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Dominik Kraus: Wir sind mehr oder weniger durch Zufall dazu gekommen. Wir haben uns am Anfang unserer Selbstständigkeit mehr in Richtung Industrie orientiert. Da ging es um Lokalisierung von Gegenständen in der Fabrik beispielsweise. Wir haben dann überlegt, was es noch für Anwendungsmöglichkeiten gibt, was man noch checken und die Position bestimmen kann. Und da waren dann eben Kühe. Erstmal nur als Gedankenspiel. Dann haben wir aber viel mit Landwirten geredet und herausgefunden, dass es da wirklich ein Problem gibt, auch über die reine Positionsbestimmung hinaus, und sind dann so auf die Milchviehhaltung gekommen. Unsere Lösung ist eine KI basierte Gesundheitsüberwachung. Das muss man sich so vorstellen: Da wird ein kleines Gerät am Ohr der Kühe befestigt, ähnlich wie die Ohrmarken, die es jetzt schon gibt. Damit werden dann kontinuierlich, also 24/7, alle wichtigen Gesundheitsdaten aufgezeichnet. Das Ganze sammeln wir dann über eine Art Basisstation per Funk ein. In unserem Backend werten wir dann diese sehr komplexen Zusammenhänge aus.
Kraus: Die Körpertemperatur des Tiers, aber zum Beispiel auch die Bewegungsdaten - was hat es den Tag über gemacht? Wie verhält es sich in der Herde? Unsere Technologie zeigt auf, ob mit dem Tier was nicht stimmt und warnt den Landwirt frühzeitig, dass er sich jetzt eben die drei, vier Tiere speziell anschauen soll. Landwirte schaffen das meistens einfach nicht, jedes Tier einzeln wirklich so intensiv zu beobachten, dass da Krankheiten frühzeitig erkannt werden können.
Was kann dadurch zum Beispiel frühzeitig erkannt werden? Also tatsächlich ein Infekt oder auch ein verletzter Fuß?
Kraus: Ja, beides. Eine der größten Krankheiten in der Milchviehhaltung ist Mastitis. Das ist eine Art Infektion und hat einen deutlichen Einfluss auf die Milchleistung. Da steigt beispielsweise die Körpertemperatur. Auch bewegt sich das Tier weniger und wenn man das frühzeitig erkennt, hat man den sehr großen Vorteil, dass man früher eingreifen kann. Vielleicht braucht man dann gar keine Antibiotika, wenn man es noch anders behandeln kann. Wenn man welches braucht, braucht man deutlich weniger davon. Und so sind die Heilungschancen besser und es ist eine Win-win-Situation: Einerseits geht es dem Tier deutlich schneller wieder besser und man kann sich individueller um die Tiere kümmern. Und der Landwirt hat andererseits auch den finanziellen Vorteil, weil er geringeren Milchverlust hat. Wenn ein Tier lahmt, merkt man das beispielsweise an der Gangart der Tiere: Dass sie sich im Allgemeinen weniger bewegen oder dass sie auf einmal nicht mehr verteilt über den Tag fressen und zur Futterstelle laufen, sondern einmal möglichst viel fressen und sich dann wieder hinlegen, um sich möglichst wenig zu bewegen. Das kann man auch über unsere Technologie erkennen.
Daniyal Noor: Ich komme ursprünglich aus Australien. Ein sehr guter Freund von mir hatte einen Milchviehbetrieb mit rund 600 Tieren – mit einem Fall von Salmonellen. Das hat lange gedauert, bis er das gemerkt hat. Das heißt am Ende waren 50 Prozent von der Herde, innerhalb von zwei Wochen, infiziert. Die Überlebenschance liegt bei 50 Prozent. Innerhalb von ein paar Monaten kann es sein, dass man den Betrieb schließen muss. Mit einem System wie unserem kann man frühzeitig erkennen, dass etwas nicht stimmt, bevor es sich auf die ganze Herde ausbreitet.
Kraus: Wir sind am Ende der Entwicklungsphase. Bei Elektronik ist es immer nicht ganz so einfach, weil wir auch ein Hardware-Produkt haben. Das heißt, man muss alle notwendigen Zertifizierungen erst durchführen, bevor man große Pilotprojekte durchführen darf. Wir haben vereinzelt an Kühen immer wieder getestet. Jetzt, nachdem wir im Dezember das Minimum Viable Product abgeschlossen haben, wollen wir die Zertifizierungen durchführen und dann das Ganze an bis zu 1.000 Kühen testen. Die notwendigen Komponenten dafür sind schon da, aber man muss noch auf die Zertifizierung warten.
