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Mehr Arbeit gegen die Krise? Warum das Arbeitszeit-Märchen nicht stimmt
Kommentar

Mehr Arbeit gegen die Krise? Warum das Arbeitszeit-Märchen nicht stimmt

Wirtschaftsredakteurin Angelina Märkl. Foto: VMM/Linus Pohl
Wirtschaftsredakteurin Angelina Märkl. Foto: VMM/Linus Pohl

Die deutsche Wirtschaft steckt in der Krise, und Kanzler Friedrich Merz sieht die Lösung in einer simplen Formel: Die Beschäftigten sollen mehr arbeiten. Warum das Märchen von der Arbeitszeit nicht aufgeht und welche Reformen wir wirklich brauchen.

Die deutsche Wirtschaft steckt in der Krise. Bundeskanzler Friedrich Merz hat eine klare Botschaft: Mehr arbeiten! Mehr Stunden, mehr Flexibilität, weniger Begrenzungen. In seiner ersten Regierungserklärung kündigte Merz an, die wöchentliche statt der täglichen Höchstarbeitszeit zur neuen Leitlinie zu machen. Im Raum stehen Forderungen nach einer Ausweitung der maximalen Tagesarbeitszeit auf 13 Stunden und sogar das Streichen eines Feiertags. Doch ist das wirklich die Lösung?

Deutschland: Spitzenreiter bei Teilzeit

Der Vorwurf, die Deutschen arbeiteten „zu wenig“, greift zu kurz. Laut OECD-Daten arbeiten Erwerbstätige in Deutschland im Schnitt 1.036 Stunden pro Jahr – weniger als in Griechenland (1.172) oder Polen (1.304), aber bei gleichzeitig hoher Erwerbsquote: Vier von fünf Menschen im erwerbsfähigen Alter haben hierzulande einen Job – ein Spitzenwert unter den Industriestaaten.

Fast ein Drittel aller Beschäftigten arbeitet in Teilzeit, bei Frauen sind es sogar 48,5 Prozent, bei Männern nur 11,7 Prozent. Damit gehört die Bundesrepublik laut EU-Statistik zu den Spitzenreitern in Europa. Besonders bemerkenswert: Fast jede zweite Frau arbeitet in Teilzeit, während die Quote bei Männern mit rund zwölf Prozent deutlich niedriger liegt. Die Gründe dafür sind jedoch nicht Faulheit oder mangelnder Ehrgeiz. Das Gegenteil ist der Fall: Die Meisten leisten unbezahlte Care-Arbeit – sie erziehen Kinder oder pflegen Angehörige. Es sind vorwiegend Frauen, die diesen gesellschaftlich unverzichtbaren Dienst übernehmen – und dafür mit geringeren Einkommen und absehbar niedrigen Renten bestraft werden.

Mehrarbeit als Allheilmittel?

Hinzu kommt, dass zusätzliche Arbeitszeit allein keine höhere Produktivität garantiert. Ökonomisch entscheidender wäre, wie effizient gearbeitet wird und ob Strukturen – etwa bei Kinderbetreuung und Pflege – geschaffen werden, die überhaupt erst ermöglichen, dass Menschen mehr Stunden leisten können.

Statt reflexartig „in die Hände zu spucken“, braucht es eine Debatte über echte Rahmenbedingungen: Wie schaffen wir es, Care-Arbeit gerechter zu verteilen? Wie können flexible Modelle aussehen, die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben fördern? Und vor allem: Wie verhindern wir, dass der Ruf nach mehr Arbeit nur die Symptome einer tiefer liegenden Strukturkrise übertüncht?

Mehr Stunden im Büro oder in der Fabrik werden die deutsche Wirtschaft kaum retten. Was es braucht, ist ein klügerer, umfassenderer Ansatz, der unbezahlte Arbeit mitdenkt und dafür sorgt, dass Leistung – egal in welcher Form – endlich gerecht anerkannt wird.

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