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Nachfolge & Erbschaftsteuer: Warum der steuerliche Unternehmenswert oft täuscht
Martin Stetskamp, drei6null Zirch & Partner mbB

Nachfolge & Erbschaftsteuer: Warum der steuerliche Unternehmenswert oft täuscht

Martin Stetskamp, Wirtschaftsprüfer / Steuerberater bei drei6null. Foto: drei6null
Martin Stetskamp, Wirtschaftsprüfer / Steuerberater bei drei6null. Foto: drei6null

Viele familiengeführte Unternehmen verlassen sich bei der Nachfolgeplanung auf den steuerlichen Unternehmenswert. Ein Fehler. Wie stark Steuer- und Marktwert auseinanderliegen können und welche Konsequenzen das für Nachfolge und Erbschaftsteuer hat, erklärt B4B-Experte Martin Stetskamp.

Im Wirtschaftsraum Bayerisch-Schwaben stehen zahlreiche mittelständische, meist familiengeführte Unternehmen vor der Herausforderung der Nachfolge. Dabei spielt die Frage des Unternehmenswerts eine zentrale Rolle – sei es für die Berechnung der Erbschaft- oder Schenkungsteuer bei einer Übertragung innerhalb der Familie oder für einen möglichen Unternehmensverkauf. Doch Vorsicht: Der steuerliche Unternehmenswert, den das Finanzamt ermittelt, hat oft wenig mit dem tatsächlichen Marktwert des Unternehmens zu tun. In diesem Beitrag erfahren Sie, warum der Steuerwert und der „echte“ Wert (Verkehrswert) eines Betriebs häufig auseinandergehen, welche Bewertungsmethoden dahinterstehen und welche Fallstricke mittelständische Unternehmer in Bayerisch-Schwaben kennen sollten.

Steuerlicher Wert vs. tatsächlicher Marktwert

Wenn ein Unternehmen im Rahmen einer Nachfolge übertragen oder vererbt wird, verlangt der Staat eine Bewertung, um die Erbschaft- oder Schenkungsteuer festzusetzen. Gesetzlich soll diese Bewertung den gemeinen Wert (Verkehrswert) des Betriebs treffen – also grob den Preis, den ein unabhängiger Dritter am Markt zahlen würde. In der Praxis weicht der steuerlich ermittelte Wert jedoch häufig vom tatsächlichen Marktwert ab. Der Grund: Für steuerliche Zwecke kommen stark standardisierte Verfahren zum Einsatz, die sich von marktorientierten Bewertungsmethoden unterscheiden.

Steuerlicher Unternehmenswert: In der Regel wird für die Steuer ein vereinfachtes Ertragswertverfahren angewendet. Dabei ermittelt man einen Durchschnitt der vergangenen Jahresergebnisse (gewöhnlich der letzten drei Jahre) und multipliziert diesen mit einem festen Faktor. Dieses Verfahren ist vergangenheitsorientiert und typisiert – es unterstellt also pauschal gewisse Verhältnisse, anstatt die individuelle Situation des Unternehmens zu berücksichtigen.

„Echter“ Unternehmenswert: Demgegenüber basiert der markt- oder betriebswirtschaftliche Unternehmenswert (etwa bei einem Verkauf oder einer internen Bewertung nach Standard IDW S1) auf einer Zukunftsprognose. Hier fließen die erwarteten künftigen finanziellen Überschüsse des Unternehmens und dessen spezifisches Risiko in die Bewertung ein. Solche Verfahren versuchen, den Verkehrswert zu ermitteln – also den Wert, den ein Käufer unter realen Marktbedingungen zahlen würde.