Noor: Im Vergleich zu dem, was es schon gibt, ist unsere Technologie minimalinvasiv. Es ist wie eine normale Ohrmarke. Bei manchen Systemen auf dem Markt wird dagegen ein zehn Zentimeter langes Gerät, das den Tieren in den Rachen geschoben wird, verwendet. Das bleibt dann jahrelang im Tier und das ist eigentlich sehr schlecht. Wenn das Gerät kaputt ist, gibt es keinen Weg, das herauszuholen. Dann muss ein weiteres Gerät in das Tier. Das ist für das Tier schlecht und auch wegen der Gefahr von Mikroplastik. Deswegen ist unsere Technologie minimalinvasiv. Dadurch können wir auch viel besser und genauer Daten sammeln und haben so letztendlich eine bessere Chance eine einzigartige KI zu entwickeln, die vor Krankheiten und Anomalien frühzeitig warnt. Landwirte können außerdem mit HerdTek pro Jahr und Kuh dann bis zu 530 Euro sparen und den Einsatz von Antibiotika um bis zu 80 Prozent reduzieren. Bei einer Herde von 200 Tieren reden wir da über 100.000 Euro Ersparnis pro Jahr.
Noor: Inzwischen denken viele Verbraucher darüber nach, was sie essen. Das heißt: Woher kommt unser Essen und wie ist die Qualität? Durch unsere Technologie helfen wir, Antibiotika zu reduzieren. Das heißt, letztendlich, dass dann weniger Antibiotika in der Milch und in Milchprodukten sind, die wir konsumieren. Der andere Vorteil ist: Wir können mit HerdTek das ganze Leben der Kuh verfolgen. Somit kann man nachweisen, wie gut die Lebensqualität einer Kuh ist und die Lebensqualität beeinflusst direkt die Qualität der Milch.
Kraus: Unsere Technologie kann außerdem dabei helfen, den CO₂-Ausstoß zu verringern. Seit kurzem kommen daher auch Molkereien auf uns zu. Zu den Molkereien kommen die Supermärkte, die sagen, man muss durch EU-Regularien den CO₂-Ausstoß der Lieferkette reduzieren. Die Molkereien haben aber das Problem, dass der meiste CO₂-Ausstoß bei den Landwirten passiert – quasi außerhalb ihrer Kontrolle. Das heißt, die Produktion muss deutlich effizienter werden. Der Anteil pro ausgestoßenem CO₂ für einen Liter Milch muss sinken. Unser System hilft den Landwirten dabei: Die Krankheiten werden früher erkannt, den Tieren geht es besser, das heißt, sie produzieren tendenziell auch mehr Milch.
Kraus: Das war natürlich ein sehr schönes Erlebnis. Ein Start-up ist immer stressig und viel Arbeit. Und dann ist es schön, einzelne Momente zu haben, wo man sehr positives Feedback bekommt, auch einfach mal den Abend genießen kann und Wertschätzung erfährt. So sieht man, dass das, was man da macht, wirklich wichtig ist. Und natürlich ist es auch am schönsten, das Ganze quasi zu Hause zu gewinnen und in den eigenen Reihen. Also wir werden hier in Augsburg ja nicht nur von unserem Gründungsnetzwerk, dem Digitalen Zentrum Schwaben, betreut, sondern auch über die Hochschule. Da kennt man natürlich mittlerweile sehr viele Leute. Die waren auch alle da und es war insgesamt ein sehr schöner Abend.
Noor: Wir haben immer positives Feedback bekommen, zum Beispiel von Fabian Mehring, Bayerns Digitalminister. Wir haben ihn auf verschiedenen Veranstaltungen getroffen und er ist immer begeistert von unserer Idee. Dadurch hatten wir jetzt auch die Chance, mit dem Bayerischen Bauernverband zu sprechen. Unser Start-up ist immer sehr interessant für alle. Denn auf der einen Seite ist es das Thema Digitalisierung, auf der anderen Seite bringen wir Spitzentechnologie in die Landwirtschaft rein. Damit können alle gewinnen.
Noor: Das Wichtigste ist, mit mehreren Pilotkunden jetzt unsere Produkte zu testen und unsere Hardware zertifizieren zu lassen. Damit wir dann viele Daten sammeln und unsere KI fertig trainieren können. Dann können wir in den Markt einsteigen und unser Produkt verkaufen.
Kraus: Das ist ein klassischer Fall, wenn zwei Techniker versuchen, einen Firmennamen zu finden. Man nimmt einfach die beiden Nachnamen. Also NK steht für Noor und Kraus. Und Tek, weil wir was mit Technik zu tun haben. Also En-Ka-Tek.