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Recruiting-Experte Max Samer: „Recruiting ist kein On-Demand-Business“
Soziale Nachhaltigkeit als Erfolgsfaktor

Recruiting-Experte Max Samer: „Recruiting ist kein On-Demand-Business“

Laut Recruiting-Experte Max Samer führen auch Nachhaltigkeitsberichte zu erfolgreichem Recruiting. Foto: BITE GmbH
Laut Recruiting-Experte Max Samer führen auch Nachhaltigkeitsberichte zu erfolgreichem Recruiting. Foto: BITE GmbH

Wie finden Unternehmen in Bayerisch-Schwaben trotz Fachkräftemangel neue Mitarbeitende? Im zweiten Teil des Interviews erklärt Max Samer, wie Recruiting heutzutage aussieht und wie Unternehmen junge Menschen ansprechen.

B4BSCHWABEN.de: Eine Frage ist ja auch, wie man die jungen Menschen mit seinen Stellen erreicht. Viele schreiben zum Beispiel ihre Stellen über Instagram aus. Auf deinem LinkedIn-Profil habe ich auch WhatsApp-Recruiting gesehen. Welche Rolle spielt das inzwischen?

Max Samer: Eine extrem große Rolle und immer mehr. Da muss man zwei Situationen von potenziellen Bewerbern unterscheiden. Das eine sind die Aktiv-Suchenden, also die aus einer Situation herauskommen, sei es Schule, Studium oder Arbeitslosigkeit, und aktiv, ganz konkret auf der Suche nach einem Job sind. Da ziehen häufig noch die gängigen Mittel oder Kanäle wie Online-Jobbörsen oder die Tageszeitung. Aber die Gruppe der Latent-Suchenden ist der größere Teil. Denn wir haben sehr viele Berufe, wo eigentlich niemand einen Job sucht, sondern viele Stellen offen sind. Sprich, wir müssen die ansprechen, die so latent unzufrieden sind mit ihrem Job, aus welchem Grund auch immer. Und da bin ich im klassischen Marketing, im Online-Marketing, im Social-Media-Bereich. Da muss ich dann schnell punkten. Instagram, TikTok, und auch Facebook ist nicht zu unterschätzen. Die Medienlandschaft ist da heute sehr zersplittert. Ich muss also überlegen: Wer ist meine Zielgruppe? Wo befindet sich die? Und dann muss ich zielgerichtet dort unterwegs sein und dort rekrutieren oder meine Botschaften verbreiten. Unser WhatsApp-Recruiting erzielt seit mehr als zwei Jahren immense Erfolge in der Ansprache von potenziellen Interessenten durch eine hürdenfreie Candidate Journey. Die Zielgruppe dort abholen, wo sie sich befindet und in gewohnter Messenger-Umgebung einfach bewerben lassen.

Wie hat sich das Recruiting verändert?

Meine berufliche Laufbahn in HR hat bei Siemens in München in der Personalabteilung begonnen. Zu dieser Zeit haben wir, wenn wir am Samstag Stellenanzeigen in der Süddeutschen Zeitung geschaltet hatten, waschkörbeweise Bewerbungen bekommen. Da musstest du als Bewerber echt viel tun, um tatsächlich einen Job zu bekommen. Das hat sich komplett gedreht. Ich sage immer: Der Beruf des Recruiters hat sich gewandelt, vom Türsteher zum Verkäufer. Natürlich ist es schon so, dass der Recruiter nicht alle hereinlassen darf, er muss schon noch eine gewisse Türsteherfunktion haben und die passenden Mitarbeiter finden. Aber früher war die Grundgesamtheit, aus der ich den Passenden auswählen konnte, einfach sehr groß. Mittlerweile ist die sehr klein. Ein zweiter wichtiger Punkt ist: Unternehmen müssen verstehen, dass Recruiting kein On-Demand-Business ist. Es ist viel, viel wichtiger, ein dauerhaftes Employer-Branding zu machen, ein dauerhaftes Bild in der Öffentlichkeit zu kreieren. Damit ich dann, wenn ich jetzt den Bedarf habe, mir besser aussuchen kann, wen ich denn für die offene Stelle einstelle. Nur zu sagen: „Uns gibt es. Und wenn ich dann einen Lohnbuchhalter brauche, dann schalte ich jetzt mal eine Stellenanzeige auf einer großen Jobbörse und hoffe darauf, dass sich fünf Leute bewerben.“ – Das funktioniert heute nicht mehr.

Stück für Stück gehen die sogenannten Boomer in Rente und eigentlich überall fehlen Arbeits- und Fachkräfte. Wie können sich Unternehmen da für die nächsten Jahre personell absichern? Geht das überhaupt?

