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Claudia Roth: Augsburg als Modellregion für Innovation und wirtschaftliche Dynamik
Bundestagswahl 2025: Kandidierende für Bayerisch-Schwaben im Interview

Claudia Roth: Augsburg als Modellregion für Innovation und wirtschaftliche Dynamik

Claudia Roth blickt nachdenklich auf den Hochablass in Augsburg hinab. Dabei stützt sie sich auf ihren Unterarmen ab.
Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Claudia Roth am Hochablass in Augsburg. Foto: Andreas Gregor

Niedrigere Industriestrompreise durch erneuerbare Energien, digitale Einwanderungsagentur und Investitionsprämie: Im Interview erklärt die Augsburger Bundestagsabgeordnete Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen), wie sie die deutsche Wirtschaft stärken will und welche Ziele sie für die Wirtschaftsregion Bayerisch-Schwaben hat.

B4BSCHWABEN.de: Das Wachstumspotenzial der deutschen Wirtschaft wird voraussichtlich – bei aktuellem Kurs – bis 2030 auf durchschnittlich 0,3 Prozent sinken. Mit welchen konkreten Maßnahmen planen Sie und das Bündnis 90/Die Grünen, das Wirtschaftswachstum wieder anzukurbeln?

Claudia Roth: Für uns bedeutet wirtschaftliches Wachstum nicht nur mehr von allem, sondern vor allem besseres, nachhaltigeres und gerechteres Wirtschaften – für eine starke, zukunftsfähige Wirtschaft, die Wohlstand für alle schafft. Konkret investieren wir massiv in erneuerbare Energien – von der Absenkung der Stromsteuer auf das europäische Minimum bis hin zur Förderung der Wasserstoffproduktion. Erneuerbare Energien senken die Strompreise. Heute liegen die Industriestrompreise bereits unter dem Niveau der Jahre 2017–2020. Die günstigen Produktionskosten erneuerbarer Energien sorgen langfristig für wettbewerbsfähige Strompreise – sowohl für Unternehmen als auch für Verbraucherinnen und Verbraucher.

Ein modernes Wasserstoffkernnetz wird ebenso vorangetrieben wie der Zugang zu günstiger, klimaneutraler Energie. Der Deutschlandfonds unterstützt Investitionen in Forschung, Infrastruktur und klimafreundliche Technologien, um Innovation zu beschleunigen. Außerdem vereinfachen wir Planungs- und Genehmigungsverfahren – damit neue Ideen schneller Wirklichkeit werden. Mit Wirtschaftsminister Robert Habeck haben wir zudem den Bürokratieabbau vorangetrieben: Denn weniger Bürokratie erleichtert Investitionen und unterstützt wirtschaftliches Wachstum.

Aufgrund des demografischen Wandels werden bis 2037 schätzungsweise mehr als 600.000 Beschäftigte den Arbeitsmarkt rentenbedingt verlassen. Wie wird das Bündnis 90/Die Grünen diesem akuten Fachkräftemangel entgegenwirken?

Die Zukunft unserer Wirtschaft liegt in den Menschen – in ihrer Bildung, ihren Chancen und ihrer Vielfalt. Wir setzen auf die Ausbildungsgarantie für junge Menschen und erleichtern den Zugang zu Weiterbildungen durch das Qualifizierungsgeld. Frauen unterstützen wir durch bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, flexible Arbeitszeitmodelle und eine Reform des Ehegattensplittings. Internationale Fachkräfte gewinnen wir mit einer digitalen Einwanderungsagentur, der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse und englischsprachigen Behördenangeboten. Unser Ziel: ein Arbeitsmarkt, der fair und inklusiv ist.

Die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands leidet aktuell unter mehreren Faktoren, beispielsweise der hohen Bürokratielast gepaart mit unzureichender Digitalisierung. Werden Sie und das Bündnis 90/Die Grünen sich für einen Bürokratieabbau einsetzen? Wenn ja, in welcher Form?

Ein Staat, der einfach funktioniert, ist unser Anspruch. Mit dem Praxischeck setzen wir Bürger*innen und Unternehmen in den Fokus: Unnötige Vorschriften werden identifiziert und abgeschafft – ohne dabei Standards im sozialen oder ökologischen Bereich zu gefährden. Erste Erfolge gibt es bereits – etwa beim Solarpaket: Die Anmeldung von Balkon-PV beim Netzbetreiber entfällt, und die Weitergabe von PV-Strom in Mietshäusern wird erleichtert. Gleichzeitig treiben wir die Digitalisierung voran. Die Deutschland-App bündelt Verwaltungsleistungen – einfach, sicher und barrierefrei. Unsere Vision: weniger Papierkrieg, mehr Effizienz und ein Staat, der für die Menschen arbeitet.

