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Ulrich Lange: Verkehrsinfrastruktur oft nicht leistungsfähig genug
Interview Teil 1

Ulrich Lange: Verkehrsinfrastruktur oft nicht leistungsfähig genug

Ulrich Lange, CSU-Abgeordneter im Bundestag für den Wahlkreis Donau-Ries, ist auch parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium. Foto: Studio Herzig
Ulrich Lange, CSU-Abgeordneter im Bundestag für den Wahlkreis Donau-Ries, ist auch parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium. Foto: Studio Herzig

Riesbahn, B12-Ausbau und ICE-Neubaustrecke Ulm–Augsburg: In der Region gibt es wichtige Verkehrsprojekte. Behindert der Zustand der Verkehrsinfrastruktur die deutsche Wirtschaft? Im Interview äußert sich dazu Ulrich Lange, Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium und CSU-Bundestagsabgeordneter.

B4BSCHWABEN.de: In den letzten Monaten gab es viel Wirbel um die Bahn in Bayerisch-Schwaben: Der Fernverkehr ins Allgäu wurde reduziert, der Neubau der ICE-Strecke Ulm-Augsburg wurde infrage gestellt. Wie steht es um dieses für die Region wichtige Neubauprojekt?

Ulrich Lange: Die Neubaustrecke Augsburg–Ulm ist im Bundesverkehrswegeplan im vordringlichen Bedarf. Das Projekt haben wir 2015 aufgenommen. Wir stehen jetzt am Ende der sogenannten Leistungsphase 2. Die Planunterlagen liegen derzeit beim Eisenbahnbundesamt zur Überprüfung. Wenn vom Eisenbahnbundesamt in dieser kursorischen Überprüfung das grüne Licht kommt – damit rechnen wir eigentlich noch im Dezember, Anfang Januar –, werden wir, da bin ich überzeugt, diese Bahnstrecke in das dann anstehende, parlamentarische Verfahren geben. Das heißt, der Verkehrsausschuss und der Haushaltsausschuss werden nochmals über das Projekt beraten. Das sogenannte Nutzen-Kosten-Verhältnis ist positiv, das hat sich nicht verändert, sodass ich von einem positiven Beschluss ausgehe, sowohl des Verkehrs- als auch des Haushaltsausschusses, und wir dann entsprechend die weiteren Planungsphasen drei und vier aufrufen können.

Die ICE-Neubaustrecke ist nicht das einzige, wichtige Projekt in Bayerisch-Schwaben. Sie haben jetzt in den vergangenen Tagen auch zwei Bahnkonferenzen in Kaufbeuren und Donauwörth initiiert. Wie soll in den kommenden Jahren die Bahninfrastruktur in Bayerisch-Schwaben verbessert werden?

Ich glaube, wir müssen unterscheiden zwischen dem großen schwäbischen Neubauprojekt – das ist unsere Schwabenachse, Ulm–Augsburg – und dem, was wir im Schienenbestand in Schwaben haben. Im Allgäu hatten wir bei der Konferenz insbesondere das Thema der Langsamfahrstellen und das Thema der noch nicht abgeschlossenen Barrierefreiheit an vielen Verkehrsstationen. Das gehen wir jetzt konsequent an. Wir haben natürlich auch auf der Donautalbahn und auf der Riesbahn überall Probleme mit der bestehenden Infrastruktur, die wir sanieren müssen. Dafür haben wir jetzt erstmalig eine große Summe Geld, sodass wir auch großflächig sanieren können: Wir geben im Jahr 2026 bundesweit 21,9 Milliarden Euro für den Schienenverkehr aus, allein 4,1 Milliarden für die sogenannte Instandhaltung. Das gibt uns natürlich die Möglichkeit, Dinge wie Langsamfahrstellen, schlechten Oberbau und dergleichen auch wirklich in Ordnung bringen zu können. Das ist für die Leute erst mal nicht besonders befriedigend. Das wissen wir auch, denn das bedeutet neue Baustellen. Wir haben aber bei den Bahnkonferenzen vereinbart – das kam insbesondere bei den Langsamfahrstellen im Allgäu zur Sprache–, dass der Fahrplan die Baustellen berücksichtigt und wir einen echten Baustellenfahrplan haben. Das bedeutet zwar längere Fahrzeiten, aber dafür einen stabilen, konstanten Verkehr, durch den man seine Anschlüsse wieder pünktlich erreicht. Wenn auch in einer anderen Taktung, das muss man fairerweise dazu sagen. Insgesamt, glaube ich, ist das Signal wichtig: Von dem sogenannten Sondervermögen kommt jetzt Geld unmittelbar bei uns an. Wir haben in Nordschwaben durch die große Korridorsanierung Augsburg–Ulm im Jahr 2034 – das ist nicht zu verwechseln mit der Neubaumaßnahme – die ganz große Chance, dass wir die Riesbahn, also die Strecke Donauwörth–Aalen, und die Remsbahn Aalen–Stuttgart grundlegend sanieren und auch neue Stellwerke bauen. Denn diese Strecken werden zur offiziellen Umleiterstrecke während der Korridorsanierung.