Bewertungsmethoden im Vergleich

Zur Verdeutlichung lohnt ein Blick auf die wichtigsten Verfahren:

  • Vereinfachtes Ertragswertverfahren (steuerlich): Dieses Verfahren ist im Bewertungsgesetz (§§ 199 ff. BewG) festgeschrieben und kommt vor allem für Erbschaft- und Schenkungsteuerzwecke zum Einsatz. Es ist bewusst simpel gehalten: Aus den durchschnittlichen Gewinnen der letzten drei Jahre wird auf einen nachhaltig erzielbaren Jahresertrag geschlossen. Dieser Durchschnittsgewinn wird anschließend mit einem gesetzlich vorgegebenen Kapitalisierungsfaktor multipliziert. Aktuell beträgt dieser Faktor 13,75 (seit 2016 unverändert).
  • IDW S1 Ertragswertverfahren / DCF (marktorientiert): Nach dem Standard IDW S1 des Instituts der Wirtschaftsprüfer (häufig angewandt für Kauf/Verkauf oder interne Wertfindung) erfolgt die Bewertung auf Basis der zukünftigen Ertragsaussichten. In der Regel wird eine mehrjährige Unternehmensplanung erstellt, welche die voraussichtlichen Gewinne oder Cashflows der kommenden Jahre umfasst. Diese zukünftigen Überschüsse werden mit einem unternehmensindividuellen Kapitalisierungszins abgezinst, um den Barwert (heutigen Wert) zu erhalten. Der Zins richtet sich nach dem Risiko des Unternehmens und der branchenüblichen Renditeerwartung. Dieses Verfahren erfordert mehr Aufwand und Daten (z.B. Geschäftsplanungen), liefert aber eine marktorientierte Wertermittlung (Verkehrswert).

Der Kontrast könnte kaum größer sein: Das Finanzamt rechnet mit pauschalen Vergangenheitswerten und einem starren Faktor, während eine marktorientierte Bewertung die Zukunftschancen und Risiken jedes einzelnen Unternehmens einbezieht. Kein Wunder also, dass der steuerlich relevante Wert in der Regel vom Wert nach dem IDW S1-Standard abweicht.

Was bedeutet das konkret? In vielen Fällen führt das vereinfachte Verfahren zu einem anderen Ergebnis als eine professionelle Bewertung:

  • Hat ein Unternehmen in den letzten Jahren außergewöhnlich gute Ergebnisse erzielt, die in Zukunft so nicht fortführbar sind (z.B. einmalige Großaufträge oder Sondereffekte), kann der Steuerwert zu hoch ausfallen. Ein IDW S1-Gutachten würde diese absehbare Abschwächung berücksichtigen und vermutlich einen niedrigeren “echten” Wert ansetzen.
  • Umgekehrt kann das vereinfachte Verfahren ein Unternehmen unterbewerten, wenn z.B. starkes zukünftiges Wachstum oder jüngste positive Trends in den vergangenen Durchschnittszahlen noch nicht abgebildet sind. Auch besondere Risiken oder Investitionen, die in Zukunft anstehen, bleiben unberücksichtigt. Ein Käufer am Markt würde solche Faktoren jedoch sehen – sei es wertsteigernd (bei Wachstumspotenzial) oder wertmindernd (bei Risiken).
  • Zudem ignoriert das starre Verfahren Unterschiede in der Branche und Kapitalstruktur. Es verwendet für alle Betriebe denselben Kapitalisierungsfaktor, egal ob es sich um einen risikoreichen Start-up-Zulieferer oder ein etabliertes, schuldenfreies Familienunternehmen handelt. In der Realität würde man für ein sehr sicheres Unternehmen einen geringeren Zinssatz (höheren Wert) und für ein riskantes einen höheren Zinssatz (niedrigeren Wert) ansetzen.

Neben diesen beiden Ansätzen existieren noch andere Methoden. Beispielsweise werden in der Praxis oft Multiplikatorverfahren genutzt: Hierbei werden Kennzahlen wie Umsatz oder Gewinn mit branchentypischen Faktoren multipliziert, um eine schnelle Wertindikation zu bekommen. Diese dienen jedoch meist nur der Plausibilitätsprüfung oder groben Einordnung und ersetzen keine fundierte Bewertung.

