B4B Schwaben

Holen Sie sich B4BSCHWABEN.de auf Ihr Smartphone.
Klicken Sie auf das Symbol zum „Teilen” in der Toolbar von Safari. Finden Sie die Option „Zum Home-Bildschirm”. Mit einem Klick auf „Hinzufügen” ist die Installation abgeschlossen! Schon ist die Website als App auf Ihrem iOS-Gerät installiert.

B4B Schwaben
 / 
B4B Nachrichten  / 
HospiChef will die Lebensmittelversorgung in Krankenhäusern revolutionieren
Interview

HospiChef will die Lebensmittelversorgung in Krankenhäusern revolutionieren

Von links: Andreas Hartung (CTO), Jan Bodenbach (Co-CEO) und Simon Starfinger (Co-CEO). In der Bildmitte Hund Loki, der „Chief
Von links: Andreas Hartung (CTO), Jan Bodenbach (Co-CEO) und Simon Starfinger (Co-CEO). In der Bildmitte Hund Loki, der „Chief Happiness Officer“. Foto: HospiChef

Das Allgäuer Start-up hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Lebensmittelausgaben von Krankenhäusern zu digitalisieren. Wie dadurch Geld und Ressourcen gespart werden, verraten die Gründer Simon Startfinger, Andreas Hartung und Jan Bodenbach im Interview.

B4BSCHWABEN.de: Was genau verbirgt sich hinter dem Konzept von HospiChef?

Simon Starfinger: Ganz kurz und konkret: Wir digitalisieren die Prozesse des Verpflegungsmanagements in Akutkrankenhäusern und Rehakliniken und wollen dabei helfen, die Prozesse des Verpflegungsmanagements patientennäher, nachhaltiger und datengetriebener zu gestalten.

Ist das momentan etwa noch nicht so?

Simon Starfinger: Heutzutage ist die Speisenversorgung nicht unbedingt patientenorientiert. Wir wollen genau dort ansetzen. Zunächst sorgen wir für eine kostform- und allergiekonforme Verpflegung. Darüber hinaus ermöglicht unsere Patienten-App beispielsweise eine personalisierte Ernährung, die mit analogen Konzepten so kaum möglich wäre. Nicht zuletzt aber auch der immense Speisenverwurf, der bei vielen Kliniken ein Problem ist, war für uns ausschlaggebend. Denn mit HospiChef kann dieser stark verringert werden.

Was hat euch schlussendlich inspiriert, HospiChef zu gründen?

Jan Bodenbach: Die Idee kam uns 2021 im Rahmen eines Hackathons an der Technischen Universität in München. Dort gewannen wir die Sana Kliniken, eine führende Krankenhauskette in Deutschland, als Co-Innovationspartner. Dieses Setup hat es ermöglicht, dass wir mit validierten Problembeschreibungen aus dem Kontext der Speisenversorgung in die Entwicklung starten konnten. Im Kern ging es darum, Prozesse zu optimieren, den Lebensmittelverwurf zu reduzieren, Mitarbeitende zu entlasten und die Patientenzufriedenheit zu steigern. Auf besagtem Hackathon haben wir uns übrigens auch als Gründerteam kennengelernt und sofort bestens verstanden.

Wie lange hat es gedauert, die App zu programmieren?

Andreas Hartung: Als Teil des Hackathons haben wir einen ersten Prototypen der App in wenigen Monaten entwickelt. Die Lösung haben wir parallel zum Studium weiterentwickelt. Seit nun mehr eineinhalb Jahren läuft das System im Echtbetrieb.

Wie sieht dieser Echtbeitrieb im Krankenhaus-Alltag aus?