Spannende Frage. Das ist die Frage, die eigentlich jeden zurzeit im HR beschäftigt und nur wenige gute Lösungen haben. Wir merken aber, dass es Unternehmen gibt, die von diesem ganzen Arbeits- und Fachkräftemangel weniger betroffen sind. Und das sind genau die, die dauerhaft Employer-Branding machen, die ihre Marke aufladen damit, dass sie ein tolles Unternehmen sind, die ihre Mitarbeiter wertschätzen und das kommunizieren. Da können wir den Bogen wieder zu dem Thema Nachhaltigkeit schlagen: Es ist wirklich in der heutigen Zeit wichtig, zu kommunizieren, wo ich nachhaltig bin. Nachhaltig als Unternehmen und nachhaltig im Rekrutierungsprozess. Auch Nachhaltigkeit funktioniert nur dauerhaft und nicht durch „Hau-Ruck-Aktionen“. So ist es auch im Recruiting. Ein bekannter Unternehmer der Region, der wenig Probleme mit dem Fachkräftemangel hat, meinte letztens: „Ich muss halt im Gegensatz zu früher gute Leute einstellen, sobald ich diese kennenlerne. Nicht erst, wenn meine Stelle schon sechs Monate brach liegt. Das kostet mich viel mehr. Gute Leute wissen wir immer sinnvoll zu beschäftigen.“

Welche Rolle spielen da die Nachhaltigkeitsberichte, die für immer mehr Unternehmen zur Pflicht werden?

Ich glaube, die Berichte an sich spielen direkt im Recruiting erst mal keine Rolle. Ich würde das vergleichen mit den Geschäftsberichten bei Aktiengesellschaften. Die wenigsten, die sich dort bewerben, schauen tatsächlich in die Geschäftsberichte. Es wird natürlich Bewerber geben, die in die Nachhaltigkeitsberichte schauen, aber das wird nicht die große Masse sein. Aber indirekt werden die Nachhaltigkeitsberichte eine Rolle spielen: Denn die Kriterien aus den Nachhaltigkeitsberichten sind schon sehr spannend. Und die kann ich durchaus – jetzt komme ich wieder zurück zum Anfang – im Employer-Branding nutzen und kommunizieren, was ich tolles mache. Dann bin ich genau bei dem dauerhaften, nachhaltigen Recruiting. Denn das interessiert natürlich viele Bewerber, das geht bei 16-jährigen Schülern los, hört aber bei der Generation Z nicht auf.

Stichwort Generation Z. Über die wird geschimpft, sie seien faul oder hätten überzogene Forderungen von Gehalt und Work-Life-Balance. Stimmt das aus deiner Erfahrung?

Ältere Generationen haben schon immer über die jüngeren Generationen geschimpft. Egal, ob das meine Eltern bei mir oder ob das die Großeltern bei meinen Eltern waren. Das hat nie gepasst. Insofern, glaube ich, dürfen wir das alles nicht überbewerten. Aber wir sind im Moment in einer Situation, wo es sehr viele junge Menschen gibt, die jetzt auf den Arbeitsmarkt kommen und denen es sehr gut geht. Die einerseits auswählen können, bei wem sie arbeiten wollen und andererseits auch nicht die Notwendigkeit haben, für ihren Lebensunterhalt sieben oder sechs Tage in der Woche von 8 bis 19 Uhr zu schuften. Das kann man denen aber nicht vorwerfen. Natürlich gibt es aber auf der anderen Seite das Problem, dass Forderungen von Bewerbern auch zu der bestehenden Belegschaft und meiner Struktur passen müssen. Bei uns hat sich im Vertrieb ein 27-Jähriger beworben, der kein Jahr Berufserfahrung im Verkauf hat. Er möchte aber sechsstellig verdienen, plus Firmenwagen. No way. Das können und wollen wir uns für einen quasi-Berufsanfänger nicht leisten, weil es nicht zu unserer Struktur passt.

Wie können Unternehmen junge Menschen zum einen für eine Ausbildung und dann auch noch für eine Ausbildung im eigenen Unternehmen interessieren oder ansprechen?

Da kommen wir zu der Grundfrage: Woher rekrutiere ich meinen Nachwuchs? Bilde ich den selbst aus? Wie gestalte ich den Ausbildungsprozess? Wo rekrutiere ich für die Ausbildung? Das ist für mich ein ganz wichtiger Punkt, auch im Nachhaltigkeitsthema. Denn wenn ich ein Platzhirsch bei mir in der Region bin und die Leute sagen: „Hey, das ist ein geiler Laden, da gehe ich zum Arbeiten“. Dann brauche ich keine Bewerber aus Hamburg zu holen. Für mich hat das etwas mit persönlicher vor-Ort-Präsent zu tun. Du hast nur eine Chance, wenn du als Unternehmen in die Schulen gehst oder dich dort engagierst. Das geht los bei diversen Berufsinfotagen, über diverse Messen, bis hin, mit den Berufsorientierungslehrern zu sprechen, mal den Beruf und das Unternehmen vorzustellen. Meine Erfahrung ist: Wenn Schüler eine Person sehen, die sie toll finden, dann schauen sie sich das Unternehmen mal genauer an. Also Präsenz in der Zielgruppe. Dann muss nur noch der Bewerbungsprozess einfach sein. Und dann sind wir wieder am Anfang des Interviews.

In Teil eins des Interviews erfahren Sie, wie heute ein Bewerbungsprozess aussehen sollte und wie Unternehmen ihr Recruiting sozial nachhaltig gestalten können.

Max Samer ist seit 2024 Business Development Manager bei BITE GmbH in Ulm. Davor war er bei der Augsburger Allgemeine als Leitung Werbevermarktung Crossmedia mehrere Jahre für den Stellenmarkt zuständig und hat die Ausbildungsplattform AzubiMovie gegründet.

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