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Lieferkettengesetz – Welche Unternehmen aktiv werden müssen
Hans-Peter Heinemann, Dr. Hille Heinemann Rechtsanwälte

Lieferkettengesetz – Welche Unternehmen aktiv werden müssen

Rechtsanwalt Hans-Peter Heinemann, Dr. Hille Heinemann Rechtsanwälte, ist unser Experte für Insolvenz- und Haftungsrecht.
Rechtsanwalt Hans-Peter Heinemann, Dr. Hille Heinemann Rechtsanwälte, ist unser Experte für Gesellschafts- und Haftungsrecht. Foto: Pia Simon

Seit Anfang 2023 gilt in Deutschland das Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz (LkSG). Unternehmen müssen damit menschenrechtliche und ökologische Standards in ihren Lieferketten einhalten. Was genau das bedeutet, erklärt B4B-Experte Hans-Peter Heinemann.

„Entstehen durch das Lieferkettengesetz neue Haftungspflichten? Und wenn: Nur gegenüber Geschäftskunden oder auch bei Privatkunden?“

Gesellschaftsrechts- und Haftungsexperte Hans-Peter Heinemann von Dr. Hille Heinemann Rechtsanwälte antwortet: 

Als Bürokratiemonster kritisiert und gescholten ist es gleichwohl existent: das Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz (kurz „LkSG“). In Deutschland wurde es bereits mit Wirkung zum 1. Januar 2023 in Kraft gesetzt. Mit ihm sollte eine Verbesserung der internationalen Menschenrechtslage erreicht werden, in dem deutsche Unternehmen ab einer gewissen Größenordnung verpflichtet wurden, bestimmte Sorgfalts- und Dokumentationspflichten in Bezug auf Menschenrechte sowie Umwelt- und Klimaschutz in ihren Betriebsabläufen mit konkreten Maßnahmen zu verankern.

EU-Lieferkettenrichtlinie leicht verschärft

Die ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten der EU haben – gegen die Stimmen Deutschlands – am 14. März 2024 eine Verschärfung der EU-Lieferkettenrichtlinie beschlossen. Deutschland ist als Mitgliedsstaat verpflichtet, innerhalb von zwei Jahren nach Wirksamwerden der Richtlinie diese durch Anpassung des deutschen LkSG bis etwa Mai/Juni 2026 in nationales Recht umzusetzen. Was bedeutet dies für Unternehmen in Bayerisch-Schwaben und darüber hinaus im Hinblick auf eine Haftung wegen Verstoßes gegen das LkSG? Haften die Unternehmen unmittelbar? Haften die Geschäftsführer?

Anwendbarkeit von Größe der Unternehmen abhängig

Zunächst muss berücksichtigt werden, dass das aktuelle LkSG nicht für alle Unternehmen in Deutschland gilt, sondern für solche, die in der Regel mehr als 1.000 Mitarbeiter beschäftigen. Durch die EU-Richtlinie wird zusätzlich noch die Umsatzkomponente als Kriterium herangezogen. Die Änderungen der EU-Richtlinie sind insofern wie folgt anwendbar:

  • Ab etwa Juni 2027: Für Unternehmen mit mehr als 5000 Mitarbeitern und mehr als 1,5 Mrd. € Umsatz;
  • Ab etwa Juni 2028: Für Unternehmen mit mehr als 3000 Mitarbeitern und mehr als 900 Mio. € Umsatz;
  • Ab etwa Juni 2029: Für Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern und mehr als 450 Mio. € Umsatz.

Was beinhaltet das Lieferkettengesetz?

Unternehmen sollen in ihren Lieferketten menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten „beachten“. Genügend ist hier ein „Bemühen“; ein Erfolg wird insofern nicht geschuldet. Daneben sind die Unternehmen gleichwohl verpflichtet, prozessorientierte Maßnahmen zu treffen, um ihre Lieferketten zur Identifizierung und Bewertung von menschenrechtlichen und umweltbezogenen Risiken zu überprüfen. Ferner müssen sie eine Anlaufstelle für Betroffene und ein Beschwerdeverfahren anbieten. Diese Sorgfaltspflichten gelten in erster Linie im eigenen Geschäftsbereich, d. h. also im eigenen Unternehmen selbst. Ein deutsches Unternehmen ist jedoch nicht dafür verantwortlich, dass auch etwa seine Zulieferer oder Subunternehmer Sorgfaltspflichten nach dem LkSG einhalten und haftet insofern auch nicht. Allerdings sind Unternehmen gut beraten, mit ihren Vertragspartnern schuldrechtlich und individualvertraglich zu vereinbaren, dass die Sorgfaltspflichten nach dem LkSG einzuhalten sind.