Andreas Hartung: Zunächst arbeiten wir mit den Krankenhäusern an der Integration unserer Software. Wir kombinieren die Daten aus dem Planungssystem des Krankenhauses, mit den Daten, welche die Patienten in unserer App eingeben. Jeder Patient kann sich mit einem eigenen QR-Code über sein eigenes Smartphone in HospiChef anmelden und dann bereits vor seiner Ankunft im Krankenhaus sein Wunschessen bestellen. Durch die Patientendaten können die Krankenhäuser dann auch hinterlegen, wenn jemand beispielsweise Hilfe beim Essen benötigt, oder wenn bestimmte Speisen aus gesundheitlichen Gründen nicht angeboten werden dürfen. Das erleichtert unserer Meinung nach den Planungsaufwand ungemein, da alle relevanten Daten in einem System ausgespielt werden können. Darüber hinaus wickeln wir auch die Planungs- und Produktionsprozesse im Hintergrund digital ab. Auch die Ernährungsberatung nutzt HospiChef, etwa zur Dokumentation.

Die Idee klingt gut. Aber habt ihr schon Erfahrungen in einem echten Krankenhaus sammeln können?

Jan Bodenbach: Allerdings. Gestartet sind wir im Live-Betrieb vor gut eineinhalb Jahren in einer Münchner Klinik. Mit den erzielten Ergebnissen für Patienten und Krankenhauspersonal sind wir sehr zufrieden. Bis zum Ende des Jahres wollen wir HospiChef daher in mindestens acht weiteren Krankenhäusern ausrollen.

Zu Beginn habt ihr gesagt, dass auch das Thema „Nachhaltigkeit“ in der Verpflegung eine Rolle spielt. Hat sich das auch bewährt?

Simon Starfinger: Uns ist es sehr wichtig, dass wir den Punkt der „Nachhaltigkeit“ auch mit Zahlen belegen können. Denn in vielen Krankenhäusern werden aufgrund der schlechten Planbarkeit und Prozesskomplexität mehr Mahlzeiten produziert, als tatsächlich nötig sind. Mit unserer Software können wir exakter kalkulieren und auch besser stornieren. In unserem Pilothaus haben wir den Speisenverwurf um über 60 Prozent reduziert und damit rund 50.000 Mahlzeiten vor der Mülltonne gerettet. Das spart einem Krankenhaus übrigens jährlich einen sechsstelligen Geldbetrag.

Junge Menschen sind zumeist sehr digital-affin. Aber was ist mit älteren Patienten? Werden die mit einer Smartphone Applikation nicht abgehängt?

Simon Starfinger: Auch viele ältere Menschen verwenden inzwischen Smartphones. Bei den über 70-jährigen sind es sogar gut 70 Prozent. Vielleicht nutzen sie es nicht jeden Tag, aber können zumindest mit den Grundfunktionalitäten gut umgehen.

Und was ist mit den verbliebenen 30 Prozent?

Simon Starfinger: Auch an Krankenhausbetten gibt es teils digitale Terminals, an denen man die Software aufrufen kann. Wir versuchen HospiChef so intuitiv zu gestalten, dass es auch für Menschen, die weniger digital-affin sind, einfach ist, die Software zu bedienen.

Was sind Herausforderungen, die ihr am Markt bewältigen müsst?

Jan Bodenbach: Das Gesundheitswesen ist in Deutschland in vielerlei Hinsicht speziell. Was uns aktuell die größten Kopfschmerzen bereitet, sind die langen Vertriebszyklen aufgrund komplexer Entscheidungsprozesse. Teilweise sind wir gezwungen, an aufwändigen Ausschreibungen teilzunehmen. Das ist alles langwierig, sodass ein Vertragsabschluss teils 24 Monate auf sich warten lässt. Das ist für ein Startup, das schnell wachsen will, hin und wieder frustrierend.

Andreas Hartung: Aber auch schon ganz am Anfang mussten wir uns einer Herausforderung stellen. Denn wir wollten schon relativ früh an den Markt gehen, um Kundenfeedback einholen zu können. Nun brauchen Krankenhäuser aber als Vertragspartner ein Unternehmen als juristische Entität und nicht ein paar Studenten mit einer Idee. Deshalb mussten wir schon sehr früh gründen. Das hat uns mit Sicherheit auch ein paar Türen zu Förderprogrammen zur Existenzförderung geschlossen. Trotzdem glaube ich, es war für uns der richtige Weg.

