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B4BSCHWABEN.de: In wirtschaftlich schwierigen Zeiten wird oft als Erstes das Budget für Marketing gekürzt oder ganz gestrichen. Können Sie das als Marketing-Experte nachvollziehen?
Andreas Enz: Genau in der Krise zeigt sich, wer wirklich Substanz hat, wer was zu sagen hat. Wer jetzt in diesen schwierigen Zeiten kommuniziert, vermittelt eine gewisse Sicherheit, Souveränität. Wer schweigt, wird übersehen oder auch für schwach gehalten, für nicht reaktionsfähig. Ein Präzisionstechnikhersteller, mit dem wir gearbeitet haben, hat während der Energiekrise in der Pandemie die Preise nicht einfach erhöht. Er hat kommuniziert, was trotzdem der Mehrwert seiner Produkte ist: Dass sie länger halten, dass sie Energie einsparen und weniger Ausfallzeiten haben. Das hat gewirkt, weil er damit eine Haltung nach außen gezeigt hat, während andere geschwiegen haben.
Wie können sich Unternehmen gerade in Krisenzeiten etwa durch Content-Marketing Vorteile verschaffen?
Indem man Antworten liefert. Content ist dann gut, wenn er kontinuierlich echte Fragen aufgreift, etwa zur Lieferfähigkeit, wie wirtschaftlich etwas ist oder wie ein konkretes Problem gelöst werden kann. Ein Bauzulieferer hat zum Beispiel Tipps zur Lagerhaltung gegeben und gezeigt, wie er die Aufträge am Laufen hält und Baustellen organisiert. Das war kein Hochglanz-Marketing, aber es hat Wirkung gezeigt. Die Kunden haben sich abgeholt gefühlt, sowie informiert und betreut. Das ist für mich das Wichtigste beim Content-Marketing: Dass man nicht nur die Botschaften streut, sondern die Menschen mit den Inhalten abholt. Wir arbeiten gerne mit dem „Pillar-Content-Prinzip“: Wir definieren einen Kern und verbreiten ihn auf verschiedenen Kanälen, ob das ein Social Media Post ist, über Newsletter, FAQs oder Fachportale wie B4B. Es kommt darauf an, dass es zum Unternehmen, den Zielen und den Inhalten passt. Das erhöht nicht nur die Sichtbarkeit, sondern es wächst Vertrauen. Das ist dann der eigentliche Wettbewerbsvorteil: Wenn Kunden sehen, sie werden informiert, am Laufen gehalten, mit einem gewissen Thema nicht allein gelassen und das Marketing gezielter, effektiver und ehrlicher ist.
Haben Sie ein Beispiel, bei dem ein Unternehmen durch gezieltes Marketing in der Wirtschaftskrise diese gemeistert hat?
Ein Metallverarbeiter hatte während der Pandemie massive Rückgänge im Exportgeschäft. Intern hatten sie riesiges Know-how und viel Leidenschaft zu bieten. Das wurde aber nicht sichtbar gemacht. Wir haben dort dann eine LinkedIn-Serie gestartet, in der wir Einblicke in Projekte, Materialien und technische Lösungen gegeben haben. Wir haben die Menschen also mit in das Unternehmen hineingenommen. Das war ein Beweis von Kompetenz. Und das hat gewirkt. Wir machen sehr viel im B2B-Bereich und da ist es natürlich ganz massiv wichtig, eben nicht mit platten Botschaften zu arbeiten, sondern mit ehrlichem Wissen.
Trotzdem müssen viele Unternehmen den Gürtel enger schnallen. Wie können Unternehmen mit ihrem Marketing-Budget effizienter umgehen und in wirtschaftlich schwierigen Zeiten präsent bleiben?
Da halte ich es für ganz wichtig, dass man sich erst mal was traut und einfach mal klein anfängt. Effizienz heißt für mich nicht weniger zu machen, sondern das, was wirkt. Man kann zum Beispiel mit einem „Minimum“-Ansatz arbeiten: Wir starten mit einer klaren Botschaft, auf einem Kanal, mit einem Ziel. Die Wirkung wird über drei einfache KPIs gemessen – Reichweite, Reaktion und Konversion. Das reicht oft, um die Wirkung einer Idee zu testen – ohne Streuverlust. Was funktioniert, kann man dann erweitern.
Die meisten Marketingagenturen arbeiten bei den Unternehmen nicht Inhouse. Ihr Ansatz ist anders – Sie gehen länger in die Unternehmen. Warum haben Sie sich entschieden, Marketing anders anzubieten?
