Holen Sie sich B4BSCHWABEN.de auf Ihr Smartphone.
Klicken Sie auf das Symbol zum „Teilen” in der Toolbar von Safari. Finden Sie die Option „Zum Home-Bildschirm”. Mit einem Klick auf „Hinzufügen” ist die Installation abgeschlossen! Schon ist die Website als App auf Ihrem iOS-Gerät installiert.
B4BSCHWABEN.de: Herr Dieing, Sie wollen den Wald digitalisieren. Was hat man sich darunter vorzustellen?
Dietmar Dieing: Im Prinzip digitalisieren wir den kompletten Lebenszyklus der Pflanzen im Forst. Ein Baum wird in Mitteleuropa im Schnitt 100 Jahre alt. Unsere Software begleitet die Pflanze von der Aussaat bis zum Fällen.
Weshalb ist diese Begleitung notwendig?
Die Aufgabe eines jeden Försters und Forstwirts ist es, seinen Wald gesund zu halten. Eine Überwachung der Pflanzen ist deshalb unerlässlich. Krankheiten oder Schädlingsbefall müssen schnell erkannt werden, um rechtzeitig handeln zu können. Außerdem muss geplant werden, wann wo ausgeholzt wird – und wann wo wieder neue Setzlinge angepflanzt werden. Wenn ein Sturm über einen Wald hinwegzieht, müssen Schäden erkannt werden – all diese Aufgaben werden bei vielen Förstern und Forstwirten analog abgearbeitet. Mit unserer Lösung geht das nun digital. Das ist zuverlässig und spart vor allem Zeit.
Es sind mehrere Bausteine, die ein Gesamtbild des Forsts ergeben. Zunächst fliegen wir mit einer Drohne das Waldstück ab, welches digitalisiert werden soll. Somit erstellen wir Flächenaufnahmen. Die sehen im Grunde so aus, wie Satellitenbilder von Google. Dazu kommen noch verschiedene zusätzliche Layer, wie etwa Hydrokarten, die die Wasserverteilung im Wald beschreiben.
Vorteilhaft an der Drohne ist übrigens auch, dass man von oben Schäden an Bäumen erkennen kann, die ein Forstwirt von unten, wenn er zu Fuß im Wald unterwegs ist, nicht sehen würde.
Nun haben Sie vorhin aber erklärt, dass sie die Pflanzen durch den gesamten Lebenszyklus begleiten wollen. Ein Drohnenbild klingt für mich aber eher wie eine Momentaufnahme…
Das mag auf den ersten Blick vielleicht so klingen. Jedoch ist ein Forstwirt ja nicht den ganzen Tag im Wald unterwegs und sucht nach Schäden an den Bäumen. Jede Forsteinrichtung führt Buch. Dort ist vermerkt, wann welcher Baum gepflanzt wurde, wann welche Routine-Einsätze durchgeführt werden und vieles mehr. Diese Datenbanken und Dokumente digitalisieren wir ebenfalls und führen sie inhaltlich mit den Drohnennaufnahmen, die im Übrigen ja nicht nur ein Mal gemacht werden, zusammen, sodass ein Gesamtbild entsteht, mit welchem der Forstwirt gut arbeiten kann.
Tatsächlich war es für mich ein ganz pragmatischer Auslöser. Ich selbst habe einen eigenen Forstbetrieb mit einigen Mitarbeitern und eigenem Maschinenpark. Das ist keine 100-Millionen-Euro-Umsatz-Firma, sondern ein ganz normaler mittelständischer Betrieb. Trotzdem sind wir – meine Brüder und ich – praktisch das ganze Wochenende damit beschäftigt, im Büro alles für unseren Forstbetrieb auf die Reihe zu bekommen. Der Aufwand ist da im Vergleich zum Ertrag groß. Deshalb haben wir beschlossen eine Lösung zu finden. Mein Bruder ist Digitalisierungsleiter, ich komme aus dem Vertrieb eines Maschinenbauers – damit hatten wir schon eine gute Basis.
Wie lange hat es von der Idee bis zum Release gedauert?
