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Vorweg: Krise ist nicht gleich Krise. Neben gesamtwirtschaftlichen Krisen wie der Corona-Pandemie, der Energiekrise oder dem Ukrainekrieg kann eine Krise auch branchen- oder unternehmensbezogen sein, selbst- oder fremdverschuldet, ein akuter Zwischenfall oder ein länger andauernder Krisenmodus. Entsprechend ist auch Krisenkommunikation vielfältig und hochindividuell. Aber unabhängig vom konkreten Krisenszenario gilt: Krisen sind immer eine Bewährungsprobe – und kommunikationsstarke Marken erweisen sich als wirksamer Schutzschirm. Studien belegen, dass Unternehmen, die in der Krise in ihr Marketing investieren, kritische Phasen unbeschadeter überstehen als Mitbewerber, die Budgets kürzen oder streichen. Mehr noch: Diese Unternehmen stehen nicht nur im Vergleich zum Wettbewerb besser da, sondern häufig sogar besser als vor der Krise.
Kommunikationsexperten wissen, dass es unabdingbar ist, das Marketing in schlechten Zeiten zu intensivieren – bei einem Datenleck oder Produktrückruf ebenso wie bei personellen Affären, wirtschaftlicher Schieflage, Öko-Skandalen, ethischen oder sozialen Konflikten. Professionelles Krisenmarketing hilft, als Unternehmen und als Marke Präsenz und Haltung zu zeigen, im Dialog zu bleiben und Botschaften aktiv zu steuern.
Cost Cutting, Wegducken und Aussitzen sind falsche Krisenstrategien, mit fatalen Folgen. Denn jede Krise hat das Potenzial, die Beziehung zwischen der Organisation und ihren Stakeholdern nachhaltig zu erschüttern. In unserer vernetzten Welt werden Informationen in Sekundenschnelle verbreitet – im Worst Case bis hin zum Shitstorm – und gefährden die Reputation. Neben Imageeinbußen und negativer Presse drohen durch den Vertrauensverlust mittelfristig auch ökonomische Konsequenzen wie Absatzeinbrüche, sinkende Aktienkurse oder eine Verschlechterung der Kredit-Bonität. Häufig verursacht dabei nicht der Krisenvorfall selbst den größten Schaden, sondern die unangemessene Reaktion oder unzureichende Kommunikation des Unternehmens.
Ein Paradebeispiel ist der Volkswagen-Konzern, der durch die desaströse Kommunikation rund um die Abgas-Affäre innerhalb kürzester Zeit zwölf Milliarden Euro an Börsenwert verlor. Die soliden Absatzzahlen – nicht zuletzt bedingt durch die Stärke des Konzerns, im vom Dieselskandal weitgehend unbeeindruckten asiatischen Markt - dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass VW Jahre benötigte, um den entstandenen Imageschaden zu beheben: Während die Marke VW im YouGov BrandIndex vor dem Dieselskandal 40 Punkte erreichte und damit deutlich vor BMW rangierte, sank der Index nach dem Skandal im Sturzflug auf 9 Punkte und landete im Automotive-Ranking 22 Punkte hinter BMW. Volkswagen hatte in allen Bereichen verloren, von Preis-Leistungs-Verhältnis bis zum Image als Arbeitgeber. Erst ab 2019 stiegen die Indexwerte wieder in kleinen Schritten an und 2023 konnte sich VW den Rang vor BMW knapp zurückerobern.
Eine professionelle Krisen-Kampagne hilft, ein Informations- oder Vertrauensdefizit aufzufangen oder wenigstens abzufedern, indem Unternehmen die Storyline vorgeben. Wer in Schockstarre verfällt, verliert die Deutungshoheit und verschenkt die Chance, die öffentliche und mediale Wahrnehmung der Krise im Sinne des Unternehmens mitzugestalten und so den Schaden zu begrenzen.
Die Herausforderung: Krisen kündigen sich in der Regel nicht mit großem Vorlauf an. Die für die Krisenkommunikation Verantwortlichen stehen deshalb unter Zeitdruck – umso wichtiger ist es, sich bereits in ruhigem Fahrwasser mit den Grundmechanismen der Krisenkommunikation auseinanderzusetzen und sich präventiv vorzubereiten: Ein Krisen-Kommunikationsplan bildet verschiedene Szenarien ab und definiert Verantwortlichkeiten, Informationslinien, Wording-Regeln und Eskalationsstufen. Auch regelmäßige Trainings helfen, die Reaktionsfähigkeit zu optimieren und Fehler durch blinden Aktionismus zu vermeiden.
Über dieses Rahmenwerk hinaus braucht es aber auch ein gutes Gespür für Taktik und Ton – und das Geschick, die kommunikative Dramaturgie agil zu lenken, statt sich von ihr treiben zu lassen: Wie verzahnen sich ausgewählte Instrumente von PR und Marketing zu einer Krisen-Kampagne, die die Lage beruhigt? Pressemitteilung, Pressekonferenz oder CEO-Videostatement? Plakat oder Anzeige, Social Media oder Influencer-Event? Welche Informationen werden zu welchem Zeitpunkt auf welchem Kanal veröffentlicht? Auf Krisenkommunikation spezialisierte Marketeers leisten hier wertvolle Unterstützung.
Ein gelungenes Beispiel ist das Handling von „Wendler-Gate“ durch Kaufland. Eigentlich ein Horrorszenario für jedes Marketingteam: Die aufwändig produzierte Videokampagne mit Schlagerstar Michael Wendler war gerade angelaufen, als das Promi-Testimonial mit Verschwörungstheorien zum Corona-Virus auffiel. Um die eigenen Unternehmenswerte zu schützen, entfernte Kaufland innerhalb von zwei Stunden (!) den gesamten Wendler-Content aus allen Kanälen und distanzierte sich in einer Social-Media-Kampagne von den Aussagen des Werbepartners. Auch in der anschließenden, durchaus kontroversen Diskussion rund um Werbeethik blieb das Unternehmen mit einer klaren Haltung präsent. Einige Monate später bilanzierte Kaufland, dass die Marke kaum gelitten habe, sondern gerade bei jungen Zielgruppen die Markenwahrnehmung deutlich steigern konnte.
Meine Antwort auf die Frage, ob Unternehmen in der Krise in Marketing investieren sollten: Ja, dann erst recht! Oder um es mit den Worten des legendären Unternehmers Warren Buffett zu sagen: “It takes 20 years to build a reputation and five minutes to ruin it. If you think about that, you'll do things differently.”
Marco Trutter, Brandexperte aus Augsburg, beleuchtet im Rahmen der B4B-Rubrik „trumedia Brand Lab“ regelmäßig die Marketingbranche und gibt konkrete Handlungsempfehlungen für konsistente und nachhaltige Markenkommunikation. Darüber hinaus ist er CEO und Geschäftsführer der trumedia GmbH, die seit 2009 globale Konzerne, mittelständische Unternehmen sowie vielversprechende Start-Ups aus allen Wirtschaftsbereichen – von Automotive über Finance, Food, Fashion und Sports bis hin zu Medical – hinsichtlich Markenführung und -entwicklung unterstützt.