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Das Schicksal von Versicherungsverträgen in der Insolvenz
Alexander Görtzel, Dr. Hille Heinemann Rechtsanwälte

Das Schicksal von Versicherungsverträgen in der Insolvenz

Alexander Görtzel ist Experte für Insolvenzrecht bei Dr. Hille Heinemann Rechtsanwälte. Foto: Dr. Hille Heinemann Rechtsanwälte
Alexander Görtzel ist Experte für Insolvenzrecht bei Dr. Hille Heinemann Rechtsanwälte. Foto: Dr. Hille Heinemann Rechtsanwälte

Bei Insolvenzen bleiben bekanntermaßen Zahlungen an Gläubiger aus. Aber was gilt für noch laufende Versicherungsverträge? Alexander Görtzel kennt die Antwort.

„Wenn eine GmbH Insolvenzantrag gestellt hat, ruhen dann auch die Schadenersatzpflichten aus Produkthaftung, z.B. weil die Zahlungen für eine entsprechende Versicherung nicht mehr geleistet werden können/dürfen?“

Insolvenzrechtsexperte Alexander Görtzel von Dr. Hille Heinemann Rechtsanwälte antwortet:

 Zu den Sorgfaltsmaßnahmen bei der Führung eines Unternehmens gehört insbesondere, dass dieses im Hinblick auf seinen speziellen Geschäftsgegenstand und seine konkreten Tätigkeiten einen ausreichenden Versicherungsschutz genießt. Dazu zählen z.B. die Betriebshaftpflichtversicherung, die Produkthaftpflichtversicherung oder aber die D&O-Versicherung zur Absicherung der Geschäftsführung bei Sorgfaltspflichtverletzung.

Was gilt bei der Produkthaftpflichtversicherung?

Gerade die Produkthaftpflichtversicherung ist ein wichtiger Schutz für Unternehmen, wenn Produkte aus eigener oder fremder Herstellung angeboten werden. Kommt es nämlich auf Kundenseite zu einem Schaden, können Schadensersatzforderungen geltend gemacht werden. Die Produkthaftpflicht ist Teil der Betriebshaftpflichtversicherung und schützt bei Personen-, Sach-sowie daraus resultierenden Vermögensschäden. In der Regel werden je nach Versicherungsumfang auch z.B. Rückrufkosten im Falle der Verpflichtung zu einem Produktrückruf abgedeckt.

Was geschieht jedoch mit der Produkthaftpflichtversicherung, wenn sich das Unternehmen, welches das Produkt hergestellt oder in den geschäftlichen Verkehr gebracht hat, in der Insolvenz befindet?

Das Stadium der Insolvenz ist entscheidend

Zunächst gilt es, die unterschiedlichen Stadien einer Insolvenz zu berücksichtigen, die das Schicksal des Versicherungsvertrages bestimmen können. Liegt nämlich lediglich eine Insolvenzgefahr vor, ohne dass ein Insolvenzantragsgrund (z.B. Zahlungsunfähigkeit oder bilanzielle Überschuldung) bereits verwirklicht wäre, so hat dies auf den Versicherungsvertrag keine Auswirkung. Denn ein fristloses Kündigungsrecht des Versicherers besteht für diesen Fall nicht, vor allem wenn die Versicherungsprämien vollständig bezahlt sind. Unbenommen bleibt es der Versicherung dagegen von ordentlichen Kündigungsrechten Gebrauch zu machen, sofern diese wirksam vereinbart sind.

Wird das Insolvenzverfahren beantragt, ist dieses aber noch nicht eröffnet worden, so steht dem Versicherer ebenfalls kein außerordentliches Kündigungsrecht zu. Sollten allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB) bestimmen, dass die Versicherung sich im Insolvenzfall vom Versicherungsvertrag lösen könnte, wäre diese Bestimmung unter Umständen als sogenannte „insolvenzabhängige Lösungsklausel“ wegen Verstoßes gegen § 119 InsO unwirksam.

Was gilt nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens?

Ist das Insolvenzverfahren eröffnet worden, gilt: Ein außerordentliches Kündigungsrecht des Versicherers für den Insolvenzfall besteht nicht, die Versicherung besteht zunächst unverändert fort. Dem Insolvenzverwalter kommt nun allerdings das Wahlrecht gem. § 103 InsO zu, den Vertrag zu erfüllen oder die Nichterfüllung des Vertrags der Versicherung gegenüber zu erklären. Je nach Lage des Falles kann für den Insolvenzverwalter auch eine ordentliche Kündigung in Betracht kommen unter Einhaltung einer Kündigungsfrist, etwa wenn er an dem Versicherungsschutz kein Interesse mehr hat, weil das Unternehmen z.B. abgewickelt werden soll.

Entscheidet sich der Insolvenzverwalter für die Erfüllung, bleibt der Versicherungsvertrag wie vereinbart bestehen. Entscheidet er sich dagegen, wird er die Zahlung der Versicherungsprämien einstellen. Sodann kann aber der Versicherer von seinem Kündigungsrecht Gebrauch machen. Der Versicherungsvertrag endet dann mit Ablauf der Kündigungsfrist; etwa bis dahin ausstehende Versicherungsbeiträge muss der Versicherer zur Insolvenztabelle anmelden.

Versicherungsschutz nach Eröffnung der Insolvenz

Vom Versicherungsschutz umfasst sind in der Regel alle während der Dauer des Versicherungsvertrages eintretenden Versicherungsfälle. Dies bedeutet: Wird von einem Gläubiger ein Schadensersatzanspruch aus Produkthaftpflicht geltend gemacht, kommt es auf die Frage an, wann der Schaden eingetreten ist. Fällt dieser Zeitpunkt in den Versicherungszeitraum, ist die Versicherung zur Erfüllung verpflichtet vor (vorausgesetzt, die übrigen Voraussetzungen für die Schadensregulierung liegen vor). Fällt der Schadenseintritt jedoch in den Zeitraum nach dem Ende des Versicherungsvertrages, entfällt die Deckungspflicht der Versicherung.

Im Falle der eröffneten Insolvenz des Unternehmens zählen Schadensersatzansprüche aus Produkthaftung zu den sogenannten Tabellenforderungen, soweit die Versicherung nicht mehr zur Leistung verpflichtet ist. Dies bedeutet, der Gläubiger des Produkthaftungsanspruches muss seine Forderung gemäß § 174 InsO schriftlich beim Insolvenzverwalter anmelden.

Vorsicht vor der Durchgriffshaftung! 

Doch Vorsicht: Gerade bei der Produkthaftung kann es auch zur Durchgriffshaftung gegenüber der Geschäftsführung nach dem sogenannten Deliktsrecht kommen. Hat es nämlich ein Geschäftsführer eines Unternehmens schuldhaft versäumt, organisatorische Vorkehrungen dafür zu treffen, dass Schäden gegenüber Dritten wegen der Herstellung oder Einführung von Produkten vermieden werden, so kann er im Schadensfall unmittelbar wegen sogenannten Organisationsverschuldens gegenüber den Geschädigten haften. Dann hilft auch der Haftungsschirm der GmbH nichts. Fällt zu guter Letzt auch noch der Versicherungsschutz aus der Produkthaftpflichtversicherung aus (s.o.), ist das Risiko der persönlichen Haftung durchaus real.

Sie haben Rückfragen an Insolvenzrechtsexperte Alexander Görtzel, oder wünschen eine tiefergehende Beratung? Dann nehmen Sie jetzt direkt Kontakt auf.

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