Auch die Höhe der Unternehmenssteuer spielt für die Zukunftsfähigkeit der Wirtschaft eine entscheidende Rolle. Mit knapp 30 Prozent liegt Deutschland hier über dem Durchschnitt (Vergleichswert EU: circa 21 Prozent). Welche Maßnahmen plant das Bündnis 90/Die Grünen, um Unternehmen in Deutschland steuer-wirtschaftlich zu entlasten?

Für eine starke Wirtschaft braucht es gezielte Entlastung und klare Anreize. Mit einer befristeten Investitionsprämie von 10 Prozent fördern wir Unternehmen, die in klimaneutrale Technologien und Digitalisierung investieren. Diese Prämie wird direkt verrechnet oder ausgezahlt. Zusätzlich erleichtern wir den Zugang zu Wagniskapital, um Innovationen zu unterstützen und Start-ups sowie mittelständische Unternehmen zu stärken.

Durch die zweite Amtszeit von Donald Trump und den dadurch abzusehenden Protektionismus rechnen deutsche Unternehmen mit spürbar negativen Auswirkungen. Wie wird das Bündnis 90/Die Grünen mit dieser sich wandelnden Landschaft umgehen? Wie werden Sie die Position Deutschlands auf dem EU-Binnenmarkt und dem Weltmarkt stärken?

Ein starkes, geeintes Europa ist unsere Antwort auf globalen Protektionismus. Wir vertiefen den Binnenmarkt, bauen eine Digitalunion auf und fördern europäische Kooperationen in Forschung und Innovation. Mit einem CO₂-Zoll und nachhaltigen Handelsabkommen sichern wir faire Wettbewerbsbedingungen. Gleichzeitig setzen wir auf grüne Leitmärkte, um Europa als Vorreiter für klimaneutrale Technologien zu etablieren.

Unter der schwierigen, wirtschaftlichen Lage leidet auch die Innovationskraft – vor allem die des Mittelstandes und kleiner Unternehmen. Wie wollen Sie die Unternehmen hier unterstützen?

Der Mittelstand ist das Herzstück unserer Wirtschaft. Wir unterstützen ihn durch den Zugang zu Wagniskapital, die Förderung von Ausbildungen und kostenlose Meisterqualifikationen. Mit Reallaboren schaffen wir Räume für Innovationen, in denen neue Technologien erprobt werden können. Besonders wichtig ist uns die Stärkung der regionalen Innovationsnetzwerke, damit Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft gemeinsam an Lösungen arbeiten.

Ein zentrales Instrument ist dabei das ERP-Sondervermögen, das Unternehmen mit günstigen Krediten und Beteiligungskapital unterstützt – allein in diesem Jahr stellen wir dafür rund 11 Milliarden Euro bereit. Gleichzeitig fördern wir gezielt Investitionen in strukturschwache Regionen über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW). Über 90 Prozent der Fördervorhaben kommen kleinen und mittleren Unternehmen zugute. So stärken wir Innovationskraft, Wettbewerbsfähigkeit und nachhaltiges Wachstum im gesamten Land.

Welche wirtschaftspolitischen Themen wollen Sie konkret in der Region Bayerisch-Schwaben angehen?

Bayerisch-Schwaben hat enormes Potenzial, und wir setzen alles daran, diese Region zu stärken. Der Ausbau von nachhaltigen Technologien kommt voran, aber der notwendige Zuwachs bei den Erneuerbaren Energien und den Energienetzen wurde in Bayern leider von der Staatsregierung nicht ausreichend vorangebracht. Hier gibt es viel aufzuholen. Die Förderung des Mittelstands und die Schaffung neuer Arbeitsplätze durch grüne Transformation stehen im Mittelpunkt. Transparenz und die Einbindung der Bürger*innen vor Ort sind dabei für uns entscheidend. Wichtigste Herausforderung ist der Fachkräftemangel, den wir gemeinsam noch stärker angehen müssen, um die Wirtschaftskraft unserer Region zu erhalten.

Welche Vorteile hat die Wirtschaftsregion Bayerisch-Schwaben in Ihren Augen und wie wollen Sie diese fördern?

Die Vielfalt von Hightech-Industrie, Mittelstand und Handwerk macht Bayerisch-Schwaben einzigartig. Wir unterstützen gezielt die Transformation zu einer klimaneutralen Wirtschaft und schaffen bessere Anbindungen durch nachhaltige Mobilität. Unser Ziel ist es, Bayerisch-Schwaben zur Modellregion für grüne Innovation und wirtschaftliche Dynamik zu machen. Wir haben wichtige Strukturen, auf denen wir aufbauen können: von den Kammern, über Ausbildungsbetriebe, Hochschule und Universität, über eine Gründerszene, die wir nach Kräften unterstützen, bis zu den großen Unternehmen, die sich in einem bedeutenden Transformationsprozess befinden. Auf diese wirtschaftliche Stärke Schwabens können wir bauen.

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