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„E-Mobilität ist weiterhin zentraler Bestandteil der zukünftigen Automobilindustrie“
Interview zum Thema E-Mobilität, Teil 2

„E-Mobilität ist weiterhin zentraler Bestandteil der zukünftigen Automobilindustrie“

Eine Hand führt einen Stecker in ein E-Auto ein um es aufzuladen.
Symbolbild. Foto: stock.adobe.com / Halfpoint

Im zweiten Teil des Interviews erzählt Mobilitätsexperte Dr. Moritz Bruckner, warum Unternehmen wie Quantron und ZF so zu kämpfen haben, der E-Antrieb aber dennoch ein zentraler Bestandteil der deutschen Autoindustrie bleiben wird.

B4BSCHWABEN.de: Oft heißt es, dass die Ladeinfrastruktur in Deutschland noch mangelhaft sei. Dennoch ist dieses Jahr auch Numbat, ein Start-up, das sich auf Solar-Ladestationen für E-Fahrzeuge spezialisiert hat, zahlungsunfähig geworden. Wenn auch hier so viel Verbesserungspotenzial besteht, wie erklären sich dann scheinbar fehlende Investitionen?

Dr. Moritz Bruckner: Obwohl der Bedarf an Ladepunkten für Elektrofahrzeuge unbestritten ist, stehen Unternehmen wie Numbat vor erheblichen Herausforderungen, darunter:

  1. Bürokratische Hürden: Genehmigungsverfahren für den Aufbau neuer Ladestationen sind oft langwierig und komplex. Dies verzögert Projekte und erhöht die Kosten.
  2. Hohe Investitionskosten: Der Aufbau von Ladeinfrastruktur erfordert erhebliche finanzielle Mittel. Auch die Ladevergütung ist hinter den Erwartungen geblieben.
  3. Marktrisiken: Die Mobilität befindet sich in einer Übergangsphase. Deutschland verfügt über tolle Ideen und Start-ups, aber Unsicherheiten bezüglich der zukünftigen Marktentwicklung lassen Investoren zögern und Start-ups scheitern.

Es zeigt sich also, dass es trotz des offensichtlichen Bedarfs erhebliche Herausforderungen gibt. Die Bundesregierung hat diesen Bedarf jedoch erkannt und mit dem „Masterplan Ladeinfrastruktur II“ eine Gesamtstrategie zum Ausbau der Ladeinfrastruktur entwickelt. Ziel ist es, den Aufbau und Betrieb von Ladepunkten einfacher, bequemer und schneller zu gestalten. Zudem soll die Ladeinfrastruktur als Geschäftsmodell attraktiver werden, um Investitionen und Privatwirtschaft zu mobilisieren.

Das Unternehmen Quantron galt jahrelang als Vorzeige-Unternehmen im Bereich E-Mobility. Jetzt ist es zahlungsunfähig. Wie passt das zusammen?

Der Fall der Quantron AG verdeutlicht die Risiken, denen Start-ups im Bereich der Elektromobilität ausgesetzt sind, insbesondere wenn ambitionierte Wachstumspläne auf unzureichende finanzielle und strukturelle Grundlagen treffen.

So ist laut meiner Recherche eine wichtige Finanzierungsrunde gescheitert, bei der 100 bis 200 Millionen Euro im Raum standen. Das Nichtzustandekommen führte dann zu Liquiditätsengpässen, wodurch Kosten wiederum nicht mehr vollständig gedeckt werden konnten. Auch hat Quantron nie die Serienfertigung erreicht; bei sämtlichen Fahrzeugen handelte es sich um Einzelabnahmen. Dies wirkte sich negativ auf die Kosten als auch die Wettbewerbsfähigkeit aus. Abschließend gab es auch bei den internen Geschäftsabläufen Probleme, beispielsweise durch den krankheitsbedingten Ausfall des Gründers und CEO.

Eine solche Kombination aus finanziellen, operativen und personellen Herausforderungen führte letztlich zur Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens.

Dr. Moritz Bruckner lächelt in die Kamera. Er hat einen Anzug und eine Brille an.
Dr. Moritz Bruckner ist Assistenzprofessor und Habilitand an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Augsburg und beschäftigt sich Jahren mit dem Thema Mobilität. Foto: Helle Tage Fotografie / Dr. Moritz Bruckner

ZF Friedrichshafen und andere Autozulieferer bauen Stellen ab, weil die Nachfrage nach E-Autos sich nicht so entwickelt wie erhofft. Gleichzeitig gilt E-Mobility weiter als Zukunftsmarkt. Wieso straucheln viele Unternehmen der Sparte dennoch aktuell?

