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Zukunftsforum 2025: Kluge Köpfe wissen, was der KI-Maschine fehlt

Zukunftsforum 2025: Kluge Köpfe wissen, was der KI-Maschine fehlt

Das St. Stephans Gymnasium lud zum zweiten Zukunftsforum in den Kleinen Goldenen Saal ein. Foto: B4BSCHWABEN.de
Das St. Stephans Gymnasium lud zum zweiten Zukunftsforum in den Kleinen Goldenen Saal ein. Foto: B4BSCHWABEN.de

Schule, Wirtschaft und Kultur setzen sich aktiv mit den Herausforderungen durch Künstliche Intelligenz auseinander. Die Beteiligten am „Zukunftsforum 2025“ appellieren an den Mut, dem bequemen Tool nicht nachzugeben, sondern es zu unterwerfen.

„KI-generierte Gemälde sind wie Fertiggerichte mit Glutamat. Ob’s nun Barock sein soll oder Fotorealismus – das bekommt jeder hin. Am Ende wird aus Überfluss dann Überdruss, genau wie bei unzähligen, identischen Varianten durchgestylter Bilder bei Instagram. Man kann’s schon jetzt kaum mehr sehen.“ Ein pointiertes Statement, das der Augsburger Künstler Felix Weinold beim Zukunftsforum 2025 „KI meets Kant – Herausforderung für eine mündige Gesellschaft“ in die spätbarocke Idylle des Kleinen Goldenen Saals stanzte – und für das er vom überwiegend jungen Publikum heftigen Applaus erhielt.

„Fehler kann KI nicht so gut“

Was er der KI ankreidet, ist genau ihre vermeintlich perfekte Oberfläche, auf der keine Interaktion der Künstler mit ihren Werken mehr erkennbar und spürbar ist. „Fehler kann KI nicht so gut“, merkte Weinold mit einem spöttischen Lächeln an. Zittrige Striche oder die gepflegte Kunst der reduzierten Monotonie wie bei einem Morandi finde man dort nicht. Unterm Strich sei das sogar eine gute Nachricht, urteilt er. Kopien sprächen eine andere Hirnregion an als Originale, welche glücklicherweise dort ankommen, wo die stärkere Wirkung erzeugt werde. „Das wahre Kunstwerk hat eine Aura“, zitierte er den Schriftsteller Walter Benjamin mit dessen Worten von anno 1936. Entsprechend fällt seine Einladung ans Publikum, aufzubrechen ins Unbekannte, mutig zu erkunden, wo noch keiner war, Gedanken kunstvoll zu verknüpfen – und so das „K“ vor dem „I“ umzudeuten in „Kreative Intelligenz“.

Droht das Ende der Menschheit?

Nicht nur die Kunst muss sich mit dem Einfluss von KI auseinandersetzen. Medien, Bildung, Erziehung, Arbeitswelt und Wirtschaft sind gleichermaßen betroffen. Gäste aus all diesen Bereichen diskutierten denn auch ausgiebig während der Veranstaltung, zu der das Gymnasium bei St. Stephan und dessen Alumni-Verein geladen hatten. Den Impuls dazu lieferte Prof. Dr. Jörg Noller vom Lehrstuhl für Ethik an der Uni Augsburg und Autor des Buchs „Was ist digitale Aufklärung?“ Er widersprach der verbreiteten Auffassung, dass die umfassende Wirkung der Digitalisierung einhergehe mit dem Ende der Menschheit, wie wir sie kennen. Sie zu Arbeitslosigkeit und Sinnentleerung führe, oder zur Entmündigung aller.

Chatbots sind perfekte Simulanten

„Irrtum“, meinte er, „denn KI simuliert ja nur Autonomie. Gerade Chatbots sind perfekte Simulanten und locken uns ins Filterblasen, von denen sie uns vorgaukeln, es seien objektive Informationswelten.“ Das vermeintlich stützende Gemeinschaftserlebnis täuscht Noller zufolge darüber hinweg, dass die von der KI Umgarnten tatsächlich einsam sind und nicht mehr unterscheiden können, was eigene und fremde Entscheidungen sind. Er zitierte den Philosophen Immanuel Kant, demzufolge jeder Mensch die Tendenz habe, sich fremden Medien zu unterwerfen. „Privat denken heißt nicht selbst denken. Zur Weiterentwicklung braucht es eine öffentliche Auseinandersetzung.“