Typische Fallstricke und Missverständnisse

Die Diskrepanz zwischen Steuerwert und echtem Wert führt häufig zu Missverständnissen bei Unternehmern, insbesondere wenn man das Thema Unternehmensnachfolge zum ersten Mal angeht. Hier einige typische Fallstricke:

  • Gleichsetzung von Steuerwert und Verkaufspreis: Manche Unternehmer nehmen an, der vom Finanzamt ermittelte Wert entspreche dem Preis, den sie beim Verkauf erzielen könnten. Tatsächlich weicht dieser Steuerwert oft erheblich vom Marktpreis ab. Ein Käufer bewertet Zukunftsperspektiven, Wettbewerbsvorteile und Synergien – all das spiegelt sich im Steuerwert kaum wider.
  • Fokus auf Steuerersparnis vs. strategische Planung: Verständlicherweise möchten viele bei einer geplanten Übergabe an die nächste Generation den Wert so niedrig wie möglich ansetzen, um Erbschaft- oder Schenkungsteuer zu minimieren. Allerdings ist nicht immer der niedrigste Wert optimal. Der Gesetzgeber gewährt für Betriebsvermögen großzügige Steuervergünstigungen (§§ 13a, 13b ErbStG), die an Quoten und Bedingungen geknüpft sind. Beispielsweise dürfen sogenannte Verwaltungsvermögen (wie vermietete Immobilien, Wertpapiere etc.) nur einen bestimmten Anteil des Gesamtwerts ausmachen, damit man in den Genuss der weitgehenden Steuerbefreiung kommt. Fallstricke: Wenn durch einen sehr niedrigen Unternehmenswert der relative Anteil dieses begünstigungsschädlichen Vermögens plötzlich über der erlaubten Quote liegt, verliert man die steuerlichen Vorteile. In solchen Fällen kann ein höherer Unternehmenswert sogar im Interesse des Steuerpflichtigen sein, um die Begünstigungen zu sichern. Es kommt also auf die richtige Balance an, anstatt blind nur auf die kleinste Zahl zu schielen.
  • Interne Nachfolge vs. externer Verkauf: Bei familieninternen Nachfolgen wird der Wert oft intern „akzeptiert“, auch wenn er (steuerlich) niedriger ist als am Markt. Schenkungen an Kinder werden häufig zum Steuerwert vollzogen. Später kann es aber zum Konflikt kommen, wenn etwa Geschwister ausgezahlt werden sollen oder ein Verkauf ansteht und dann ein viel höherer Preis erzielt wird. Missverständnis: Eltern und Nachfolger sollten sich bewusst sein, dass der steuerliche Wert ein Zweckwert ist – er dient der Steuerbemessung – und nicht automatisch dem wirtschaftlichen Fair Value. Für eine faire Aufteilung unter Erben oder Gesellschaftern sollte man ggf. zusätzlich eine marktorientierte Bewertung heranziehen.

Nachfolgeplanung im Mittelstand: Besonderheiten in Bayerisch-Schwaben

Gerade in Bayerisch-Schwaben mit seiner starken Mittelstandsstruktur ist das Thema Unternehmensbewertung bei Nachfolge ein Dauerbrenner. Viele Unternehmerinnen und Unternehmer planen in den kommenden Jahren die Geschäftsübergabe innerhalb der Familie oder einen Verkauf.

Für den Mittelstand in Schwaben bedeutet das: Frühzeitige Aufklärung und Planung sind essenziell. Wer sein Unternehmen in die nächste Generation übergeben möchte, sollte beide Wertperspektiven kennen – den Steuerwert zur Abschätzung der steuerlichen Last und Freigrenzen, aber auch den echten Marktwert für die strategische Planung. Insbesondere wenn eine externe Nachfolgelösung (Verkauf an einen Investor oder Management-Buy-out) nicht ausgeschlossen ist, sollte man wissen, was das Unternehmen am Markt ungefähr wert sein könnte. Das verhindert böse Überraschungen und hilft bei Entscheidungen, ob z. B. ein Angebot angemessen ist.

Fazit: Echtes Verständnis des Unternehmenswerts ist entscheidend

Es gibt nicht den einen richtigen Unternehmenswert – der Wert hängt vom Zweck und der Perspektive ab. Steuerliche Werte dienen der Fiskus-Bewertung und folgen ihren eigenen Regeln, während betriebswirtschaftliche Werte die ökonomische Realität und Zukunftschancen des Unternehmens widerspiegeln.

Sie haben Rückfragen an Martin Stetskamp, unseren Experten für das Thema Wirtschaftsprüfung, oder wünschen eine tiefergehende Beratung? Dann nehmen Sie jetzt direkt Kontakt auf.

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