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PV-Mieterstrom: Kann ich meine Mieter zur Abnahme zwingen?
Maximilian Erhardt, Sonntag & Partner

PV-Mieterstrom: Kann ich meine Mieter zur Abnahme zwingen?

Rechtsanwalt Maximilian Erhardt, Experte für Energierecht von SONNTAG. Foto: SONNTAG
Rechtsanwalt Maximilian Erhardt, Experte für Energierecht von SONNTAG. Foto: SONNTAG

Jeder Betreiber einer Photovoltaikanlage auf einem Hausdach kann seinen Solarstrom an die Mieter im Haus verkaufen. Was es dabei zu beachten gibt, weiß B4B-Experte Maximilian Erhardt.

„Wir möchten in unserer Wohnanlage künftig Mieterstrom anbieten, der aus einer eigenen PV-Anlage gewonnen wird. Dafür hätten wir gerne eine verlässliche Planungsgrundlage. Ist es zulässig, Mieter unter Umständen durch Incentives zum Bezug zu bewegen (z.B. Zusage auf 5 Jahre, dafür Deckelung bei Nebenkosten)? Muss man dabei Fristen beachten?“

Rechtsanwalt Maximilian Erhardt, Experte für Energierecht von SONNTAG, antwortet:

Zur Beantwortung dieser Fragen muss zum Thema PV-Mieterstrom Folgendes vorangestellt werden:

Wenn ein PV-Anlagenbetreiber (oftmals wird dieser auch Gebäudeeigentümer sein) den vor Ort erzeugten Strom an die Mieter verkaufen möchte, so muss für das konkrete Projekt stets erst einmal das passende Mieterstrom-Modell eruiert werden.

Insofern ist zwischen dem „echten Mieterstrom nach EEG“ und dem „sonstigen Mieterstrom“ zu differenzieren. Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass bei Mieterstrom nach EEG der Anlagenbetreiber zum Vollversorger gegenüber den Letztverbrauchern wird und für diesen Mehraufwand zusätzlich (zur regelmäßigen Einspeisevergütung) den sogenannten Mieterstromzuschlag erhält, vgl. § 21 Absatz 3 EEG.

An dieser Stelle sollten auch die neuesten Entwicklungen zur Mieterstrom-Thematik nicht außer Acht gelassen werden. Jüngst hat der Gesetzgeber im Rahmen des „Solarpaket I“ (in Kraft getreten am 16.05.2024) durch mehrere Gesetzesnovellen (insbesondere von EEG und EnWG) einige wesentliche Aspekte des Mieterstroms angepasst bzw. vereinfacht. Auch wurde für die Versorgung von Mehrparteienhäusern mit lokal erzeugtem PV-Strom die „Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung“ als eigenes Mieterstrom-Modell im Gesetz verankert, vgl. § 42b EnWG. Weitere Neuerungen soll in naher Zukunft das „Solarpaket II“ bringen.

Ein Zwang zur Abnahme von Mieterstrom besteht für die Mieter natürlich nicht – jeder Mieter muss seinen Stromversorger stets selbst wählen können. Auch ist gesetzlich geregelt, dass ein im Rahmen von Mieterstrom geschlossener Stromlieferungsvertrag nicht an den (bestehenden) Mietvertrag gebunden werden darf, § 42a Absatz 2 EnWG.

Dennoch ist es grundsätzlich möglich, Mieter mittels Incentives zur Abnahme von vor Ort erzeugtem Mieterstrom aus PV zu bewegen, sofern dabei gewisse gesetzliche Vorgaben eingehalten werden.

Ganz allgemein ist zu beachten, dass Stromlieferverträge bei solchen Mieterstrom-Projekten regelmäßig in ihrer vorformulierten Form in einer Vielzahl von Fällen (mindestens aber in drei Fällen) verwendet werden sollen und deshalb als „Allgemeine Geschäftsbedingungen“ den gesetzlichen Vorgaben der §§ 305 ff. BGB entsprechen müssen.

Dabei kommt es entscheidend darauf an, mit welcher „Art“ von Mieter(n) der PV-Anlagenbetreiber den (jeweiligen) Stromlieferungsvertrag schließen will:

Handelt es sich bei dem einzelnen Mieter um einen „Verbraucher“ im Sinne des § 13 BGB, so sind diese gesetzlichen Vorgaben aus Gründen des Verbraucherschutzes (vgl. § 310 Absatz 3 BGB) ziemlich streng. Dies gilt insbesondere für Regelungen zu Vertragsinhalten und -fristen. „Verbraucher“ ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können. Im Kern soll hier durch die §§ 305 ff. BGB eine „unangemessene Benachteiligung“ des Verbrauchers verhindert werden.