„Leider ist es bequem, unmündig zu sein“

Was also tun? Wir sollten KI nutzen, rät Noller, „um unsere eigene Autonomie zu vergrößern.“ Indem wir KI als nützliches Werkzeug anwenden, statt als komfortables Equipment, gewinnen wir die Hoheit über unser Handeln zurück und legen die „Fußschellen einer andauernden Unmündigkeit“ ab, die wir uns nur zu gern von der Automatisierung anlegen lassen. Denn: „Leider ist es bequem, unmündig zu sein.“ Er appelliere folglich an den Mut jedes Individuums, seine eigene Intelligenz zu entfesseln: „Technik ist nichts, was ohne uns Menschen möglich ist. Also müssen wir das Menschliche in der Technik wiederentdecken.“

Wie Menschen der KI Wettbewerbsvorteile entlocken

Eine Einstellung, die Sabine Erlebach teilt. Die frühere Geschäftsführerin von datac/q.beyond, die heute Unternehmen in Strategie und Organisationsentwicklung berät, sieht solche Resilienz als probates Mittel an, um immer schnellere Veränderungen zu beherrschen. „Wir brauchen kluge Köpfe, die das einbringen, was der Maschine fehlt – und die etwas entwickeln, das einen Wettbewerbsvorteil mit sich bringt.“ Der nämlich sei durch den bloßen KI-Einsatz nicht zu gewinnen, allenfalls eine höhere Effizienz, die aber letztlich allen zur Verfügung stehe und sich somit ausgleiche. „Der klügste Ansatz ist, Instrumente wie ChatGPT zur Diskussion herauszufordern, um daraus Anstöße fürs eigene Denken zu gewinnen.“

Medienbranche kontra Tech-Giganten

Wofür sich, wenn auch aus anderer Perspektive, Peter Müller aus der Chefredaktion der Augsburger Allgemeinen genauso stark macht. Nicht nur für Journalistinnen und Journalisten, sondern für alle, die Medien konsumieren, brauche es Trainings, um die Lektüre in nützliches Wissen umzuwandeln – und nutzlose oder irreführende Informationen herauszufiltern. Er nannte insbesondere manipulierte oder gleich komplett gefälschte Bilder als außerordentliche Herausforderung, an der sich prüfen und erkennen lasse, wie weit man sich den Tricks der KI ergebe oder sie entlarven wolle. „Die Verantwortung, die wir nach Artikel 5 im Grundgesetz haben, müssen wir auf die gewandelte Medientechnik übersetzen“, forderte er. „Man kann KI nutzen, aber diese Verantwortung bleibt bei uns.“ Werde sie aktiv wahrgenommen und qualitätvoll umgesetzt, habe die traditionelle Medienbranche eine Chance gegen die Tech-Giganten. Genauso wie das journalistische Handwerk: „Was man dort lernt, kann man überall einsetzen – auch beim Prompten.“

Abschied von klassischen Hausaufgaben

Dass die nächste Generation von Fachkräften auf die von KI beeinflusste und veränderte Welt vorbereitet ist, darauf hat sich inzwischen das Bildungswesen eingestellt, sagte Bernd Stegmann, Leiter der Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung in Dillingen. Die bisherige Prüfungskultur zum Beispiel gelte es zu hinterfragen und zu verändern. „Klassische Hausaufgaben braucht man erst gar nicht mehr zu geben.“

Perfektionismus als Irrweg

Er sieht in Künstlicher Intelligenz „ein hervorragendes Werkzeug für die Schule, dessen unreflektierter Einsatz aber auch viel kaputtmachen kann“. Der Gedanke, dass KI-unterstützt der Perfektionismus nach oben getrieben und Fehler ausgemerzt würden, führt nach seiner Sicht in die Irre. „Wir müssen den Lehrberuf im Prozess erhalten, um sozialen Kontext und Prozesse zu erkennen und zu berücksichtigen“, warnte auch er davor, sich dem mächtigen technischen Werkzeug ungebremst zu unterwerfen. Entwicklung müsse gerade beim Verstehen von Zusammenhängen und bei der sprachlichen Kommunikation evolutionär erfolgen, nicht sprunghaft. Der Grund liege auf der Hand: „Prompten braucht Sprachbildung“, so seine Analyse. „Sonst taugen die Ergebnisse nicht viel.“

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