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Tarifstreit bei Oettinger: Wie kann es jetzt weitergehen?
Interview

Tarifstreit bei Oettinger: Wie kann es jetzt weitergehen?

Peter Umbach, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner bei UP Rechtsanwälte. Im Interview ordnet er ein, wie es im Tarifstreit zwischen der Brauerei Oettinger und der NGG jetzt weiter gehen kann. Foto: UP Rechtsanwälte
Peter Umbach, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner bei UP Rechtsanwälte. Im Interview ordnet er ein, wie es im Tarifstreit zwischen der Brauerei Oettinger und der NGG jetzt weiter gehen kann. Foto: UP Rechtsanwälte

Die Gewerkschaft NGG bereitet sich auf Streiks bei der Baurerei Oettinger vor. Denn die Schlichtung ist gescheitert. Peter Umbach, Fachanwalt für Arbeitsrecht, erklärt im Interview, wie es jetzt weiter gehen kann.

B4BSCHWABEN.de: Wie oft kommt es vor, dass eine Schlichtung scheitert?

Peter Umbach: In der aktuellen Berichterstattung wird häufig über das Scheitern von Schlichtungsverfahren berichtet. In der Tat scheitert etwa ein Drittel der Schlichtungen in der Arbeitswelt, insbesondere wenn wesentliche Themen wie Arbeitszeitregelungen und Löhne betroffen sind. Beispielsweise zeigt der Fall Oettinger, wie faktische Differenzen zwischen Arbeitgeber und Gewerkschaft schnell zu einer gescheiterten Schlichtung führen können, wenn keine Einigung über wesentliche Bedingungen erzielt wird. Zu einem Scheitern kommt es dann, wenn eine oder beide Parteien ihre Interessen in dem Schlichterspruch nicht ausreichend wahrgenommen sehen. Dazu müssen aber auch beide ihre Interessen klar benennen. Nur diese können berücksichtigt werden.

Wie geht es nach einer gescheiterten Schlichtung weiter?

Nach dem Scheitern der Schlichtung bei Oettinger ist eine Eskalation der Konflikte möglich. Laut den jüngsten Berichten plant die NGG, Streiks anzusetzen. Das kann im rechtlichen Rahmen durch das Tarifvertragsgesetz gestattet sein, solange die Gewerkschaft zuvor verhandelt hat. Die Arbeitgeberseite sieht hier ein taktisches Vorgehen der Gewerkschaft. Der NGG fehlt eine ausgleichende Regelung für die potenzielle Mehrarbeit. Es besteht die Möglichkeit, dass nach einer bestimmten Frist weitere Verhandlungen oder ein erneutes Schlichtungsverfahren initiiert werden, immerhin haben beide Parteien noch Gesprächsbedarf. Von außen kann man nur spekulieren, ob tatsächlich bisher alle Möglichkeiten der Parteien ausgereizt wurden. Es wäre nicht überraschend, soweit im Laufe der Schlichtung eine Dynamik entsteht, die vorübergehend eine Lösung unmöglich erscheinen lässt. Dies bedeutet nicht, dass es nicht doch zu einer Einigung kommen kann.

Lesen Sie hier:Schlichtung bei Oettinger gescheitert – NGG bereitet Streiks vor

Was kommt auf die Mitarbeitenden jetzt zu?

In Anbetracht der aktuellen Situation müssen sich die Mitarbeitenden bei Oettinger auf die wahrscheinliche Möglichkeit von Arbeitskämpfen einstellen. Dies könnte unmittelbare Auswirkungen auf ihre Arbeitsbedingungen und ihr Einkommen haben, da sie möglicherweise während der Streikperioden nicht bezahlt werden.

Kann das Unternehmen etwas gegen erneut drohende Streiks tun oder kann die Gewerkschaft unendlich streiken?

