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Besiegt dieses neue Gesetz den Fachkräftemangel in Nordschwaben?
Interview

Besiegt dieses neue Gesetz den Fachkräftemangel in Nordschwaben?

Von links: Norbert Gehring, Geschäftsführer der Agentur für Arbeit Donauwörth und Marco Iaconisi, Teamleiter im Arbeitgeberservi
Von links: Norbert Gehring, Geschäftsführer der Agentur für Arbeit Donauwörth und Marco Iaconisi, Teamleiter im Arbeitgeberservice der Agentur für Arbeit Donauwörth. Foto: Agentur für Arbeit Donauwörth

Norbert Gehring ist Geschäftsführer der Agentur für Arbeit Donauwörth. Marco Iaconisi ist Teamleiter im Arbeitgeberservice der Agentur für Arbeit. Im Interview verraten Sie, welche Chancen das neue Qualifizierungschancengesetz für Arbeitgeber hat.

B4BSCHWABEN.de: Derzeit erfährt das „Qualifizierungschancengesetz“ immer größere Aufmerksamkeit bei den Unternehmern in der Region. Worum handelt es sich dabei genau?

Norbert Gehring: Das Gesetz soll die Arbeitgeber in der Qualifizierung ihrer Mitarbeitenden unterstützen. Es wurde in den letzten Jahren laufend verbessert und in seinen Leistungen für Arbeitgeber und Beschäftigte deutlich attraktiver. Wir haben in Deutschland ein hohes Bildungsniveau. Mit Unterstützung des Qualifizierungschancengesetz verpassen die Beschäftigten und die Arbeitgeber nicht den Anschluss, an die neuen Entwicklungen und Herausforderungen der Arbeitswelt.

Was hat sich also konkret geändert?

Marco Iaconisi: Früher musste eine förderbare Umschulung auf zwei Drittel der gesamten Weiterbildungsdauer verkürzt werden. Sprich, wenn eine Ausbildung drei Jahre gedauert hätte, musste die Umschulung in zwei Jahren gemacht werden. Nicht verkürzbare Umschulungen konnten nicht gefördert werden. Nun kann eine Umschulung auch ohne Verkürzung von Beginn an über die komplette Ausbildungsdauer gefördert werden. Damit schaffen die Teilnehmenden leichter den Abschluss. Und wenn sie den Abschluss schaffen, dann gibt es on top noch eine Weiterbildungsprämie.  

Wie hoch ist diese Prämie?

Norbert Gehring: Eine Umschulung sichert den Arbeitsplatz und bietet Chancen sich weiter zu entwickeln. Für Teilnehmende an einer Umschulung gibt es 1.000 Euro, wenn die Zwischenprüfung bestanden wird. Dazu kommen bei einer bestandenen Abschlussprüfung noch einmal 1.500 Euro. Die Prämie ist eine schöne zusätzliche Motivation für die Teilnehmenden.

Nun sind viele Unternehmer auf der Suche nach Fachkräften. Inwiefern helfen da die Qualifizierungen?

Marco Iaconisi: Im optimalen Fall wird ein Arbeitgeber selbst zum „Fachkräftemacher“! Nach dem Motto „Vom Helfer zur Fachkraft“ ermöglicht er seinen Mitarbeitenden durch die Qualifizierung ein Fachkraft zu werden. Der absolute Vorteil ist, dass dieser sich in seinem Betrieb bereits auskennt und später als Fachkraft keine lange Einarbeitungsphasen nötig hat. Wenn dann der Arbeitgeber die Helferstelle wiederbesetzen möchte, unterstützen wir sehr gerne bei der Suche nach der passenden Person.

Was ist dann die konkrete Rolle der Arbeitsagenturen?

Marco Iaconisi: Unsere Aufgabe ist es, Unternehmen bestmöglich im Vorfeld zu beraten. Dabei geht es um vielfältige Themen, wie z.B. Informationen über Qualifizierungsmöglichkeiten und Angebote, Möglichkeiten der Nachbesetzung von Stellen, wenn sich Arbeitnehmer durch eine Qualifizierung auf eine andere Position im Unternehmen weiterentwickeln und natürlich auch um Möglichkeiten der finanziellen Unterstützung durch die Agentur für Arbeit.

Was sind übliche Probleme, mit denen Unternehmen zu Ihnen kommen?

