungsweise die Sonderschulden, die riesengroße Chance haben, durch wirkliche Investitionen in Infrastruktur, Verteidigung und Digitalisierung, das Land fit für die Zukunft zu machen. Was machen wir? Das Geld wird verschleudert und die Regierung sagt: „Wir müssen über Steuererhöhungen nachdenken, weil uns das Geld ausgeht.“ Ich wünsche mir, dass die Politik mehr wie ein Unternehmen agiert: Wir haben ein gewisses Budget, das wir uns jetzt erhöht haben. Wir sind sparsam und wir versuchen, aus den Augen der Wirtschaft und den Augen der Steuerzahler zu denken, was zu tun ist, damit sich wieder mehr Unternehmen in Deutschland ansiedeln und hier das Wirtschaftsleben nach oben geht. Ansonsten werden die Verlagerung und der Verlust der Arbeitsplätze, der ja schon eingesetzt hat, fortgesetzt und dann kollabieren unsere Sozialsysteme noch schneller. Also hier ist eine Trendumkehr, gerne auch ein Wirtschaftsgipfel oder ein Stahlgipfel, absolut notwendig.
Welche der Erleichterungen, die versprochen wurden, kommen nicht bei den Unternehmen an?
Ich sage Ihnen jetzt erst mal das, was in die falsche Richtung läuft: Die CO₂-Steuer wird 2026 weiter erhöht. Das wird alle Bereiche treffen, alle Materialien, alle Transporte, alle Dienstleistungen verteuern. Wir haben jetzt in Bayern die Diskussion über einen Wassercent. Die Sozialversicherungen sind im Prinzip pleite – wahrscheinlich werden die Sozialversicherungsbeiträge weiter erhöht. Damit werden die Unternehmen und auch die Arbeitnehmer wieder belastet. Was gibt es an Entlastungen? Ja, man hat manche Unternehmen von der Stromsteuer befreit. Gleichzeitig ist völlig unklar, was mit den Netzentgelten ist, was mit den Gaskraftwerken ist, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht. Auch da wurde eine neue Gasumlage ins Spiel gebracht. Also wo sind die großen Einsparungen im Staatsapparat? Wo sind die Steuerreduzierungen? Da rede ich jetzt nicht davon, dass wir in 2027 oder 2028 den Steuersatz um einen Prozentpunkt absenken, wenn wir in Deutschland 30 bis 40 Prozent Steuersatz haben und im Ausland 20. Wir müssen immer überlegen, wie die Konstellation in Europa, in Polen, in Tschechien, in den USA und in Asien ist. Dagegen müssen wir doch antreten.
Sie haben ein Gipfeltreffen angesprochen. Der SPD-Chef Klingbeil hat jetzt einen Stahlgipfel zur Sprache gebracht. Was halten Sie von der Forderung?
Wenn es nicht eine reine Symbolpolitik ist, sondern wenn man wirklich die großen Probleme der Stahlindustrie anerkennt und etwas dagegen tut, dann bin ich total für den Stahlgipfel. Die Probleme liegen ganz offen auf dem Tisch: Die Energiekosten zum Beispiel sind drei-bis vier-mal teurer als in den USA. Wir müssten in Deutschland den Energiepreisnachteil komplett ausgleichen. Das heißt, die Energiekosten um 75 Prozent senken. Das müsste über Steuermittel gestemmt werden. Dann müssen wir über die Sonderschulden Gaskraftwerke bauen und so ein Energienetz aufsetzen, mit dem wir in fünf oder zehn Jahren wissen, dass die neuen Energiekosten nach der Energiewende ähnlich günstig sind wie die in den USA und in Osteuropa. Ansonsten wird es weitere Abwandlungsbewegen gehen.
Wenn alles so weitergeht wie bisher, wenn diese Dinge, die Sie genannt haben, nicht kommen: Welche Prognose haben Sie dann für die Metall- und Elektroindustrie und auch für Eberle?
Vielen Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie, aber auch in anderen Industrien, steht das Wasser bis zum Hals. Es wird weitere Insolvenzen und Arbeitsplatzverluste geben. Es ist eine sechsstellige Zahl an gut bezahlten, tarifgebunden Metallarbeitsplätzen deutschlandweit verschwunden. Wir werden Hunderttausende von Arbeitslosen sehen – so lange, bis die Politik es wieder erlaubt, profitabel in Europa zu fertigen. Was machen wir als Greiffenberger AG? Wir haben zum Glück sehr, sehr viele Vorschläge unserer Mitarbeiter. Wir müssen aber auch harte Einschnitte machen. Das, was wir tun, ist, möglichst effizient C-Stahl und Bimetall in Deutschland und möglichst kostengünstig und natürlich qualitativ hochwertig die Bandsägen in Osteuropa zu produzieren. Wir versuchen über Sonderleistungen, Sonderservices und weitere Erlösquellen, das Gesamtkonstrukt Greiffenberger AG zu stärken. Für in Deutschland produzierende Unternehmen wird es sehr hart werden.
Das klingt sehr düster. Was macht Ihnen denn im Moment trotzdem noch Mut?
Die Ideen unserer Mitarbeiter. Ja, bei der Greiffenberger AG sind wir 2024 und 2025 in einer absoluten Ausnahmesituation und noch in der Verlustzone. Aber wir haben mit einem neuen Managementteam und mit einem Restrukturierungskonzept reagiert, aber auch mit vielen Umsatzsteigerungen und Internationalisierungsthemen. Wir sind aus meiner Sicht auf dem richtigen Weg: 2026 wollen wir wieder in die Gewinnzone zurückkommen und werden den Kampf nicht aufgeben, sondern gemeinsam an einer positiven Zukunft arbeiten. Allgemein bin ich davon überzeugt, dass eine große Chance in der KI-Revolutionen liegt: Wenn wir diesen Produktionsdatenschatz, den wir in Deutschland haben, mit modernen KI-Anwendungen kombinieren, können wir als deutsche oder bayerische Unternehmen mit dem Wettbewerb gleichziehen und besser werden. Aber dafür muss man auch offen für Veränderungen sein.