Insgesamt waren es gut sieben Jahre. Aber das war es wert! Unseren Release haben wir auf der Interforst in München gefeiert. Dort haben wir bereits zahlreiche Anfragen von Waldbesitzern, Unternehmern, Forstservices und Forstwirten bekommen. Die Idee kommt also an.
Das Fazit war konstruktiv. Denn all unsere Kunden haben uns auch zugestanden, dass wir ein Start-up sind. Das heißt, wir konnten gemeinsam an Verbesserungen arbeiten. Die Entwicklung von Wood.In.Vision gemeinsam mit unseren Kunden zu sehen macht uns stolz.
Was war die größte Herausforderung für Ihr junges Unternehmen?
Schwierig war es für uns, in kurzer Zeit die richtigen Mitarbeiter an Bord zu bekommen. Wir haben Kollegen gebraucht, die in verschiedenen Feldern Erfahrung und Fachkenntnis mitbringen. Schlussendlich konnten wir aber ein stabiles und motiviertes Team aufstellen und können heute gut gemeinsam arbeiten.
Bei den Drohnenaufnahmen wollen wir künftig auf Künstliche Intelligenz setzen. Bislang müssen die Aufnahmen manuell ausgewertet werden. Wenn aber eine KI-Schäden an Bäumen zuverlässig erkennen könnte, wäre wieder wertvolle Zeit gespart.
Können Sie eine Prognose abgeben, wo Sie in fünf Jahren stehen möchten?
Wenn alles nach Plan verläuft, möchten wir 2028 der Marktführer in der DACH-Region sein. Vielleicht sind wir dann auch schon so weit, unser Produkt in den nicht-deutschsprachigen Raum zu vertreiben. Wälder gibt es anderswo schließlich auch.
Es war auf jeden Fall eine spannende Erfahrung. Allerdings muss man auch sagen, dass wir kein „normales“ Start-up sind. Denn üblicherweise werden auf derlei Events Einzelprodukte vorgestellt. Bei uns ist es aber ja eher eine Branchenlösung. Und so eine Lösung in fünf Minuten zu erklären ist schon anspruchsvoll. Gerade weil es eine Software ist, die für den Alltag vieler Menschen keine Relevanz hat. Aber das Publikum war unserer Idee gegenüber sehr offen und interessiert.
Start-ups – egal ob mit Einzelprodukten oder Branchenlösungen – arbeiten in der Regel sehr zukunftsorientiert. Können Sie eine Prognose abgeben, wie sich die Forstwirtschaft künftig in unserer Region verändern wird?
Das Klima wird in unserer Region – also im Allgäu – wärmer und trockener. Das hat massive Auswirkungen auf die Pflanzenwelt. Ich bin mir sicher, dass die Fichte in weiten Teilen Deutschlands mittelfristig aussterben wird. Andere Bäume, die an dieses Klima besser angepasst sind, werden folgen. Ich glaube aber auch, dass wir die bestehenden Bäume an sich besser schützen können. Denn durch digitale Lösungen kann man einen Käferbefall zum Beispiel relativ zügig feststellen und auch entsprechend schnell handeln. Somit können größere Schäden vermieden werden.
Waldbesitzer sollten schnell handeln. Der Wald ist ein Ökosystem, das sehr langsam wächst. Die Rahmenbedingungen ändern sich aber schnell. Ich halte es deshalb für sinnvoll, wenn sich Waldbesitzer jetzt schon Gedanken machen, wie künftig ein mehr durchmischter Wald aussehen kann.
Haben Sie auch zum Abschluss unseres Gesprächs Tipps für junge Menschen, die gerade darüber nachdenken, ihr eigenes Start-up zu gründen?
Meine größte Empfehlung ist: Analysieren Sie den Markt und Ihr Umfeld. Idealerweise haben Sie ein Produkt, welches Ihrer Zielgruppe einen echten Mehrwert bringt – und beweisen Sie, dass es einen Mehrwert hat. Und glauben Sie nicht, dass Sie alles selbst schaffen können, sondern suchen Sie sich rechtzeitig Fürsprecher, die Sie und Ihre Idee unterstützen. Wenn Sie dies beisammen haben, haben Sie durchaus die Chance ein erfolgreiches Unternehmen an den Start zu bringen.