Norbert Gehring: Sehr häufig ist der Einstieg in eine tiefergehende Beratung zum Thema Qualifizierung und Fördermöglichkeiten der akute Personal- und Fachkräftebedarf. Hier kann dann ein Gespräch über die Mitarbeiterstruktur und anstehende Veränderungen im Unternehmen Aufschluss darüber bringen, ob eine Weiterqualifizierung von Mitarbeitenden, die bereits im Unternehmen sind, ein möglicher Baustein bei der Problemlösung sein kann. In welche Richtung qualifiziert wird, sprich welche Strategie ein Unternehmen mit einer Weiterbildungsmaßnahme verfolgen will, muss vorab geklärt werden. Ich finde die Qualifizierung und Förderung ist außerdem eine tolle Möglichkeit, über eine Weiterentwicklung und vielleicht auch mit einer dadurch einhergehenden Gehaltsverbesserung die Motivation und Bindung der Mitarbeitenden zu fördern.

Entstehen dadurch für die Mitarbeiter finanzielle Einbußen?

Norbert Gehring: Nein, die Mitarbeitenden bekommen weiterhin ihr bisheriges Gehalt fortgezahlt. Für die Unternehmen überwiegen auch die Vorteile. Denn im Regelfall erfolgt der Erwerb des Berufsabschlusses im Betrieb und der Mitarbeitende bleibt auch weiterhin im Unternehmen. Die Weiterbildungskosten werden bei einer Umschulung zu 100 Prozent von der Agentur für Arbeit übernommen, das gilt auch für einen Großteil der Lohnkosten. Bei sogenannten Anpassungsqualifizierungen übernehmen wir Qualifizierungskosten und Lohnausfall, je nach Unternehmensgröße, anteilig.

Wie oft wurde das Konzept in Ihrer Agentur inzwischen wahrgenommen?

Marco Iaconisi: Insgesamt kommt das Konzept gut an. Stand September haben wir 2023 circa 220 Qualifikationen betreut. Das ist schon ein guter Anfang. Insbesondere kleine und mittlere Betriebe kennen oft diese Weiterbildungsförderung nicht. Auch scheuen manche Betriebe den „vermeintlich“ hohen administrativen Aufwand. Eine unverbindliche Beratung bei uns im Arbeitgeberservice hat schon so manchen Arbeitgeber überzeugt, sich selbst als „Fachkräftemacher“ zu erkennen.

Wie viele Fachkräfte fehlen denn in Nordschwaben derzeit?

Marco Iaconisi: Wir haben insgesamt in Nordschwaben rund 2.500 offene Stellen. Davon sind 60 Prozent für Fachkräfte, 20 Prozent Stellen für Spezialisten und 20 Prozent für andere Arbeitskräfte. Die ein oder andere dieser offenen Stellen kompensieren wir schon durch entsprechende Maßnahmen. Dennoch sind Qualifizierungen nicht die alleinige Lösung für den Fachkräftemangel, sondern lediglich ein Baustein.

Gibt es weitere Bausteine, die wünschenswert wären?

Norbert Gehring: Aus unserer Sicht ist es elementar, dass Unternehmen weiterhin Ausbildungsplätze anbieten, auch wenn es nicht jedes Jahr klappt, den geeigneten Auszubildenden sprich die zukünftige Fachkraft zu finden. Außerdem sind New Work Konzepte wichtig. Unternehmen, die zum Beispiel flexible Arbeitszeiten anbieten, tun sich in der Regel leichter, Personal zu finden. Mein Rat an Unternehmer ist deshalb: „Machen Sie Ihre Firma attraktiv und stellen Sie das was Sie ausmacht in den Vordergrund bei der Personalsuche, wenn Sie dem Fachkräftemangel etwas entgegensetzen wollen!“

Viele Fachkräfte kommen seit einigen Jahren aus dem Ausland. Funktioniert die Eingliederung immer reibungslos?

Marco Iaconisi: Leider nicht. Das Bild, das sich uns zeigt, ist recht ambivalent. Es gibt zum Beispiel durchaus Menschen, die auf der Flucht ihr Universitätsdiplom mit nach Deutschland gebracht haben und in eine passende Stelle starten können. Wir erleben es aber auch oft, dass Menschen aus dem Ausland zwar fachlich kompetent sind – aber deren Berufsabschlüsse hier nicht oder nur teilweise anerkannt werden. Das liegt hauptsächlich an den unterschiedlichen Bildungssystemen der Länder. Die Abschlüsse sind kaum vergleichbar. Aber auch bei der Qualifizierung zur Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen leisten wir Unterstützung.

Fazit: Beschäftigtenqualifizierung ist für Arbeitgeber wie auch für Arbeitnehmenden absolut wichtig!

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