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von Sandra Hinzmann, Online-Redaktion
„Suchtabhängige brauchen Hilfe. Viele leiden unter Ausgrenzung, andere verbergen ihre Abhängigkeit aus Scham- und Schuldgefühlen oder führen sie auf persönliches Versagen zurück. Es ist deshalb wichtig, immer wieder darauf hinzuweisen, dass Abhängigkeit eine behandlungsbedürftige Krankheit ist“, dies betonte nun Bezirkstagspräsident Jürgen Reichert bei einem Fachtag im Bezirk Schwaben, bei dem Experten, Betroffene und Angehörige über die Situation und die Behandlungsbedarfe von suchtabhängigen Menschen in der Region diskutierten.
Millionen Suchtkranke in Deutschland
Auf Einladung des Bezirks hatten sich Fachleute aus der Suchtberatung, der Bezirkskrankenhäuser sowie von Caritas, Drogenhilfe Schwaben und des Kreuzbundes wie auch der Augsburger Kripo zusammengesetzt, um über verstärkte Kooperationen und neue Arbeitsfelder zu sprechen. Zum Fachtag kamen rund 100 Betroffene und ihre Angehörigen wie auch Vertreter weiterer Fachverbände und zahlreiche Bezirksräte. Bezirkstagspräsident Jürgen Reichert rief zu Beginn der Tagung dazu auf, sensibler zu werden bei der Problematik der Abhängigkeitserkrankungen, auch was die Alltagsdroge Alkohol betrifft. Nach Aussage der Suchtkoordinatorin beim Bezirk, Friederike Rahlf-Martin, seien Zigaretten und Alkohol deutschlandweit die verbreitetsten Drogen. Es gibt im Land 14,7 Millionen Raucher und 1,8 Millionen Alkoholabhängige, hinzu kämen mindestens 9,5 Millionen Menschen mit einem bedenklichen Alkoholkonsum. 2,3 Millionen Deutsche sind medikamentenabhängig. Konsumenten illegaler Drogen und Glücksspielsüchtige werden jeweils auf etwa 500.000 geschätzt.
Neue Drogen überschwemmen die Region
Deutlich wurde bei der Diskussion, dass sich die Szene beständig wandelt. Das gilt laut Kripoleiter Klaus Bayerl insbesondere für den Bereich illegaler Drogen, wo „neue psychoaktive Substanzen“ (landläufig etwa „Badesalz“ oder „Kräutermischungen“ genannt) klassische Drogen wie Heroin, Cannabis oder Kokain zunehmend verdrängen. Sie sind besonders bei Jugendlichen beliebt, da sie billig sind und wegen ihrer Zusammensetzung nicht vom Betäubungsmittelgesetz erfasst werden und daher leicht zu erhalten sind. Aus Bayern sei nun die Initiative gekommen, das Betäubungsmittelgesetz entsprechend zu verändern.
Neue Drogen stellen Hilfesysteme vor große Herausforderungen
„Die Behandlung“, so Oberarzt Gerhard Stecker vom Bezirkskrankenhaus Augsburg, „hinkt häufig hinterher, weil diese neuen Substanzen so schwer nachweisbar sind.“ Am BKH Augsburg habe man ungefähr 600 vollstationäre Aufnahmen in der Drogenklinik jährlich. Auch dort zeige sich, dass die „klassischen“ Drogen immer mehr von den neuen psychoaktiven Substanzen abgelöst werden, Substanzen, die enorm gefährlich sind, führen sie beispielsweise zu schwerwiegenden psychischen Veränderungen und körperlichen Folgeschäden. „Diese neuen Konsumtrends und Substanzen stellen das ganze Hilfesystem vor große Herausforderungen“, betonte Stecker.
Auch Pflege- und Altersheime kämpfen mit Suchtkranken
Aber auch etwa bei Senioren werden neue Problemlagen sichtbar: Alkohol- und Tablettensucht seien inzwischen in Alten- und Pflegeheimen weit verbreitet. Die Pflegekräfte könnten damit oft nicht umgehen. Dies sei durchaus eine zusätzliche Herausforderung für das Pflegepersonal, so Celia Wenk-Wolff von Bayerischen Bezirketag, die die Diskussion moderierte. Thema war auch, wie Jugendliche rechtzeitig vor den Drogengefahren gewarnt werden können. Prävention müsse schon in der Familie anfangen. Auch kleine Kinder bekämen sehr genau mit, wie Eltern und Verwandte mit Suchtmitteln umgehen. Caritas-Suchtberaterin Barbara Habermann verwies auf ein Projekt mit Kindern aus suchtkranken Familien, das allerdings selbst finanziert werden müsse.
Ärzte scheuen Zusammenarbeit mit Suchtkranken
Eine Zuhörerin aus Memmingen schlug Alarm, weil es im Unterallgäu keine Ärzte mehr gebe, die zur Drogensubstitution bereit seien. Die Ärzte fürchten, am Rand der Legalität arbeiten zu müssen und scheuen das Klientel der Süchtigen. Suchtberaterin Friederike Rahlf-Martin ergänzte, die Aufgabe falle wohl an die Ambulanzen der Bezirkskrankenhäuser, obwohl für die Sicherstellung der Substitution die Kassenärztliche Vereinigung zuständig sei.