Lesen Sie hier unsere Bahn-Serie:Wie steht es um den Bahnverkehr rund um das Allgäu, Augsburg und in Nordschwaben?

Das heißt, perspektivisch erst mal Baustellen, aber dann kein Schienenersatzverkehr, keine verspäteten oder ausfallenden Züge mehr für die Menschen in Bayerisch-Schwaben.

In ganz Deutschland, da ist Bayerisch-Schwaben keine Ausnahme, stehen wir im Schienenverkehr vor einem Jahrzehnt der Sanierung. Allerdings: Mit jeder Baustelle, die abgeschlossen ist, wird es ein Stück besser. Mit jedem Stück, das besser wird, kommen wir dann auch zu einem optimaleren Schienenverkehr in ganz Schwaben.

Ebenfalls im Gespräch ist der Ausbau der Bahnstrecke zwischen Donauwörth und Augsburg. Wie realistisch ist es aus Ihrer Sicht, dass das tatsächlich finanziert und auch umgesetzt wird?

Die Bahnstrecke Augsburg–Donauwörth ist derzeit in Leistungsphase 1 angehalten worden. Sie ist ebenfalls im vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans. Dort wird sie auch bleiben. Die sogenannte Bedarfsplanüberprüfung hat das bestätigt. Dort haben wir ein positives Verhältnis zwischen Nutzen und Kosten. Aber es ist auch klar, dass bei dem, was wir in Deutschland sanieren – 41 große Korridore, dazu die Fläche in den nächsten zehn Jahren – und den großen anstehenden Neubaumaßnahmen auch priorisiert werden muss. Da sage ich, auch als Nordschwabe, ganz offen: In der Gesamtpriorisierung ist Augsburg–Ulm aus schwäbischer Sicht prioritär vor Augsburg–Donauwörth. Ich werde persönlich dafür sorgen, dass Augsburg-Donauwörth seinen Status behält, aber dort wird es keine kurzfristigen Fortschritte geben.

Wie realistisch sind der Ausbau der B12 zwischen Kempten und Buchloe und der B16?

Die Situation bei den Bundesstraßen ist sehr stark abhängig von den örtlichen Gegebenheiten. Wir haben für die Bundesstraßen und Bundesautobahnen 15,5 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen für Infrastruktur in dieser Legislatur zu Verfügung: für die Sanierung von Brücken, Tunnel und Straßendeckenbaumaßnahmen. Wir haben kein zusätzliches Geld aus dem Sondervermögen für Neubaumaßnahmen, allerdings sind dank Sondervermögen Kapazitäten für den Neu- und Ausbau im regulären Haushalt geschaffen worden. So oder so müssen sich die Neubaumaßnahmen einsortieren in die Reihe der Maßnahmen mit Baurecht. Bei der B12 ist es so, dass gegen einen Teil geklagt wurde. Wäre das nicht der Fall gewesen und wir hätten Baurecht gehabt, dann hätten wir Anfang Dezember für den ersten Abschnitt der B12 die Baufreigabe erteilen können. Das ist nicht der Fall gewesen. Die B16 ist teilweise noch in sehr frühen Stadien. Es wird zum Teil noch Jahre dauern, bis wir hier zu Neubaumaßnahmen, also beispielsweise zur Ortsumfahrung in Höchstädt, kommen. Richtung Rain am Lech und Lechbrücke habe ich großes Vertrauen in das Straßenbauamt, dass es die nächsten Schritte rund um das Planfeststellungsverfahren mit der gebotenen Sorgfalt und Eile angehen wird. Ich bin auch sehr zuversichtlich, für den Ausbau der B25 bei Dinkelsbühl – vergangene Woche wurde hier die Baufreigabe erteilt. Dinkelsbühl liegt zwar in Mittelfranken, aber als Nordschwabe freut es mich, dass wir so den Anschluss zur A7 endgültig geschafft haben und die B25 die nordschwäbische Achse zur A7 wird.