Was bedeuten die Sorgfaltspflichten?

Unternehmen sind verpflichtet, im eigenen Geschäftsbereich eine Risikoanalyse durchzuführen, mit der Informationen gesammelt und bewertet werden, die zu einer Identifikation von Risiken im Hinblick auf den Verstoß gegen Menschenrechte und Umweltbestimmungen führen. Im Rahmen dieser Analyse sind zugleich angemessene Präventionsmaßnahmen zu entwickeln und zu ergreifen. Steht eine Verletzung von menschenrechtlichen oder umweltbezogenen Pflichten im Raum sind Abhilfemaßnahmen zu treffen. Auch in Bezug auf unmittelbare Zulieferer hat eine solche Risikoanalyse stattzufinden. Allerdings ist dem Umstand, dass einem Unternehmen über seine Vertragspartner geringere Informationen zur Verfügung stehen, Rechnung zu tragen. Insofern genügt in der Regel die Beschaffung von Informationen bei den unmittelbaren Zulieferern selbst. In der Regel wird ein Lieferantenkodex vereinbart, der gegebenenfalls auch bei Verletzung durch den Lieferanten Sanktionsmöglichkeiten (Vertragskündigung o. ä.) vorsehen kann.

Wer haftet bei Verstößen gegen die Sorgfaltspflichten?

Eine zivilrechtliche Haftung entsteht bei der Verletzung von Sorgfaltspflichten grundsätzlich nicht. Allerdings drohen nach der neuen EU-Richtlinie Geldbußen, welche umsatzbezogen sind. Entgegen der bisherigen deutschen Gesetzgebung sieht die neue EU-Richtlinie allerdings eine zivilrechtliche Haftung für Verstöße gegen die Sorgfaltspflichten ausdrücklich vor. Voraussetzung dafür ist, dass sich durch die Sorgfaltspflichtverletzung Umwelt, Klima und Menschenrechte nachteilig beeinträchtigt wurden, was hätte vermieden werden können, wenn nach LkSG definierte Sorgfaltspflichten beachtet worden wären. Ferner muss ein Schaden entstanden sein. Es wird jedoch abzuwarten sein, ob und in welcher Art und Weise der deutsche Gesetzgeber diese Richtlinien-Vorgabe in deutsches nationales Recht umsetzen wird. Dabei wird auch zu berücksichtigen sein, dass der Haftungsmaßstab, je weiter ein Lieferant in der Lieferkette vom Unternehmen „entfernt ist“, abgemildert wird.

Eine weitere Haftungsquelle ist natürlich der direkte Vertrag mit einem Lieferanten oder Subunternehmer. Ist darin die Einhaltung der Sorgfaltspflichten nach LkSG als vertragliche Pflicht geregelt, so kommen im Falle eines Verstoßes zivilrechtliche Haftungsansprüche in Betracht, wenn durch die Verletzung jener Sorgfaltspflichten ein Schaden entsteht. Als Schaden können etwa Mehraufwendungen geltend gemacht werden, die durch eine vorzeitige Vertragsbeendigung mit einem gegen die Sorgfaltspflichten verstoßenen Vertragspartner entstehen, etwa weil mit einem Mitbewerber ein gleicher Vertrag nur zu schlechteren Konditionen abgeschlossen werden kann oder weil teurere Produkte eines Konkurrenten eingekauft werden müssen.

Nach allgemeinen haftungsrechtlichen Bestimmungen für die Geschäftsführung haften jedoch auch Unternehmensleiter, wenn sie keine organisatorischen Maßnahmen treffen, um die Sorgfaltspflichten nach LkSG einzuhalten. So ist nach § 30 OWiG jeder Geschäftsleiter verpflichtet, eine entsprechende organisatorische Struktur im eigenen Unternehmen zu implementieren. Nicht zu vergessen ist, dass im Falle eines gravierenden Verstoßes gegen das LkSG auch von der Vergabe öffentlicher Aufträge im Liefer-, Bau- oder Dienstleistungsgewerbe für die Zeit von drei Jahren ausgeschlossen werden kann.

Sie haben Rückfragen an Experte Hans-Peter Heinemann zum Thema Lieferkettengesetz oder wünschen eine individuelle Beratung? Dann nehmen Sie jetzt direkt Kontakt auf.

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