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Allgäuer GreenTech Hub soll Innovationen für den Mittelstand vorantreiben
Interview

Allgäuer GreenTech Hub soll Innovationen für den Mittelstand vorantreiben

Dr. Stefan Lenz und Corinna Tappe sind die beiden Geschäftsführer des neuen GreenTech Hubs am Allgäu Airport in Memmingen.
Dr. Stefan Lenz und Corinna Tappe sind die beiden Geschäftsführer des neuen GreenTech Hubs am Allgäu Airport in Memmingen. Foto: GT Hub

Am Allgäu Airport bei Memmingen entsteht ein auf Digitalisierung und Nachhaltigkeit spezialisierter GreenTech Hub. Zwei bekannte Gesichter aus der deutschen Start-up-Szene, Corinna Tappe und Dr. Stefan Lenz, haben im Frühjahr 2024 die Geschäftsführung übernommen. Sie geben im Interview einen Einblick in das Projekt.

B4BSCHWABEN.de: Wie kam es zur Gründung des GreenTech Hubs (GT Hub) am Allgäu Airport?

Corinna Tappe: Der GreenTech Hub ist ein Projekt aus dem Mittelstand für den Mittelstand, das von der Alois-Müller-Gruppe initiiert wurde. Sie wollte etwas bewegen und Innovationen für den Mittelstand vorantreiben. Markus Schmidt und der Geschäftsführer Andreas Müller hatten die Idee, die klügsten Köpfe der Szene und ihre innovativen Ideen ins Allgäu zu holen. Gemeinsam sollen die Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung sowie die damit verbundenen Prozesse weiterentwickelt werden. Bei den beiden Schwerpunkten handelt es sich nicht nur um Trends, sondern sie sind branchenübergreifend zwingende Notwendigkeiten für die Zukunftsfähigkeit der Unternehmen.

Dr. Stefan Lenz: Die Initiatoren haben allerdings gleich erkannt, dass dieses Projekt zu groß für ein einzelnes Unternehmen ist. Sie holten sich Unterstützung von Gesellschafterfirmen aus der Region: Die Alois Müller-Gruppe aus Ungershausen schloss sich mit Südpack in Ochsenhausen sowie den aus Memmingen stammenden Unternehmen Reisacher und Kutter zusammen. Dadurch lassen sich Synergien aus der Industrie, der Bau-, Verpackungs-, Energie- und Mobilitätsbranche nutzen. Die vier Familienunternehmen kannten sich schon untereinander und wussten somit, dass sie gut zusammenarbeiten konnten.

Welches Ziel verfolgt der GT Hub?

Tappe: Wir wollen ein ganz neues dynamisches Ökosystem für Start-ups, Mittelständler, Investoren und Forschungseinrichtungen mit einem klaren Fokus auf grüne Technologien etablieren. Als erstes Technologie-Netzwerk aus der Region beschäftigt es sich mit grünen Technologien und verknüpft Unternehmen aus dem Mittelstand miteinander. In den nächsten Jahren soll das Netzwerk auf bis zu 30 Start-ups anwachsen. Immer mit dem Ziel: Das Wachstum innovativer Projekte, Geschäftsmodelle und Unternehmen zu fördern, um eine nachhaltig erfolgreiche Zukunft für die Wirtschaft im Allgäu zu sichern.

Lenz: Der deutsche Mittelstand muss sich aktuell mit eben diesen neuen Technologien und den damit verbundenen Prozessen beschäftigten. Die Weiterentwicklung eines Unternehmens hängt von effizienteren und idealerweise auch nachhaltigeren Produktionsprozessen ab. Hier setzen wir mit unserem GreenTech Hub an. Es gibt zum Glück in Deutschland bereits einige erfolgreiche Hubs, aber unsere Kombination und die bewusste Spezialisierung sind wirklich einzigartig. Die thematischen Schwerpunkte liegen auf erneuerbaren, effizienten Energien, der Entwicklung neuer Materialien sowie innovativer grüner Geschäftsmodelle. Auch sämtliche Themen der Kreislaufwirtschaft, innovative digitale Lösungen und Künstliche Intelligenz (KI) stehen im Vordergrund.

Warum eignet sich der Allgäu Airport als Standort für das Vorhaben?

Lenz: Die Voraussetzungen, um einen führenden Green Tech Hub zu entwickeln, sind an unserem Standort am Allgäu Airport so gut wie nirgendwo anders. Denn wir haben hier mit dem Autobahnkreuz und dem Flughafen die perfekte Verkehrsinfrastruktur. Außerdem können die Ingenieure schon bald auf neue Zukunftstechnologien wie zum Beispiel einen Elektrolyseur zurückgreifen, um Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff zu spalten. Eine Biogasanlage gibt es bereits. Wenn neben der geplanten Wasserstofftankstelle auch noch das innovative Fernwärmenetz und Solarstrom aus großen PV-Feldern am Flughafen realisiert ist, haben wir die besten Voraussetzungen für die Entwicklung und den Ausbau von grünen Technologien.