Wie aus den aktuellen Entwicklungen hervorgeht, hätte das Unternehmen die Möglichkeit, durch ein geändertes Angebot im Vergleich zum Schlichterspruch, auf die Gewerkschaft zuzugehen, um die drohenden Streiks abzuwenden. Die Stimmung ist sehr aufgeheizt. Daher ist es unwahrscheinlich, dass Streiks verhindert werden könnten, auch wenn Streiks erheblichen wirtschaftlichen Einfluss auf das Unternehmen haben. Dennoch sind Streiks in Deutschland an rechtliche Voraussetzungen gebunden, und eine unendliche Streikdauer wäre rechtlich problematisch. Die Gewerkschaft NGG muss legitime Gründe für Streiks anführen, und eine Eskalation ohne das Vorliegen solcher Gründe könnte rechtliche Rückschläge nach sich ziehen.

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Was bedeutet die Situation für die Mitarbeitenden bei Oettinger gerade rechtlich? Der alte Manteltarifvertrag war von der Brauerei gekündigt worden, ein neuer ist noch nicht beschlossen.

Derzeit befinden sich die Mitarbeitenden rechtlich in einer schwierigen Situation. Da der alte Manteltarifvertrag durch die Brauerei Oettinger gekündigt wurde, gilt dieser nur noch im Rahmen der Nachwirkung fort. Dies bedeutet, die alten Regelungen des Manteltarifvertrages gelten bis zum Abschluss des neuen weiter, jedoch kann davon einzelvertraglich auch zum Nachteil des Arbeitnehmers abgewichen werden. Den finalen Schutz bieten dann nur noch die individuellen Arbeitsverträge. Die aktuelle Berichterstattung lässt darauf schließen, dass die Mitarbeitenden ohne zwingende kollektive Vereinbarungen dastehen, was zu Unsicherheiten hinsichtlich ihrer Arbeitsverhältnisse und -rechte führen kann. Der Vollständigkeit halber muss ich jedoch darauf hinweisen, dass der Versuch, einzelvertraglich die bisherigen Regelungen des Manteltarifvertrages zu unterlaufen, ein sehr schlechtes Licht auf den Arbeitgeber werfen würde. Ich rechne nicht damit, dass dies passiert.

Wie kann so ein Konflikt noch gelöst werden, wenn selbst eine Schlichtung gescheitert ist?

Nicht nur die Mitarbeitenden haben eine rechtlich unsichere Situation. Das Ziel des Unternehmens, in der Hochsaison die Arbeitszeiten zu erhöhen, ist vorliegend nicht ohne Weiteres möglich. Daher haben beide Seiten ein Interesse daran, eine Lösung zu finden. Der gescheiterte Schlichtungsprozess erfordert kreatives Denken für eine Lösung. Die Gewerkschaft könnte Alternativvorschläge an die Brauerei unterbreiten, möglicherweise in Form einer Mediation. Nach meiner Erfahrung kann es zu einer Lösung kommen, wenn sowohl das Unternehmen als auch die Gewerkschaft ihre jeweiligen Ziele formulieren und anhand dieser Ziele eine Lösung erarbeitet wird, die beide Seiten berücksichtigt. Die Berichterstattung zeigt, dass die Bereitschaft, Verhandlungen zu führen, entscheidend ist, um eine Eskalation zu vermeiden und einen Kompromiss zu finden.

Könnte direkt wieder ein neues Schlichtungsverfahren starten?

Ja, nach dem Scheitern der Schlichtung ist es durchaus möglich, ein neues Schlichtungsverfahren zu starten. Der rechtliche Rahmen erlaubt dies, und es wäre im Interesse beider Seiten, einen erneuten Versuch zur Konfliktlösung zu unternehmen. In den Berichten wird auch diskutiert, dass eine erneute Schlichtung unter Umständen von beiden Seiten als Chance gesehen werden könnte, um die Situation zu entschärfen, bevor sie sich weiter zuspitzt. Ich wünsche den Parteien ein gutes Händchen und viel Glück bei den Verhandlungen, da Oettinger für die gesamte Region ein wichtiger Arbeitgeber ist und eine Einigung eine große Strahlkraft für ganz Schwaben hätte.

Peter Umbach ist Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der Kanzlei UP Rechtsanwälte. Er berät seit 25 Jahren Unternehmen, Unternehmer und auch Betriebsräte bei komplexen rechtlichen und/oder strategischen Fragestellungen des Individual- und Kollektivarbeitsrechts.

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