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B4BSCHWABEN.de: Frau Hitzler, was verbirgt sich hinter dem Begriff „New Education“?
Stefanie Hitzler: New Education ist kein feststehender Begriff. Ich persönlich spreche auch lieber von „Neuer Bildung“, als von „New Education“. Denn dieser Anglizismus schafft schon oft eine Erwartungshaltung, die viel zu hoch angesetzt ist. Neue Bildung – oder New Education – beschreibt Prozesse, bei denen es um die Modernisierung, Weiterentwicklung, von traditioneller Bildung geht. Es geht um die Optimierung unf Verbesserung von Lernprozessen, Lerndesign, aber auch um eine neue Zielausrichtung.
Das heißt es gibt einen Bogen zu „New Work“, wo es ja auch um neue Konzepte im Arbeitsleben geht?
Ganz genau. Beide Begriffe hängen eng zusammen. New Work bedeutet für mich, dass die Anforderungen der neuen Arbeitswelt mit einer gesteigerten Kompetenzorientierung einhergehen. Wir müssen uns, wenn wir von neuer Bildung reden, deshalb immer im Klaren sein, dass die „Halbwertszeit“ von Wissen jüngst extrem abgenommen hat. Dieser Prozess wird sich in der näheren Zukunft auch nicht umkehren.
Das heißt, inhaltliches Wissen verliert an Bedeutung gegenüber dem Wissen, was tatsächlich Handlungskompetenzen beinhaltet. Stichwort: lebenslanges Lernen. Es geht also um die Frage, mit welchen Kompetenzen können wir nicht nur in der neuen Arbeitswelt bestehen, sondern auch in den neuen Anforderungen an Wissen bestehen?
Was für eine Anforderung kann das im Berufsalltag sein?
Wenn heutzutage am Arbeitsplatz neue Anforderungen gestellt werden, kann man nicht mehr darauf warten, sich eine Schulung genehmigen zu lassen und darauf zu setzen, dass es genau auch noch die passende Schulung für dieses Spezialwissen gibt. Man hat keine Zeit, sich wochenlang in diese Schulung zu setzen und dann erst mit dem Transfer die tägliche Arbeit anzufangen. Als ganz konkretes Beispiel: Würde man für eine neue Software diesen Modus durchlaufen, kann es gut sein, dass nach dessen Abschluss die Software bereits ein Update hat und das Gelernte gar nicht mehr anwendbar ist.
Wir brauchen die Kompetenz, schnell auf Wissensanforderungen zu antworten. Nehmen wir ein anderes Beispiel. Etwa die Frage „wie schaffe ich mir selber Lösungen für Wissenslücken?“. Klassisch wäre es, zu googlen. Eine Möglichkeit, die es vor dreißig Jahren so überhaupt nicht gegeben hat. Die Möglichkeiten zu lernen haben sich also verändert – die Lernlandschaften aber nicht überall. Ein neues Lerndesign und eine neue Methodik mit neuer Technologie bieten also gewaltige Chancen. Lernen kann künftig viel individueller gestaltet werden.
Können Sie ein Beispiel für eine neue Methodik nennen?
Ein Beispiel wäre Gamification. Denn spielerisch lernen funktioniert nicht nur bei Kindern und Jugendlichen. Das Konzept „Lernen macht Spaß“ klappt bei allen Menschen – und erzielt hervorragende Ergebnisse. Auch der Einsatz von KI ist ein neues Konzept mit viel Potential für die Zukunft. Wenn eine KI identifizieren kann, welcher Lerntypus ich bin, kann sie mir bessere Vorschläge für interessantere und zielorientierte Lerndesign machen.
Ich würde nicht sagen, dass neue Bildung eine altersbedingte Thematik ist. Man hört zwar oft, das junge Menschen sich vermeintlich besser an neue Konzepte anpassen können. Was man aber vergisst ist, dass unsere Schulbildung noch immer auf traditionelle Konzepte setzt. Wissensvermittlung ist bei uns als Top-Down angelegt ist. Darauf sind auch Unternehmen folgerichtig ausgelegt. Die größere Herausforderung ist also, die neuen Anforderungen, die bereits jetzt wichtig sind, gut umgesetzt zu bekommen.