So darf beispielsweise die Vertragslaufzeit nach § 309 Nr. 9 BGB bzw. § 42a Absatz 3 EnWG maximal zwei Jahre betragen. Eine Laufzeit von mehr als zwei Jahren würde den Mieter als Verbraucher unangemessen lange an den Stromlieferungsvertrag binden und eine entsprechende Klausel wäre wegen der Benachteiligung des Verbrauchers unwirksam. Das gilt auch für Regelungen, die zu einer stillschweigenden Verlängerung des Vertrages für eine bestimmte Zeit führen (hier gibt es aber enge Ausnahmefälle) oder die den Vertragspartner mit einer Kündigungsfrist von mehr als einem Monat belasten.

Ist Vertragspartner des PV-Anlagenbetreibers hingegen ein „Unternehmer“ (vgl. § 14 BGB), eine „juristische Person des öffentlichen Rechts“ oder „öffentlich-rechtliches Sondervermögen“, so ist gemäß § 310 Absatz 1 BGB ein weniger strenger Maßstab anzusetzen. Dann ist für gewöhnlich am konkreten Einzelfall zu prüfen, ob die jeweiligen Wertungen aus den §§ 308, 309 BGB über § 307 BGB auf den vorliegenden Sachverhalt sinngemäß „gespiegelt“ werden können oder nicht. Auch hier ist herauszuarbeiten, ob im konkreten Fall eine „unangemessene Benachteiligung“ des Vertragspartners vorliegt.

Möchte der Anlagenbetreiber also z.B. wegen hoher Investitionskosten (PV-Module etc.) und einer entsprechend langen Amortisationszeit eine Vertragslaufzeit von 10 bis 20 Jahren in dem Stromlieferungsvertrag statuieren, so ist dies gegenüber solchen (gewerblichen) Mietern (anders als bei Verbrauchern, vgl. oben) grundsätzlich möglich.

Dabei gilt der allgemeine Grundsatz, dass ökonomische Effizienz und Freiheitsschutz im Regelfall miteinander vereinbar sind – aus der Sicht eines objektiven Dritten können somit ökonomisch sinnvolle Verträge nicht aufgrund übermäßiger Freiheitsbeschränkung unangemessen im Sinne von § 307 BGB oder gar sittenwidrig gemäß § 138 BGB sein. Im Hinblick auf § 309 Nr. 9 BGB gilt, dass die jeweilige Vertragsnatur und die Umstände des Einzelfalls für die Prüfung der (maximal) angemessenen Dauer des Schuldverhältnisses entscheidend sind. Unabhängig von besagter Einzelfallentscheidung lässt sich hinsichtlich Energielieferungsverträgen (also auch Stromlieferungsverträgen) sagen, dass zumindest in der Vergangenheit Verträge mit einer Laufzeit von bis zu 20 Jahren jedenfalls nicht unüblich waren und regelmäßig von der deutschen Rechtsprechung als wirksam angesehen wurden.

Jedoch gilt es zu beachten, dass sich der Verbraucherschutz und somit auch das AGB-Recht im ständigen Fluss befinden. Die Wirksamkeit solcher Vertragsklauseln sollte der Anwender also regelmäßig überprüfen lassen. Aus der Rechtsberatung und Begleitung vieler Mieterstrom-Projekte haben wir den Erfahrungswert gewonnen, dass die überwiegende Anzahl der Mieter – völlig unabhängig von der konkreten vertraglichen Gestaltung – ein Angebot zum Kauf von lokalem PV-Strom auch (langfristig) wahrnimmt. Mieterstrom aus PV sorgt nämlich nicht nur für ein gutes Image der Anlagenbetreiber bzw. Vermieter. Auch die Mieter achten als Letztverbraucher inzwischen vermehrt auf die Herkunft des von ihnen verbrauchten Stroms. Zudem kann Ökostrom den Mietern im Vergleich zu Strom aus dem öffentlichen Netz meist zu einem vergleichsweise günstigen Preis angeboten werden. Eine davon abweichende Entwicklung ist derzeit nicht ersichtlich. Das ist eine „Win-Win-Situation“.

Sie haben Rückfragen an Maximilian Erhardt, oder wünschen eine tiefergehende Beratung? Dann nehmen Sie jetzt gerne direkt Kontakt auf.

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