Das heißt, ihr hattet gar keine externe Unterstützung?

Jan Bodenbach: Die Förderlandschaft ist in Bayern nicht so vorteilhaft wie etwa in Berlin. Trotzdem standen wir nicht mit leeren Händen da. Wir haben mit HospiChef bei diversen Wettbewerben mitgemacht und konnten damit einige Preisgelder für unser Projekt gewinnen.

Einer dieser Wettbewerbe war die Allgäuer Gründerbühne. Was ist euer Fazit dieser Veranstaltung?

Jan Bodenbach: Der Kontakt zur Gründerbühne kam durch ein Gespräch mit der IHK Schwaben zustande. Wir haben an mehreren Bewerbungsrunden teilgenommen und es schließlich bis ins Finale geschafft. Dort konnten wir unser Start-up dann vor einem 500-köpfigen Publikum vorstellen. Das hat richtig viel Spaß gemacht – zumal wir dort auch auf viel positive Resonanz gestoßen sind. Bei unserem Pitch haben wir gefragt, wer im Publikum schon einmal Berührungspunkte mit Krankenhausessen hatte. Dass da die große Mehrheit der Hände nach oben ging, hat gezeigt, wie relevant das Thema tatsächlich ist.

Ihr konntet die Jury sogar so sehr überzeugen, dass ihr den Sonderpreis in der Kategorie „Nachhaltigkeit“ gewonnen habt…

Simon Starfinger: Das große Thema unserer Krankenhäuser ist – wie vorhin erwähnt – der Speisenverwurf. Wir setzen bei HospiChef beispielsweise auf einen ausgeklügelten Algorithmus, der die Planungsgenauigkeit verbessert. Mit eingespartem Essen sinken auch die CO2-Emissionen von Krankenhäusern. Auch das hat mit Sicherheit auf die Bewertung der Jury eingezahlt.

Bislang habe ich den Eindruck, ist mit HospiChef alles so gelaufen, wie ihr es euch vorgestellt habt. Wenn alles so weitergeht: Wo steht ihr in fünf Jahren?

Jan Bodenbach: Das ist natürlich ein Blick in die Glaskugel. Aber wenn alles nach Plan läuft, sind wir in fünf Jahren mit HospiChef in gut 100 Einrichtungen live. Außerdem wäre es denkbar, dass wir auch in andere Segmente des Care-Bereichs expandieren. Unser Produkt könnte schließlich auch in Pflegeeinrichtungen, Kindergärten oder Schulen zum Einsatz kommen. Wir könnten uns außerdem vorstellen, dass HospiChef in Sachen Gesundheit ergänzt wird und man dann eine Art „Ernährungsmediziner in der Hosentasche“ bei sich trägt.

Habt ihr zum Abschluss unseres Gesprächs noch einen Tipp, den jeder kreative Mensch kennen sollte, der darüber nachdenkt, sein Start-up zu gründen?

Andreas Hartung: Am wichtigsten ist das Team. Wer gründet, sollte 100-prozentiges Vertrauen in seine Mitgründer haben. Man sollte aber auch auf Komplementarität achten. Man braucht keine drei IT-Experten für ein Start-up. Aber wer einen IT-Experten, einen Vertriebler und eine Person mit Produkt- und Domänenexpertise im Team hat, ist schon sehr gut aufgestellt.

Simon Starfinger: Glaubt an eure Idee! Ein Unternehmen aufzubauen, kostet viel Mühe. Aber wenn man erst einmal durch das Nadelöhr der Gründung hindurch gegangen ist, gibt es viele Möglichkeiten, sein Produkt an den Markt zu bringen. Und schlussendlich sagen wir: Einfach machen! 

Das gesamte Team von Hospichef. Foto: Hospichef
Das gesamte Team von Hospichef. Foto: Hospichef

Artikel zum gleichen Thema