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Restrukturierung durch das StaRUG – eine Hilfe für Gläubiger?
Hans-Peter Heinemann, Dr. Hille Heinemann Rechtsanwälte

Restrukturierung durch das StaRUG – eine Hilfe für Gläubiger?

Rechtsanwalt Hans-Peter Heinemann, Dr. Hille Heinemann Rechtsanwälte, ist unser Experte für Insolvenz- und Haftungsrecht.
Rechtsanwalt Hans-Peter Heinemann, Dr. Hille Heinemann Rechtsanwälte, ist unser Experte für Gesellschafts- und Haftungsrecht. Foto: Pia Simon

Das StaRUG ermöglicht es drohend zahlungsunfähigen Unternehmen, sich ohne Insolvenz zu sanieren. Was bedeutet das für Gläubiger? Unser B4B-Experte Hans-Peter Heinemann klärt auf.

„Einer unserer bisherigen Geschäftspartner nimmt für seine Sanierung den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG). Worauf müssen wir mit Blick auf unsere Ansprüche da achten – vor allem mit Blick auf normale Insolvenzen?“ 

Gesellschaftsrechts- und Haftungsexperte Hans-Peter Heinemann von Dr. Hille Heinemann Rechtsanwälte antwortet: 

Eine grundsätzlich gute Idee hatte der deutsche Gesetzgeber: Neben der Insolvenzordnung sollte im Unternehmen eine Krisenfrüherkennung installiert werden, um möglichst frühzeitig Restrukturierungs- und Sanierungsmaßnahmen für notleidende Unternehmen einleiten zu können. Somit setzte der Gesetzgeber zum 1.1.2021 das Unternehmensstabilisierungs- und Restrukturierungsgesetz (kurz StaRUG) in Kraft.

Die Sanierungsinstrumente des StaRUG können nur in Anspruch genommen werden, wenn das Unternehmen „drohend“ zahlungsunfähig ist. Ist die Zahlungsunfähigkeit hingegen bereits eingetreten oder gar eine insolvenzrechtliche Überschuldung vorhanden, bleibt aufgrund der dann bestehenden Insolvenzantragspflicht nur noch der Weg zum Insolvenzgericht. Bei drohender Zahlungsunfähigkeit kann auch nur das sanierungsbedürftige Unternehmen selbst die Durchführung eines StaRUG- Verfahrens beantragen, nicht deren Gläubiger; das ist bei der Insolvenzreife anders.

Wann liegt drohende Zahlungsunfähigkeit vor? Gemäß § 18 Abs. 2 InsO ist ein Schuldner drohend zahlungsunfähig, der voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, seine Verbindlichkeiten im Prognosezeitraum von 24 Monaten im Zeitpunkt ihrer jeweiligen Fälligkeit zu erfüllen. Insofern weicht der Prognosezeitraum für die Fortführungsfähigkeit des Unternehmens von dem zwölfmonatigen Prognosezeitraum im Falle einer insolvenzrechtlichen Überschuldung ab. Ein Sanierungsverfahren nach StaRUG wird durch die Geschäftsführung eingeleitet. Ein solches Verfahren hat gravierende Auswirkungen auf den weiteren Geschäftsverlauf der Gesellschaft, weshalb in jedem Fall zuvor die Zustimmung durch die Gesellschafter eingeholt werden sollte.

Geschäftsführung behält die Unternehmensleitung

Die Unternehmensleitung gibt mit dem Antrag auf Durchführung eines Restrukturierungsverfahrens auch nicht etwa ihre Geschäftsführungskompetenz ab. Auch werden die Gesellschafter nicht entmachtet. Denn der Antrag kann auch wieder zurückgenommen werden. Das Restrukturierungsverfahren läuft unter Aufsicht des beim Insolvenzgericht angesiedelten Restrukturierungsgerichts. Sollte während des Restrukturierungsverfahrens die Gesellschaft allerdings tatsächlich insolvent werden, muss dies dem Restrukturierungsgericht angezeigt werden. Das pflichtwidrige Unterlassen einer solchen Anzeige kommt der Insolvenzverschleppung gleich, weshalb sich Unternehmen deshalb nicht in ein Restrukturierungsverfahren flüchten können, um die Insolvenzantragspflicht zu vermeiden.

Der Vorteil für das sanierungsbedürftige Unternehmen ist: Das Restrukturierungsverfahren ist ein exklusiv vom krisengeschüttelten Unternehmen kontrolliertes Verfahren. Es wird z.B. kein Verwaltungs- und Verfügungsverbot erlassen. Die Geschäftsführung behält die Kontrolle über die operative Geschäftstätigkeit. Allerdings bestellt das Gericht einen Restrukturierungsbeauftragten, der z.B. bei lediglich außergewöhnlichen Zahlungen zuvor seine Zustimmung erteilen muss. Ansonsten hat dieser jedoch nur eine Überwachungsfunktion, während die Geschäftsführung ihre Geschäfte weiterhin eigenständig fortführen kann.

