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Kommentar: Dieser Streik der IG Metall hat sein Thema verfehlt
Angekündigte 24-Stunden-Streiks

Kommentar: Dieser Streik der IG Metall hat sein Thema verfehlt

Symbolbild: Bei einem der vergangenen IG Metall-Streiks in Augsburg. Foto: B4B WIRTSCHAFTSLEBEN SCHWABEN
Symbolbild: Bei einem der vergangenen IG Metall-Streiks in Augsburg. Foto: B4B WIRTSCHAFTSLEBEN SCHWABEN

Weniger Stunden, Lohnausgleich obendrauf: Das sind die Forderungen der IG Metall, auch in Augsburg. Doch Rituale von gestern taugen nicht dazu, Antworten für den Arbeitsmarkt der Zukunft zu finden.

Sich in ein Sabattical zurückziehen? Zur besseren Work-Life-Balance die Zahl der Wochenstunden reduzieren? Eine Auszeit zur häuslichen Pflege von Familienmitgliedern nehmen? Was vor einer Generation für Arbeitnehmer noch Fremdworte waren, sind heute alltägliche Begriffe im Personalbüro oder beim Jahresgespräch. Wann immer Unternehmen als „familienfreundlich“ oder als „moderner Arbeitgeber“ ausgezeichnet werden, tragen entsprechende Angebote zur Prämierung bei.

Und da geht die IG Metall ernsthaft unter der Forderung nach Zeitsouveränität bei teilweisem Lohnausgleich in einen Streik? Wohlwollend könnte man da ein Missverständnis erahnen. Realistisch gesehen lässt sich ein großer Irrtum erkennen. Souveränität und Flexibilität leben eben genau davon, dass sie nicht in Tarifverträgen manifest werden – sondern sich von Fall zu Fall individuell gestalten lassen. Die Energie der Gewerkschaft wäre also besser nicht in einen Streik investiert, sondern dort, wo sie ihren Mitgliedern Trainings anbietet, wie man richtig mit der Firma über die persönliche Arbeitszeit verhandelt. Damit, nicht mit durchgeregelten Verfahren, lässt sich die Ungleichbehandlung von Wissenden und Unwissenden ausmerzen.

Natürlich gibt es noch viel zu viele unbelehrbare Unternehmer, die ihre Beschäftigten für beliebig austauschbar halten und sie allein als Kostenfaktor betrachten. Deren Verhalten wird sich aber auch dann nicht ändern, wenn nach dem Streik ein Tarifvertrag irgendwelche Werte und Beträge festlegt. Im Gegenteil: Sie werden diese Regelungen nutzen, um alle individuellen Wünsche abzubügeln. Annäherung ist dann angesagt, aber nicht Veränderung. Dass sich die Arbeitgeberverbände überhaupt auf das Thema einlassen, spricht Bände und nicht für ihre Weitsicht.

Wie der Streik auch ausgeht: Das Ergebnis wird sich – für Arbeitnehmer wie für Arbeitgeber – vor allem deswegen schädlich auswirken, weil es jetzt um das Fell eines Bären geht, dessen Revier sich gar nicht dort befindet, wo traditionellerweise Tarifverhandlungen stattfinden. Denn er ist, erstens, außerhalb unserer politischen Grenzen unterwegs und, zweitens, außerhalb der Denk-Grenzen der vordigitalen Ökonomie. Was die Arbeitswelt 4.0, 5.0 und folgende an Wandel mit sich bringen, lässt sich nicht mehr mit abgezählten Stunden und Geldzahlungen beherrschen oder mit Streiks beeinflussen.

In absehbarer Zeit werden wir darüber reden müssen, wie viele und welche Arbeiten es noch gibt, die mehr als 20 Wochenstunden beanspruchen. Welches Entgelt dafür fällig wird und ob nicht ein von Maschinensteuern finanziertes Grundeinkommen Tarifverhandlungen ganz überflüssig macht. Unter diesen Vorzeichen verfehlt der aktuelle Streik das Thema. Indem er liebgewordene Rituale zelebriert, mag er den Beteiligten das komfortable Gefühl geben, dass sie alles im Griff haben und mit ein paar Manipulationen am Regler neu aussteuern können. Jeder von uns kennt mindestens ein Unternehmen, das mit dieser Strategie den zuverlässigen Marktausstieg vollzogen hat. Lernenden Unternehmen darf so etwas nicht passieren. Lernenden Gewerkschaften auch nicht.

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