Die Abhängigkeit von russischem Erdgas wird für Deutschland zum Dilemma. Durch anhaltende Kriegsaktivitäten wird ein Embargo diskutiert, doch der Schaden für die eigene Wirtschaft bereitet auch in Augsburg große Sorgen. Welche katastrophalen Auswirkungen die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft prophezeit und was Papierfabriken wie der UPM droht.
Dreht die deutsche Politik Russland den Gashahn zu? Diese Frage ist mit der Abwägung von moralischen Vorstellungen und wirtschaftlichen Abhängigkeiten konfrontiert. Die vbw positioniert sich nun klar gegen eine solche Entscheidung. Auch weil unter anderem in Schwaben drastische Folgen ermittelt wurden.
Dr. Markus Partik, Vorstandsmitglied der vbw, zeigt die Konsequenzen eines Verzichts auf: „Das Ergebnis wäre eine massive Schwächung der industriellen Basis, gefolgt von einer Rezession. Betroffen wären nämlich nicht nur die Umsätze, sondern auch die Beschäftigten und die gesamte Wertschöpfungskette.“ Laut einer Studie des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle könnten durch das Embargo allein in Schwaben 70.000 Arbeitsplätze bedroht sein. In Augsburg würden dadurch ganze 12.000 Beschäftigte in die Arbeitslosigkeit rutschen. Die Politik solle für eine Entscheidung daher „Schaden und Nutzen mit Bedacht abwägen“, mahnt der Geschäftsführer des MVV Industriepark Gersthofen.
Der Umstieg auf Flüssiggas stellt derzeit keine bedarfsdeckende Gegenmaßnahme dar. Hierfür müssten mittel- und langfristig zunächst Infrastrukturen geschaffen werden. „Ein Embargo würde einer Zäsur der Verfügbarkeit von Energie gleichen. Bisher steht die Wirtschaft hinter den beschlossenen Sanktionen. Doch von einer Entscheidung gegen den Bezug von russischem Erdgas raten wir in aller Deutlichkeit ab. Kohle und Erdöl können wir aus verschiedenen Ländern importieren. Dies trifft auf Erdgas leider nicht zu, da es hierzu an Strukturen und den notwendigen Pipelines ohne Verbindung nach Russland mangelt. Somit wäre der Versorgungsanteil russischen Erdgases kurzfristig nicht auffangbar“, erklärt Dr. Markus Partik.
Wie sich ein Embargo in der Praxis auswirken könnte, schildert Wolfgang Ohnesorg, Werksleiter der UPM Ettringen/Schongau: „Der Verzicht auf russisches Gas würde die schwäbischen Papierfabriken schmerzhaft treffen. Die Papierindustrie könnte nur 15 Prozent des Erdgasverbrauchs mit Kohle oder Erdöl substituieren. Dies würde dazu führen, dass wir kein Papier mehr produzieren könnten.“ Dies würde sich wiederum negativ auf ohnehin gestiegene Materialkosten auswirken und zudem die Wertschöpfungskette der Branche ins Wanken bringen. Denn ohne die Produktion würde es als Folge an wichtigen Endprodukten wie Verpackungsmaterial mangeln. Die vbw lehne aufgrund solcher Szenarien die mögliche Erdgas-Sanktion der Regierung entschieden ab.