Was heißt das genau?
Es spielt keine Rolle, ob man in einem traditionellen Bildungs- und Lernsystem sozialisiert wurde. Fakt ist, Wissensbestände können ohne lebenslanges Lernen nicht so gepflegt werden, wie sie es müssten. Und besonders in Hinblick auf den Fachkräftemangel ist es essentiell, dass sich Unternehmer Zeit nehmen, Kompetenzanalysen bei ihren Mitarbeitern durchzuführen.
Hier geht es aber eben nicht nur Wissenskompetenzen, sondern auch um Kompetenzen, die das auffangen, was inhaltliches Wissen nicht abbilden kann. Das wären etwa Lernkompetenzen, Kommunikationskompetenzen, Teamfähigkeit etc. Das alles sind Fähigkeiten, die immer mehr an Bedeutung zunehmen. Ohne gute Teams können keine Lösungen entwickelt werden, die die Probleme von morgen lösen können.
Ganz grundsätzlich glaube ich, wir identifizieren vieles gar nicht als Lernprozess, was eigentlich ein Lernprozess ist. Wir reden oft von Lernen, wenn man sich starr neues Wissen aneignet. Zum Beispiel beim Vokabeln auswendig lernen. Man befindet sich aber auch in einem Lernsetting, wenn man zum Beispiel in einem Workshop gemeinsam neue Ansätze erarbeitet. Es geht also eher darum, Lernsettings zu entwickeln, um Menschen eine Möglichkeit anzubieten, zu lernen.
Was macht ein erfolgreiches Lernsetting aus?
Ein gutes Lernsetting generiert Erfolgserlebnisse. Das funktioniert zum Beispiel bei projektbasiertem Lernen. Wenn ein Projekt, bei dem ich neue Kompetenzen erlernt habe, erfolgreich abgeschlossen wird, ist das eine positive Erfahrung, die man gerne wiederholt. Um es auf den Punkt zu bringen: Das optimale Lernsetting ist individuumszentriert, an persönlichen Möglichkeiten und tatsächlichen Bedarfen ausgerichtet, und ist durch einen gewissen Methodenmix abwechslungsreich gestaltet.
Nun sind Weiterbildungen bei Berufseinsteigern wichtige Bausteine, wenn es darum geht ein guter Arbeitgeber zu sein. Wie setzt man diese richtig um?
Am wichtigsten ist es, mit Bildungsprojekten Perspektiven zu schaffen. Wir erleben immer wieder in unserem Berufsalltag, dass Unternehmen erst eine bestimmte Zeit der Berufszugehörigkeit oder Unternehmenszugehörigkeit voraussetzen, bis ein Entwicklungsprozess einsetzt. Aber den Bildungsprozess darf man niemals unterbrechen. Gerade für Berufseinsteiger eignet sich zum Beispiel ein Mentoring-Programm mit erfahreneren Kollegen. Oder es gibt auch Möglichkeiten, Berufseinsteiger als Wissensgeber für neues Wissen miteinzubinden. Schließlich kommen sie vielleicht gerade von der Uni, oder einer technischen Schule und haben da neuen Input mitgebracht.
Sehr sogar. Ein Beispiel wäre die Technische Hochschule Augsburg. Hier hat sich auch eine Einrichtung entwickelt, die sich sehr viel mit Studientransfer beschäftigt. Ideen und Projekte der Studierenden werden da direkt in Unternehmen gebracht und weiterdiskutiert. Und das ist genau das, was ich unter Neuer Bildung verstehe: Die Studierenden lernen innerhalb von Projekten in Praxisprojekten, das, was sie sonst in Vorlesungen theoretisch lernen oder ergänzen dieses Wissen. Die Unternehmen bekommen tolle Projektvorschläge und schaffen gemeinsam neue Lösungen.