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B4BSCHWABEN.de: Herr Proeller, Sie sind mit Erhardt+Leimer schon länger in Indien vertreten und haben dort sogar einen Unternehmensstandort. Wie ist Ihr Fazit über den indischen Markt?
Dr. Michael Proeller: Unsere Erfahrungen in Indien waren bisher sehr positiv. E+L war in der Region eines der ersten Unternehmen, die nach Indien expandiert sind. Das war 1978 und hat ganz klein angefangen. Sie durften damals in Indien keine Investitionen tätigen, wie wir es heute kennen. Damals war ein Mehrheitspartner verpflichtend. Das heißt man konnte als deutsches Unternehmen nur unter 50 Prozent besitzen.
Das heißt, der Erfolg hing auch von Ihrem Partner vor Ort ab?
Absolut. Wir hatten damals richtiges Glück, dass wir einen hervorragenden Partner gefunden haben, der in der Textilindustrie unterwegs war, denn wir waren damals selbst noch sehr textillastig. So haben wir uns dort sehr wohl gefühlt und sind immer sehr gut gewachsen.
In etwa ab den Jahren 2002/2003. Der damalige Premierminister hat eine sehr wirtschaftsfreundliche Politik gehalten und dann ist Indien explodiert. Auch jetzt, während der Ära Narendra Modi, nimmt das Land richtig Fahrt auf und entwickelt einen hohen Binnenkonsum. Kurz gesagt: Der indische Markt gewinnt weiter an Bedeutung. Und was man niemals unterschätzen darf, sind die internationalen Verbindungen der indischen Geschäftswelt.
Was meinen Sie damit?
Wenn wir beispielsweise nach Afrika blicken: dort heißt es zwar oft, dass die Chinesen Afrika, was Rohstoffe und Infrastruktur anbetrifft, bereits besetzt haben. Aber wenn wir uns die verarbeitende Industrie ansehen, wie zum Beispiel die Textil-, Papier-, Plastik-, Verpackungs-, Reifen-, Wellpappenindustrie – also Bereiche, in denen wir auch tätig sind – ist die Mehrheit der Firmen dort in indischen Händen.
Heißt das Indien wird das neue China für unsere Unternehmen?
Es gibt viele wichtige Märkte auf dem Globus. China, die USA, Brasilien, Japan, Indien. Aber alle stellen unterschiedliche Herausforderungen an uns. Export nach Indien mit „Made in Germany“ können Sie zum Beispiel vergessen. Sie haben keine Chance kostenweise das indische Niveau bei annähernd gleicher Funktion zu erreichen. Sie haben keine Chance irgendwelche deutsche Hightechprodukte in Indien zu verkaufen. Sie sind nur erfolgreich, wenn Sie eine lokale Wertschöpfung von 50-60 Prozent oder ein Monopol haben. Aber wer hat heutzutage schon ein Monopol?
In China war es so. Zumal China bis vor etwa fünf bis sieben Jahren auf Exporte aus Deutschland angewiesen war. Das Land kommt aber eher aus der Konsumindustrie. China und Taiwan sind in der Spielzeugindustrie hochgekommen und haben ihre Produkte in die Welt transportiert, waren aber immer auf westliche Technologie, Maschinenprozesse und Know-how angewiesen. In den vergangenen zehn Jahre ist die chinesische Politik aber sehr protektionistisch geworden. Heute ist China ein absolut ernst zu nehmender Wettbewerber gegenüber jeglicher westlichen Technologie geworden.
Warum lohnt sich ein Fokus auf Indien für Erhardt+Leimer dann überhaupt?
Für Erhardt+Leimer speziell, dass wir durch den frühen Markteintritt über eine extreme „brand awareness“ verfügen. Das heißt, wir haben in allen bearbeitenden Marktbereichen aufgrund unserer fast 50-jährigen Präsenz dort, einen Marktanteil von fast 60 Prozent. Das macht es uns relativ einfach, dort das Geschäft auszuweiten und zu multiplizieren. Das hat aber weniger mit Indien zu tun, sondern dass wir so viel Glück hatten, so früh dort hingegangen zu sein.
Was macht dann Indien im speziellen aus?
Was Indien speziell ausmacht, ist Folgendes: Zu den Vorteilen gehört die „Brainware“, denn die Sprache ist fantastisch. 1,4 Milliarden Menschen sprechen Englisch, obwohl es in Indien selbst eine Menge an eigenen Sprachen gibt – aber sie alle verbindet Englisch. Dadurch haben sie ein hohes Potential an Mitarbeitern, die international kommunizieren können. Indien ist zum einen bekannt für Softwareerstellung und zum anderen für Mechanik und Stahlkonstruktionen. Was Indien bisher fehlte – wo China und Taiwan absolut führend waren – ist der ganze Bereich der Elektroindustrie. Das ist inzwischen aber auch anders.
Man muss immer bereit sein ein Unternehmen zu ändern, sonst ist man schnell pleite. Vor sieben Jahren haben wir in Indien ein 100.000 Quadratmeter großes Grundstück bebaut und werden jetzt ein weiteres Grundstück dazukaufen. Ende des Jahres werden wir eine Fabrikhalle mit weiteren 10.000 Quadratmetern in Betrieb nehmen. Was in Indien jetzt sehr notwendig ist, ist die Qualifikation von Personal. Als Hightech Unternehmen brauchen wir Leute, die das verstehen, verkaufen, applizieren, produzieren und programmieren können, was wir vermarkten. In Indien fehlt bisher, was Deutschland so erfolgreich gemacht hat: Ein duales Ausbildungssystem. Wir haben uns daher als Ziel gesetzt, in Indien eine eigene Ausbildungslehrwerkstätte aufzubauen.
Das klingt allesamt nach einem zukunftssicheren Konzept. Ist Indien allerdings auch komplett frei von Risiken?
Ganz und gar nicht. Es gibt noch große nationale Unterschiede, was Mentalitäten, Sprachen und teilweise unterschiedliche lokale Gesetzgebungen angeht. Das Land ist riesig, 3.000 Kilometer von Ost nach West und 3.000 Kilometer von Nord nach Süd. Verbunden ist das Land durch das marode, aus den britischen Zeiten stammenden Schienennetz. Das macht das Reisen unglaublich schwer.
Natürlich lohnt es sich nach Indien zu gehen. Ich sehe die ganze weltwirtschaftliche Entwicklung ziemlich neutral. Mir ist egal, wer wo regiert. Wenn wir uns die kommende Deglobalisierung anschauen, wer bleibt für die EU noch als starker Partner übrig? China macht zu, Amerika reindustrialisiert und konzentriert sich auf sich selbst. Indien hat Potential als Absatzmarkt, als Investitionsstandort und auch als Partner. Kulturell gibt es auch gewisse Gemeinsamkeiten. Indien legt keinen Wert auf hohe militärische Präsenz. Indien will an sich wirtschaftlich gewinnen und nicht militärisch. Insofern passt es zu Europa sehr gut.