Eher schwache Position der Gläubiger

Die Position der Gläubiger im Restrukturierungsverfahren ist hingegen eher schwach. Initiative Gestaltungsrechte haben sie nicht. Sie können lediglich über den Gläubigerbeirat das Restrukturierungsverfahren überwachen und gegebenenfalls mit notwendiger Mehrheit innerhalb des Gläubigerbeirats einen Restrukturierungsbeauftragten vorschlagen. Darüber hinaus haben die Gläubiger das Recht, Einfluss auf die Anwendung von Restrukturierungsinstrumenten zu nehmen oder gar die Aufhebung von Stabilisierungsanordnungen zu beantragen. Daraus folgt die Erkenntnis: Wollen die Gläubiger Einfluss auf das Restrukturierungsverfahren haben, müssen sie sich organisieren, um einen Restrukturierungsbeauftragten zu bekommen, der am besten ihre Interessen vertritt. Demgegenüber sind die Einflussrechte von Gläubigern in einem Insolvenzverfahren deutlich größer.

Wichtig für Gläubiger: Ist ein Restrukturierungsverfahren eröffnet worden, können Gläubiger etwa einen Vertrag nicht mit der Begründung, dass ein solches Verfahren eröffnet worden sei, fristlos kündigen. Ein solches Kündigungsrecht ist gesetzlich ausgeschlossen. Entscheidend ist die Sicherung der Liquidität: Deshalb kann das Unternehmen einen neuen Finanzierungsplan vorsehen, wonach bestimmten Geldgebern privilegierte Befriedigungsmöglichkeiten und Sicherheiten gewährt werden, insoweit also auch eine Rangverbesserung herbeigeführt werden kann.

Restrukturierungsplan als zentrales Sanierungsinstrument

Zentrales Restrukturierungsinstrument ist der Restrukturierungsplan durch die Geschäftsführung. Hierin können z.B. Verbindlichkeiten des Unternehmens etwa durch Stundung, Teilerlass o. ä. „ gestaltet“ werden. Betroffen sind davon sämtliche Forderungen der Gläubiger, die auch bei einem Insolvenzverfahren Insolvenzforderungen wären. Mit dem Restrukturierungsplan können zudem Rechte an Sicherheiten aufgelöst und Mitglieds- und Anteilsrechte neu vergeben werden. Der Schuldner hat ferner die Möglichkeit, die Zahlungsbedingungen der Gläubiger zu ändern. Gläubiger haben hier kein Mitspracherecht.

In einem letzten Schritt ist der Restrukturierungsplan zu bestätigen, etwa durch ein Abstimmungsverfahren unter den Gläubigern oder durch ein gerichtliches Verfahren. Mit der gerichtlichen Planbestätigung entfalten die Regelungen auch gegenüber ablehnenden Gläubigern Rechtswirksamkeit. Zuvor hat das Unternehmen seine Gläubiger in Gruppen einzuteilen (Klein-und Großgläubiger) und diese zur Abstimmung aufzurufen. Wenn 75 % der zustimmenden Gruppenmitglieder für den Plan stimmen, wird dieser verbindlich. Sollten sich nicht in allen Gruppen die Gläubiger für den Plan entscheiden, ist auch eine gruppenübergreifende Mehrheitsentscheidung möglich, wenn die ablehnenden Gläubiger faktisch gegenüber dem Insolvenzverfahren nicht schlechter gestellt würden.

Fazit

Die aktuelle Tendenz bei Unternehmen in der Krise geht in der Tat zu der Möglichkeit der Eigenverwaltung oder zur Inanspruchnahme des Restrukturierungskonzepts nach dem StaRUG. Allerdings sind die Erfahrungswerte hier noch sehr spärlich. Den Gläubigern stehen im Restrukturierungsverfahren geringere Rechte als im Insolvenzverfahren zu. Gleichwohl haben sie die Möglichkeit, über den Restrukturierungsbeauftragten Einfluss auf die Sanierung zu nehmen, was mittelfristig ihre Position als Gläubiger verbessern kann. Gläubiger sollten bei der Abstimmung über den Restrukturierungsplan pragmatisch vorgehen und sich insofern hinreichend beraten lassen. Letztlich ist das Verfahren aber auch für sie von Vorteil, wenn es dem Unternehmen gelingt, dieses frühzeitig einzuleiten und somit die Insolvenz zu vermeiden.

Sie haben Rückfragen an Gesellschaftsrechts- und Haftungsexperte Hans-Peter Heinemann, oder wünschen eine tiefergehende Beratung? Dann nehmen Sie jetzt direkt Kontakt auf.

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