Tappe: Wir haben in der Region darüber hinaus ein aktives Mittelstandsnetzwerk und eine ganze Reihe an „Hidden Champions“. Die hohe Dichte an produzierenden Mittelständlern mit jahrzehntelanger Erfahrung und ebenso viel Erfolg in ihren Branchen ist ein absolutes Plus für jedes Start-up. Denn in der Region verwurzelte Familienunternehmen sind verlässliche Geschäftspartner und punkten mit schnellen Entscheidungswegen, was gerade für Start-ups ein wichtiges Kriterium ist.

Wie wird die spätere Zusammenarbeit zwischen den Beteiligten in der Praxis aussehen?

Tappe: Von regelmäßigen Events über Netzwerkveranstaltungen, Match-Making-Programme bis hin zu Schulungen: Wir setzen auf konkrete Unternehmungen, um die Menschen zusammenzubringen. Aus den daraus entstehenden Kooperationen profitieren dann beide Seiten. Zusätzlich entwickeln wir gerade ein sogenanntes Accelerator-Programm für Start-ups, das über ein halbes Jahr geht. Da unterstützen wir die jungen Firmen unter anderem mit Bootcamps zu wichtigen Themen wie Investorensuche, Finanzierung, Markt- und Potenzialanalyse und bieten ihnen ein aktives 1:1-Coaching. Natürlich schauen wir auch, wer aus unserem Netzwerk am besten zu der jeweiligen Geschäftsidee passt. Wenn wir da noch niemanden haben, dann suchen wir jemanden.

Lenz: Wir wollen auch die Allgäuer Firmen dazu animieren, selbst Start-ups aus den eigenen Unternehmen auszugründen. Unser Programm „Inkubator“ unterstützt dabei. Das ein solches Vorgehen funktioniert, hat sich bereits in der Vergangenheit gezeigt. Die Gesellschafter konnten durch Kooperationen mit Start-ups selbst ihre betrieblichen Abläufe verbessern. Das Start-up „B2Square“ aus Meerbusch hat sogenanntes BioBitumen entwickelt, mit dem sich besonders im Straßenbau die CO₂-Emissionen drastisch reduzieren lassen. Bitumen, auch bekannt als Erdpech, besteht eigentlich zu einem großen Teil aus Erdöl. Die Firma Kutterer baut mit dem neuen BioBitumen aktuell Radwege und hat das Verfahren erstmalig für den Einbau in Silos umgestellt.

Inwieweit wird beim Bau des Hubs bereits auf Nachhaltigkeit gesetzt?

Tappe: Auf einer Fläche von über 2.000 Quadratmetern entstehen Büro- und Werkstattflächen, bei denen wir großen Wert auf die Einhaltung der Nachhaltigkeitsprinzipien legen. Das Gebäude erhielt daher vom Bundesbauministerium das „Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude“ und ist von der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen zertifiziert worden. Der verwendete Beton verursacht beispielsweise weniger als 50 Prozent des Branchendurchschnitts an CO₂-Emissionen. Für die Tragstruktur der Fassade wurde statt Aluminium der nachhaltige Rohstoff Holz verwendet.

Lenz: Für uns spielen auch die sozialen Aspekte der Nachhaltigkeit eine entscheidende Rolle. Die große Cafeteria im Erdgeschoss des Gebäudekomplexes lädt beispielsweise zum Austausch ein, um gemeinsam die anstehenden Themen zu bearbeiten. Wir sind davon überzeugt, dass die Zukunft eben genau dieses kollaborative Arbeiten notwendig macht und davon alle Seiten profitieren können.

Im Juli 2025 wird der GreenTech Hub eröffnet. Wie lautet Ihr Fazit zum vergangenen Richtfest im Oktober?

Tappe: Die Feier fand gleich daneben in einem ehemaligen Flugzeugshelter statt, der zukünftig als Veranstaltungsort ausgebaut und genutzt werden wird. Das Richtfest für das Büro- und Werkstattgebäude ist ein großer Meilenstein für uns gewesen. Es symbolisiert, dass wir etwas erreichen möchten und auch etwas vorwärtsgeht in der Region. Zugleich war es ein Dank an alle Beteiligten des Projektes, wie etwa die ausführende Baufirma. Die Veranstaltung bot eine erste Gelegenheit, um das Netzwerk zusammenzubringen. Wir nutzten das Richtfest als Preview-Event, bei dem wir schon einen kleinen Vorgeschmack darauf gaben, was es bedeutet, wenn sich junge Unternehmen mit innovativen Ideen beschäftigen.

Lenz: Deshalb stellten die ersten vier Start-ups ihre Pitches beim Richtfest vor. Neben dem Pitch des Start-ups „B2Square“ präsentierte „Reverion“ seine Lösungen für eine hocheffiziente, CO₂-negative Energieerzeugung und Langzeitspeicherung auf Basis von Biogas und Wasserstoff – und das in Containergröße. „Oculai“ befasst sich damit, wie Künstliche Intelligenz die kamerabasierte Datenerhebung für Baustellen unterstützen kann. „AssetEnergy“ hat den Mess- und Abrechnungsservice von Wärmezählern in Gebäuden digitalisiert, sodass sich durch die Erfassung CO₂-Ziele leichter erfüllen lassen. Der Bestsellerautor und früherer Chefredakteur der Tageszeitung „Welt“ und der „Welt am Sonntag“ Christoph Keese machte zudem in seinem Impulsvortrag deutlich, dass der Mittelstand bei der digitalen Transformation und bei technologischen Innovationen noch Gas geben muss.

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