Die Elektromobilität wird weiterhin als zentraler Bestandteil der zukünftigen Mobilitätsstrategie und Automobilindustrie betrachtet. Dennoch stehen viele Unternehmen in diesem Sektor vor erheblichen Herausforderungen, die zu Stellenabbau und finanziellen Schwierigkeiten führen, wie etwa:

  1. Schwankende Nachfrage nach Elektrofahrzeugen: Trotz langfristiger Wachstumsprognosen verzeichnen viele Märkte, vor allem der Deutsche, derzeit eine geringere Nachfrage als erwartet.
  2. Hohe Investitionskosten: Die Umstellung von traditionellen Antriebstechnologien auf Elektromobilität erfordert erhebliche Investitionen in Forschung, Entwicklung und Produktionsanlagen, die selbst große Zulieferer oft schwer tragen können.
  3. Wettbewerbsdruck durch internationale Akteure: Chinesische Hersteller, oft vom Staat subventioniert, drängen mit kostengünstigen und technologisch fortschrittlichen Modellen auf den Markt, was den Wettbewerb verschärft und den Preisdruck erhöht.
  4. Unsicherheit in der politischen und wirtschaftlichen Landschaft: Unklare aber auch inkonsistente politische Rahmenbedingungen, wie etwa Regulierungen oder Förderprogramme, aber auch wirtschaftliche Unsicherheiten beeinflussen die Investitionsbereitschaft und Planungssicherheit der Unternehmen negativ.

Sie beschäftigen sich in Ihrer Forschung mit Akzeptanzfragen innerhalb der Bevölkerung zum Thema E-Mobilität. Bemerken Sie hier Schwankung, auch in Hinblick auf die durch Insolvenzen geprägte Marktlage?

Ich beschäftige mich vor allem mit Mensch-Maschine-Interaktionen im Kontext des autonomen Fahrens, denn zukünftige Kundenerlebnisse im automobilen Bereich werden nicht vorrangig durch die Fahrzeugtechnik, sondern durch die IT-Systeme bestimmt werden. Die Akzeptanz von IT und Informationssystemen in meiner Forschung hängt also nicht unbedingt von der Elektromobilität ab, sondern eher vom Verhalten von Systemen in verschiedenen Verkehrssituationen.

Wenn man vom Menschen ausgeht und alle bereits genannten Faktoren einbezieht, lässt sich feststellen, dass wir eine natürliche Korrektur der ersten Euphorie der Elektromobilität beobachten. Verunsicherung, gepaart mit weggefallenen Anreizen, wird die aktuell mangelnde Akzeptanz hervorgerufen haben. Die Stimmung wird sich jedoch mit der Zeit einpendeln. Ein Land wie Deutschland, das über viele Generationen hinweg durch die Automobilwirtschaft geprägt wurde, kann man nicht von heute auf morgen zu einem Umdenken zwingen. Das ist ein Prozess, der viel Überzeugungsarbeit und Zeit benötigen wird.

Möchte man Innovationen wie E-Mobilität voranbringen, bin ich der Überzeugung, dass es klarer Rahmenbedingungen bedarf. Man muss Bürokratie abbauen, um Fortschritt zu ermöglichen und neuen Konzepten eine Chance zu geben. Das können wir von anderen Ländern sicher lernen. Andererseits sollten wir an unserem Qualitätsanspruch festhalten, um langfristige und nachhaltige Technologielösungen zu entwickeln.

Wie wird sich die Entwicklung des autonomen Fahrens auf die E-Mobilität auswirken? Werden wir in Zukunft mehr selbstfahrende Elektroautos sehen?

Die Entwicklung des autonomen Fahrens und der Elektromobilität sind prinzipiell unabhängig. Sie sind jedoch auf die Weise miteinander verknüpft, als dass die elektrisch angetriebenen Fahrzeuge heute durch ihre technische Ausbaustufe per se schon gute Voraussetzungen für das teil-autonome Fahren mit sich bringen. Die Synergien zwischen beiden Technologien fördern die Entwicklung und Einführung selbstfahrender Elektrofahrzeuge, die sowohl im privaten als auch im öffentlichen Verkehr an Bedeutung gewinnen werden.

So ist bereits seit letztem Jahr ein spürbarer Fortschritt im Hinblick auf selbstfahrende Elektrofahrzeuge zu beobachten. Level 3 autonome Fahrzeuge (Fahrer/-in muss in der Lage sein, innerhalb von 10 Sekunden einzugreifen) sind bereits in Deutschland auf den Straßen. So soll Hamburg ab Mitte 2025 zur Modellregion für (teil-)autonomes Fahren werden, wobei autonome Shuttlebusse den öffentlichen Nahverkehr ergänzen sollen. Es ist aber nach wie vor unklar, wie vollautonome Fahrzeugsysteme – man spricht hier von Level 4 und Level 5 - in nicht vorab definierten Zonen funktionieren sollen.