Als ich jung war, habe ich meine eigene Agentur gegründet und dann mit sehr großen Marken und Konzernen gearbeitet. Das waren zwar tolle Aufgaben, aber weil man mit sehr vielen anderen Agenturen zusammenarbeitet, übernimmt man selbst nur einen kleinen Teilbereich. Ich habe gemerkt, dass ich nicht nur ein Dienstleister sein will, sondern auch ein Teil der Wertschöpfung eines Unternehmens und mich stärker in die Verantwortung bringen möchte, Dinge zu bewegen. Ich will eine ganzheitliche Beratung anbieten, die dem Unternehmer konkret weiterhilft. Da habe ich gemerkt, das geht zusammen mit dem Mittelstand viel mehr und viel besser als mit den großen Konzernen und Marken.
Welche Rolle spielt Netzwerken beim Marketing?
Netzwerken war früher mehr oder weniger Selbstbeweihräucherung. Vor der Pandemie gab es unglaublich viele Veranstaltungen, bei denen Preise verliehen wurden. Heute funktioniert das anders. Heute merke ich, dass da eine hohe Kompetenz dabei ist. Dort kommen Menschen zusammen, die ein bestimmtes Ziel verfolgen, die einen bestimmten fachlichen Schwerpunkt haben und die sich in einem interessanten Umfeld, in einer lockeren Umgebung unterhalten. Darüber kann man herausfinden, ob das Gegenüber ein Geschäftspartner werden könnte, aber auch wie man das eigene Unternehmen und die Produkte stärker vermarkten kann.
Employer Branding gehört ebenfalls zum Marketing. Also eine Marke etablieren, die für Fach- und Arbeitskräfte attraktiv ist. Was sind hier die Dos and Don‘ts für Unternehmen?
Auch hier gilt wieder: Echt sein, Haltung zeigen, sich auch mal nicht allzu ernst nehmen und einen eigenen Humor hineinbringen. Don‘ts sind für mich Hochglanz-Floskeln. Niemand glaubt mehr an die flachen Hierarchien oder dass Teamplayer gesucht sind. Die besten Employer-Branding-Kampagnen zeigen echte Menschen, echte Orte, echte Situationen und keine gestellten Szenen mit Textbausteinen. Lassen Sie einmal einen Azubi sprechen, die Leute zu Wort kommen, die am Band stehen. Das muss alles nicht perfekt sein, aber es sollte einfach greifbar sein. Heute geht es nicht mehr um Show, sondern darum, wie mit Menschen umgegangen wird.
Warum ist es wichtig, in diese Arbeitgebermarke auch in der Krisenzeit zu investieren, wenn man vielleicht gerade niemanden einstellen kann oder Leute entlassen muss?
Ähnlich wie es generell fürs Marketing gilt, ist es auch bei der Arbeitgebermarke wichtig, sichtbar zu bleiben. Da ist für mich die Frage: Wie wird kommuniziert? Wie wird geführt? Die Fachkräfte spüren das und sie erinnern sich daran, wenn sich der Markt wieder dreht. Das ist genau der Punkt, in schwierigen Zeiten Präsenz zu zeigen und dann auch an Fachkräfte ein deutliches Signal zu schicken, wie man in Krisenzeiten mit ihnen umgeht. Wer da zeigt, dass ihm der Wert Mensch wichtig ist und dass der weiterhin zählt, der baut langfristige Attraktivität auf. Auf einem fast leeren Arbeitsmarkt ist das goldwert.
Was würden Sie also Unternehmerinnen und Unternehmern mitgeben, die gerade zweifeln, ob sich Marketing in der Krisenzeit lohnt?
Ich würde erst mal fragen: Können Sie es sich denn überhaupt leisten, nicht sichtbar zu sein? Es ist oft teurer, nichts zu tun, als etwas Richtiges zu tun. In der Krise werden Märkte neu sortiert. Da werden Loyalitäten hinterfragt. Oft werden Entscheidungen aufgeschoben oder verschoben und wer dann in diesen Prozessen nicht sichtbar ist, überlässt anderen das Feld. Marketing muss nicht teuer sein, aber strategisch richtig und konsequent.
Zur Person:
Andreas Enz hat als Agenturinhaber internationale Marken und Konzerne betreut. Inzwischen arbeitet er als Marketing-Partner auf Zeit für mittelständische Unternehmen. Im Rahmen einer Zusammenarbeit mit der VMM Medienagentur unterstützt er Unternehmen dabei, ihr Marketing neu aufzustellen.