Wir kommen also sukzessive weiter, aber wir sind sehr stark abhängig davon, dass wir vor Ort und in den Planungen, die der Freistaat Bayern für den Bund ausführt, zu Baurecht kommen. Wo Baurecht besteht, gilt auch in Schwaben, wird gebaut werden.

Sie sind Nordschwabe und sitzen als Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Donau-Ries im Bundestag. Sie sind auch parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium. Bringt der Region diese Kombination einen Vorteil?

Ich habe grundsätzlich eine Aufgabe für ganz Deutschland. Als bayerischer Abgeordneter habe ich natürlich auch Bayern fest im Blick. Und ich glaube, wer mich kennt, weiß, dass ich die schwäbische Heimat definitiv im Fokus habe.

Lesen Sie hier:Logistikchef warnt: Marode Verkehrsinfrastruktur gefährdet Wirtschaft

Weiten wir den Blick auf Deutschlands Verkehrsinfrastruktur: Laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) beeinträchtigen die Mängel in der Verkehrsinfrastruktur die Geschäftstätigkeit von 84 Prozent der Unternehmen. Das IW sagt: Aus dem „einstigen Standortvorteil Infrastruktur“ ist inzwischen ein Hemmschuh für die deutsche Wirtschaft geworden. Wie sehen Sie das?

Wir müssen offen konstatieren, dass die Infrastruktur an vielen Stellen nicht die Leistungsfähigkeit hat, die sich unsere Wirtschaft wünscht und die wir an etlichen Stellen auch benötigen. Wir haben hohen Sanierungsbedarf, wir haben an gewissen Stellen auch noch Bedarf für Neu- und Ausbau, insbesondere sogenannte Engpassbeseitigungen, wie wir es nennen, oder Lückenschlüsse. Die Analyse des IW ist dem Grunde nach nicht verkehrt, aber mir trotzdem etwas zu pessimistisch. Das sage ich auch ganz offen.

Im europäischen Vergleich haben wir schon immer noch eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur. Aber dass wir als Industrienation die Notwendigkeit für eine auch zukünftig belastbare Infrastruktur erkannt haben, zeigt sich daran, dass wir mit dem sogenannten Sondervermögen massiv in unsere Infrastruktur investieren. Wir investieren in dieser Legislaturperiode circa 170 Milliarden Euro in die Verkehrsinfrastruktur, davon 107 Milliarden in die Schiene. Auf den Bundesfernstraßen haben wir über 4.000 Brücken, die wir im Brückenmodernisierungsprogramm sanieren werden. Deshalb sind im Sondervermögen bis 2029 auch 15,5 Mrd. Euro für den Erhalt der Brücken und Tunnel im Bestandsnetz hinterlegt. Wir sind jetzt aber auch an einem Punkt, wo mehr Geld nicht automatisch mehr Sanierung oder Neubau bringt, weil wir dann weder die planerischen Kapazitäten noch die Baukapazitäten haben. Das, was wir jetzt aufgelegt haben, muss jetzt tatsächlich umgesetzt werden. Das wird die große Herausforderung.

In Teil 2 des Interviews sprechen wir mit Ulrich Lange darüber, ob das Sondervermögen eine Mogelpackung ist und ob eine Pkw-Maut Deutschlands Verkehrsinfrastruktur finanzieren könnte.

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