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B4BSCHWABEN.de: Wie viele Ausbildungsplätze gilt es im September 2023 in Schwaben besetzen?
Dr. Christian Fischer: Im vergangenen Ausbildungsjahr waren 8.700 neue Ausbildungsverhältnisse geschlossen worden. Wir gehen davon aus, dass es in diesem Jahr nochmals einen Zuwachs bei den neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen geben wird. Aktuell sind bereits fast 6.500 Verträge bei der IHK Schwaben eingegangen. Zum gleichen Zeitpunkt im Vorjahr waren es knapp über 6.200 gewesen.
Wie sieht das Verhältnis zwischen freien Ausbildungsplätzen und potenziellen Bewerbern aus?
Die Anzahl der angebotenen Ausbildungsplätze dürfte die Zahl der tatsächlich abgeschlossenen Ausbildungsverträge deutlich übersteigen. Laut einer IHK-Umfrage hat mehr als die Hälfte der Unternehmen in Bayerisch-Schwaben im Ausbildungsjahr 2022/2023 nicht alle Ausbildungsplätze besetzen können. Nach Schätzungen des BIHK kommen auf jeden noch unversorgten Bewerber in Bayern 2,5 offene Ausbildungsstellen. Aktuell sind allein für Bayerisch-Schwaben noch mehr als 1.300 offene Ausbildungsplätze in der IHK-Lehrstellenbörse eingetragen.
Vor allem im Handel, in der Logistik, in der Industrie und der Dienstleistungsbranche suchen die Unternehmen nach Nachwuchs. Den größten Zuwachs bei den abgeschlossenen Ausbildungsverträgen (plus 29 Prozent) hat aktuell das Hotel- und Gaststättengewerbe. Allerdings war es hier während der Corona-Krise zu einem massiven Einbruch gekommen. Auch Industriebetriebe weiten ihr Ausbildungsangebot derzeit massiv aus. Sie reagieren damit auf den Fachkräftemangel und wollen mit ihrem Engagement dem entgegenwirken.
Welche Branchen tun sich traditionell am einfachsten, ihre Ausbildungsstellen zu besetzen?
Pauschal lässt sich das nicht sagen. Inzwischen ist es auch in Branchen, in denen Ausbildungsplätze früher oft Jahre im Voraus vergeben waren, schwieriger, geeignete Bewerber zu finden.
Sicherlich gibt es Berufsbilder wie etwa Kaufmann/-frau für Bürokommunikation oder Kfz-Mechatroniker, die bei den jungen Menschen bekannt sind und dementsprechend viel Zulauf erfahren. Allerdings ist hier auch das Angebot größer. Die Besetzung eines Ausbildungsplatzes ist heute quer durch alle Branchen und Berufsbilder kein Selbstläufer mehr.
Es kommt daher für die Unternehmen mehr denn je darauf an, den jungen Menschen ein attraktives Ausbildungsangebot zu unterbreiten und sich entsprechend zu positionieren. Sind die Unternehmen als Ausbildungsbetriebe bekannt? Werden sie als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen? Haben sie Kontakte in die Schulen, sind sie bei Jobmessen präsent und bieten sie Praktika an? Mit diesen Fragen müssen sich Unternehmen aus allen Branchen heute intensiv auseinandersetzen.
Das Azubi-Recruiting hat in den Unternehmen enorm an Bedeutung gewonnen. Die IHK Schwaben unterstützt die Unternehmen mit vielen Angeboten und bietet zahlreiche Plattformen, um das Ausbildungsangebot digital und analog bekannt zu machen. Zu den Angeboten gehören neben der IHK-Lehrstellenbörse auch der Firmenguide, in dem alle Ausbildungsbetriebe der Region zu finden sind, oder die Berufsorientierungsmesse fitforJOB. Zudem beraten wir Unternehmen, etwa rund um das Thema Praktikum.
Kommen diese Angebote gut an?
Wie unsere Umfrage zeigt, nutzen die Unternehmen in Bayerisch-Schwaben diese Angebote rege. Drei Viertel der Unternehmen gaben an, die Zahl der Schülerpraktika erhöht zu haben. Mehr als 40 Prozent nutzen verstärkt Veranstaltungen, um auf ihr Ausbildungsangebot aufmerksam zu machen, jedes Vierte setzt dabei auch auf digitale Informationsangebote. Um den Bedürfnissen der jungen Generation gerecht zu werden, verändert sich auch die Ausbildung in den bayerisch-schwäbischen Betrieben. Fast 70 Prozent der befragten Unternehmen gaben an, flachere Hierarchien eingeführt zu haben. Mehr als die Hälfte hat den Einstellungs- und Rekrutierungsprozess verändert. Die Ausstattung der Arbeitsplätze mit modernerer Technik und materielle Anreize sind für jeweils rund die Hälfte der Betriebe wichtige Stellschrauben. Fast 30 Prozent der Befragten gaben an, Projekte für Azubis, etwa im sozialen Bereich, eingeführt zu haben. Fast ein Viertel der Unternehmen hat neue Lehr- und Lernkonzepte ausgearbeitet.
Was unsere Bildungsberater aus persönlichen Gesprächen mit den Auszubildenden mitnehmen, ist, dass neben der inhaltlichen und fachlichen Qualität der Ausbildung, der Umgang mit den jungen Menschen ein wichtiger Faktor ist. Es ist entscheidend, dass die Auszubildenen im Unternehmen gut eingebunden sind, dass sie neben dem normalen Alltag eigene Projekte bekommen und die Ausbildung so noch interessanter gestaltet wird.
Was kann die Politik machen, um das Ausbildungs-Problem in der Region zu beheben?
Es muss gelingen, der beruflichen Bildung einen anderen Stellenwert zu geben. Vielen ist nicht bewusst, welche Perspektiven eine duale Ausbildung bietet und dass das Bildungsniveau, das im Anschluss durch Weiterbildungen erreicht werden kann, einer akademischen Laufbahn in nichts nachsteht. Die Politik ist gefragt, dieses Bewusstsein in der Gesellschaft stärker zu verankern. Auch eine bessere Ausstattung unserer Berufsschulen würde diesen Stellenwert unterstreichen.
Eine praktisch ausgerichtete Berufsorientierung in den Schulen ist ein wichtiger Erfolgsfaktor. Wir merken, dass vielen jungen Menschen die Orientierung und das Wissen darüber fehlt, wie es nach der Schule für sie weitergehen könnte. Hier müssen wir ansetzen: mit Infoangeboten oder Betriebspraktika. Die IHK versteht sich hier als Bindeglied zwischen den Schulen und den Unternehmen. Mit verschiedenen Angeboten wie den IHK-Schulpartnerschaften oder den AusbildungsScouts, die Schulklassen besuchen, sind wir bereits heute Wegbereiter für zahlreiche Kooperationen und eine enge Verzahnung. Aber hier ist definitiv noch Luft nach oben.
Blick in die Glaskugel: Wie viele Ausbildungsstellen sind zum Start des neuen Ausbildungsjahres in Schwaben vermutlich unbesetzt?
Die Zahl lässt sich nicht exakt bestimmen. Was wir aus einer IHK-Umfrage wissen: Im vergangenen Ausbildungsjahr konnten 53 Prozent der Ausbildungsbetriebe in Bayerisch-Schwaben nicht alle Ausbildungsplätze besetzen, die sie angeboten hatten. Angesichts der aktuellen Entwicklung und der offenen Stellen in unserer IHK-Lehrstellenbörse wird die Situation in diesem Jahr wohl ähnlich sein. Wir gehen davon aus, dass mehrere hundert Stellen unbesetzt bleiben.