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B4BSCHWABEN.de: Sie sind ein Verfechter der Wasserstoff-Nutzung. Wieso ist Wasserstoff Ihrer Meinung nach DIE Lösung für Wirtschaft und Umweltschutz?
Hubert Aiwanger: Ohne grünen Wasserstoff wird die Dekarbonisierung der Wirtschaft nicht funktionieren. Zum einen braucht sie Wasserstoff als Rohstoff für verschiedene Prozesse, zum Beispiel in der Chemieindustrie. Bislang wird dieser aus Erdgas hergestellt – mit entsprechendem CO2-Ausstoß. Zum anderen braucht die Wirtschaft Energie, die bislang aus fossilen Energieträgern gewonnen wird. Nicht alle Bereiche lassen sich auf Strom umstellen, gerade die energieintensiven Industrieprozesse oder der Schwerlastverkehr. Deshalb ist hier Wasserstoff eine sehr gute Lösung.
Energie Schwaben zum Beispiel will das Gasnetz auf Wasserstoff umstellen. Das Anti-Wasserstoffbündnis argumentiert, dass die Umstellung technisch und wirtschaftlich nicht umsetzbar sei. Was sagen Sie dazu?
Das Gasnetz auf den Transport von Wasserstoff umzustellen ist kein großes Problem. Technisch funktioniert das. Eine Leitung kann aber nicht den einen Abnehmer weiterhin mit Erdgas und den nächsten mit Wasserstoff versorgen. Alle Kunden erhalten das gleiche Gas oder Gasgemisch und müssen ihre Geräte entsprechend technisch umrüsten. Auch das wird in ein paar Jahren möglich sein und keine allzu großen Mehrkosten verursachen. Was wir heute noch nicht kennen, ist der Preis für Wasserstoff. Genauso wenig aber können wir voraussehen, wie sich die Preise für andere Energieträger entwickeln.
Was braucht es, damit Wasserstoff ein Massenprodukt wird?
Technologisch sind wir gut vorangekommen, was Transport, Speicherung und Anwendungen von Wasserstoff angeht. Die Unternehmen nutzen ihr Innovationspotenzial, sie müssen ihre Produkte jetzt vom Versuchsmaßstab auf Marktlevel bringen. Der Aufbau der Infrastruktur ist entscheidend, damit Wasserstoff überall zur Verfügung steht, wo er gebraucht wird. So können wir das viel diskutierte Henne-Ei-Problem lösen. Wir brauchen Elektrolyseure, ein Leitungsnetz und Wasserstoff-Tankstellen. Da sind wir in Bayern als Pioniere dabei und nehmen staatliches Geld in die Hand, um schneller voranzukommen. So erschließen wir Wasserstoff für eine breite Anwendung und er steht für Industrie, Mobilität und auch für die energetische Nutzung zur Verfügung. Viele Länder weltweit machen sich auf den Weg, Wasserstoff mit erneuerbaren Energien in großem Stil zu erzeugen und dann mit Pipelines oder per Schiff, zum Beispiel als Ammoniak, zu uns zu liefern. Wir müssen jetzt die Abnahme zu gewissen Preisen anbieten, dann wird auch produziert.
Berlin will die Infrastruktur vom Norden her ausbauen und Bayern als letztes an Wasserstoffnetz anschließen. Halten Sie das für sinnvoll?
Es darf keine Benachteiligung der Wirtschaft in küstenfernen Regionen geben. Deshalb müssen alle Bundesländer von Anfang an beim Anschluss an das Wasserstoffnetz berücksichtigt werden, auch Bayern. Wenn wir parallel die Umstellung der Leitungen in ganz Deutschland vorantreiben, schaffen wir es auch, bis 2030 ein erstes Wasserstoff-Startnetz zu etablieren, das wir dann Schritt für Schritt weiter ausbauen. Zudem brauchen wir die Anbindung an das europäische Wasserstoffnetz. Hier wird Bayern eine wichtige Rolle spielen mit dem Südkorridor über Österreich und Italien sowie über Tschechien Richtung Ost- und Südosteuropa.
Die heimische Produktion wird den Bedarf allein nicht decken können. Gibt es schon konkrete Länder, die als Partner für Wasserstofflieferungen in Frage kommen?
Bei den Lieferländern ist ein wichtiger Aspekt, wie wir den Wasserstoff nach Bayern bringen können. Für die großen Mengen, die wir brauchen, wird der Pipelinetransport über lange Strecken der wirtschaftlichste Weg sein. Deshalb ist der Aufbau der Infrastruktur entscheidend, also ein europäisches Wasserstoffnetz, aber auch Importterminals für den Schiffstransport aus entfernteren Regionen. Wir pflegen Kontakte zu potenziellen Lieferländern in Europa, zum Beispiel zu den windreichen Regionen Norwegen und Schottland. In Süd- und Südosteuropa sehe ich ebenfalls Potenzial für die Wasserstoffproduktion aus Sonne und Wind. Über die Südanbindung aus Österreich und Italien erhalten wir Anschluss an Nordafrika, so dass wir uns bei den Lieferländern breit aufstellen können. Letztendlich wird auch der Markt über den Preis entscheiden, woher der Wasserstoff kommt.
Was fordern Sie konkret vom Bund in Bezug auf den Aufbau des Wasserstoffnetzes?
Wichtig ist jetzt, dass es mit dem Wasserstoffnetz schnell vorangeht. Und es müssen alle Regionen angemessen berücksichtigt werden, um große Abnehmer von Anfang an mit Wassersstoff versorgen zu können, sei es durch lokale Wasserstoffproduktion, durch die Lieferung aus anderen deutschen Regionen oder durch Importe aus europäischen Ländern. Die Fernleitungsnetzbetreiber haben ihre Projekte bereits vorgestellt und brauchen nun Investitionssicherheit. Der nächste Schritt ist deshalb, dass der Bund entscheidet, wie das Startnetz konkret aussehen soll, damit die Fernleitungsnetzbetreiber mit ihren Vorhaben zeitnah loslegen können. Der weitere Ausbau muss in der Netzentwicklungsplanung Gas/Wasserstoff verankert werden. Auch ist die Finanzierungsfrage noch zu klären, damit die Netzentgelte für die ersten Kunden nicht zu teuer werden. Ideen dafür liegen auf dem Tisch, der Bund muss nun zügig die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür schaffen.