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B4B WIRTSCHAFTSLEBEN SCHWABEN: Wie schätzen Sie die aktuelle Entwicklung am Arbeitsmarkt ein?
Peter Roth: Die Nachfrage nach Fachkräften steigt seit Mitte Juni wieder ganz langsam an. Aber erst wenn die Kurzarbeit in den Betrieben weiter ausläuft, wird sich der Arbeitsmarkt erholen. Entscheidend hierbei wird sein, wie der Strukturwandel in der in der Metall- und Elektroindustrie sowie vor allem in der Automobilindustrie gelingen wird.
Welche Branchen sind in Bayerisch-Schwaben gut durch die Krise gekommen?
Ich denke, die Lebensmittelbranche hat in der Krise vermehrt Fachkräfte für die Bereiche Lager und Warendistribution gesucht. Aber auch in den Bereichen IT, Pharma und Medizin konnten Umsatzsteigerungen erzielt werden. Ebenso diejenigen Bereiche mit hohem Beratungsbedarf, wie beispielsweise Steuerberatung, Controlling und Buchhaltung konnten in der Krise weiterwachsen.
Wie stark ist die Leiharbeit von der Krise betroffen?
Der weltweite Einbruch der Nachfrage, die Schließung der Betriebe und die damit verbundenen kurzfristigen auftragsbedingten Abmeldungen unserer externen Mitarbeiter haben zu einem nie dagewesenen Einbruch geführt. Vor allem das produzierend Gewerbe in der Metall- und Elektroindustrie, die Zulieferbetriebe für den Automobilsektor und der Maschinenbau haben sofort reagiert und unsere Mitarbeiter ab- und parallel Kurzarbeit angemeldet.
Bei vielen Unternehmen droht der Stellenabbau. Kommt die große Entlassungswelle womöglich erst noch?
Ja, ich denke der Strukturwandel in der Automobilbranche wird noch zu viele Entlassungen führen. Die Politik setzt hier zu schnell und zu einseitig auf die Elektromobilität, was zum Verlust von vielen gut bezahlten Jobs in der Automobil- und Zulieferindustrie führen wird.
Wie sieht ihre Prognose für die nächsten Monate aus?
Aktuell geht es in vielen Branchen langsam wieder bergauf. Auch die Produktion läuft sukzessive an, so dass ein großer Teil unserer Mitarbeiter wieder aus der Kurzarbeit zurückgeholt wurde. Die Erfahrungen aus der letzten Krise 2008/2009 hat gezeigt, dass die Arbeitnehmerüberlassung nach einer Krise als einer der Ersten wieder Fahrt aufnimmt. Nicht umsonst wird die Zeitarbeit auch gerne als Konjunkturbarometer bezeichnet. Viele unserer Kundenbetriebe haben noch Einstellungsstopp oder möchten mit Ihrem Personal flexibel bleiben und setzen deshalb vermehrt auf die Zeitarbeit. Darum haben wir schon berechtigte Hoffnung und sind vorsichtig optimistisch, dass wir diesen Aufschwung mitnehmen können. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass sich die Auftragslage in unseren Kundenbetrieben weiterhin so stabil entwickelt und sie wieder vermehrt Personal benötigen. Meiner Einschätzung nach erleben wir bis zum Jahresende eine steigende Nachfrage, aber wir werden erst im letzten Quartal 2021 wieder unser Vorkrisenniveau erreichen.
Das Kurzarbeitergeld wurde verlängert. Bewerten Sie das als positiv oder negativ?
Die Verlängerung der Kurzarbeit war ein richtiger Schritt und ein positives Zeichen. Ich denke, die Politik hat bisher gute Entscheidungen getroffen.
Was entgegnen Sie, wenn Sie darauf angesprochen werden, dass Zeitarbeitsfirmen einen eher schlechten Ruf haben?
Die negative Einschätzung ergibt sich immer nur dann, wenn Zeitarbeit mit reinen Helfertätigkeiten mit sehr kurzen Anlernzeiten und hoher Fluktuation gleichgesetzt wird. Zeitarbeit findet aber in allen Bereichen der Wirtschaft statt – sei es als Facharbeiter, Buchhalter, Arzt, Controller, Techniker oder Ingenieur und überall dort wo Fachkräfte projektbezogen benötigt werden. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Zeitarbeit profitieren flächendeckend von der Tariflöhnen. Die Tarifabdeckung beträgt nahezu 100 Prozent – ausschließlich mit DGB Tarifverträgen. Die allgemeinverbindliche Lohnuntergrenze für ungelernte Tätigkeiten in der Zeitarbeit beträgt im Westen aktuell 10,15 Euro. Damit liegt der unterste Zeitarbeitslohn deutlich über dem gesetzlichen Mindestlohn von aktuell 9,35 Euro. Gut ausgebildete Fachkräfte können in der Zeitarbeit bei einem Einsatz in der Metall und Elektroindustrie nach 15 Monaten bis zu 22,32 Euro verdienen.
Es wird außerdem leicht übersehen, dass die Zeitarbeit für sehr viele Bewerber hervorragende Chancen bereithält einen neuen Job zu finden. Durch die Zeitarbeit werden Brücken gebaut, wodurch auch Menschen eine Chance bekommen, die lange nicht oder noch nie in einer Beschäftigung waren. Beachtet werden muss auch, dass Zeitarbeit kein Stammpersonal verdrängt, sondern zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeiten schafft.
Allgemein denke ich, dass 40 Jahre Vollzeitarbeit in ein und demselben Unternehmen eher der Vergangenheit angehört. Viele Lebensentwürfe sehen heutzutage anders aus.
Wie hat sich das Recruiting für Personaldienstleister in den vergangenen Jahren verändert?
Die Aufgaben und das Handwerkszeug der Recruiter haben sich durch die Digitalisierung stark verändert. Stand früher in erster Linie eher die zwischenmenschliche Kommunikation im Vordergrund, ist es heute ein Mix aus IT-Skills, Wissen über Onlinemarketing, Jobbörsen und Kompetenzen im Networking. Zudem bringt die Digitalisierung in rasender Geschwindigkeit neue Tools und Lösungen hervor, die den Recruiting-Markt verändern. Ich meine damit nicht nur bessere Bewerbermanagementsysteme, sondern vor allem die komplexen Algorithmen der intelligenten Suchmaschinen. Es ist sehr schwer hier am Ball zu bleiben. Das Recruiting ist ständig in Bewegung und es ist kaum möglich, alle Trends und Veränderungen auf Dauer im Blick zu haben.