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B4B-Leser fragt:
Bei der Geschäftsführerhaftung heißt es, dass eine Pflichtverletzung nicht vorliegt, wenn der Betroffene aufgrund „angemessener Informationen“ gehandelt hat. Was bedeutet „angemessen“ genau und wer entscheidet darüber?
Insolvenz- und Haftungsrechtsexperte Hans-Peter Heinemann von Dr. Hille Heinemann Rechtsanwälte antwortet:
Wer kennt sie nicht, die Sesamstrasse. Diese berühmte Kindersendung aus den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts brachte einen Slogan hervor, der auch heute noch unsterbliche Bedeutung genießt: „Wer nicht fragt, bleibt dumm!“. Diese Erkenntnis steht unweigerlich neben der weiteren Lebensweisheit: „Dummheit schützt vor Strafe nicht.“ Was heißt das für Geschäftsführer? Sie müssen neugierig sein und müssen Informationen einholen. Wenn sie also Entscheidungen treffen, die wesentliche Folgen für das Unternehmen nach sich ziehen können, müssen sie diese Entscheidungen sorgfältig treffen. Anderenfalls haften sie für etwaige Schäden, die in dem von ihnen geführten Unternehmen durch unüberlegtes Handeln eintreten. Denn Geschäftsführer einer GmbH oder Vorstände einer Aktiengesellschaft müssen ihre unternehmerischen Entscheidungen zum Wohle der Gesellschaft treffen. Das schreibt das Gesetz vor.
No risk – no business
Im Aktienrecht befindet sich eine auch auf GmbHs anwendbare Vorschrift, die einen aus dem angloamerikanischen Recht stammenden Grundsatz, die sogenannte Business Judgement Rule, übernommen hat. Darin heißt es, dass ein Geschäftsführer angemessene Informationen einholen muss, um eine unternehmerische Entscheidung sorgfältig treffen zu können. Sonst haftet er für Fehlentscheidungen. Der Geschäftsführer befindet sich aber gerade bei unternehmerischen Entscheidungen regelmäßig in einem Dilemma. Einerseits gibt es kein Geschäftsführerhandeln, was nicht einem gewissen Risiko ausgesetzt ist (no risk – no business). Andererseits ist der Geschäftsführer nach ständiger Rechtsprechung wie ein Vermögensbetreuer gegenüber dem Vermögen der GmbH zu betrachten, der quasi wie ein Treuhänder darauf zu achten hat, dass dieses nicht geschädigt wird. Tritt der Schaden gleichwohl ein, könnte der Geschäftsführer in die Haftung genommen werden, es sei denn, er kann nachweisen, dass er zuvor „angemessene Informationen“ eingeholt hat, von denen er „vernünftigerweise“ annehmen durfte, dass diese seine unternehmerische Entscheidung „zum Wohle der Gesellschaft“ tragen.
Unternehmerische versus gebundene Entscheidungen
Das Haftungsrisiko eines Geschäftsführers oder Vorstands ist deutlich geringer, wenn es sich nicht um eine unternehmerische Entscheidung handelt, sondern um eine gebundene Entscheidung. Unternehmerische Entscheidungen liegen nämlich immer im Ermessen der Geschäftsführung, während gebundene Entscheidungen aufgrund von Geboten oder Verboten aus der Satzung, dem Anstellungsvertrag oder aufgrund von Weisungen von Gesellschafterversammlungen oder Aufsichtsrat erfolgen. Setzt der Geschäftsführer solche legalen Vorgaben um, hat er in der Regel keinerlei Haftung zu befürchten. Bei Ermessensentscheidungen ist sein Haftungsrisiko dagegen deutlich größer.
Was ist also eine angemessene Information? Das lässt sich generell nicht beantworten, sondern hängt vom Einzelfall ab.
Beispiel für das Einholen „angemessener Informationen“
Ein Geschäftsführer möchte für seine Gesellschaft ein Unternehmen erwerben. Üblicherweise werden bei Unternehmenskäufen vorher Prüfungen vorgenommen (Due Diligence), die Risiken im zu erwerbenden Unternehmen aufdecken sollen. Eine Due-Diligence-Prüfung wird von Rechtsanwälten und Steuerberatern vorgenommen, die die wirtschaftlichen und rechtlichen Verhältnisse des zu erwerbenden Unternehmens genau durchleuchten. Am Ende steht in der Regel ein Prüfungsbericht, welcher etwaige Risiken aufzeigt. Unterlässt ein Geschäftsführer eine solche Prüfung, verhindert er Erkenntnisse über Risiken des zu erwerbenden Unternehmens. Wirkt sich später dann ein solches Risiko aus, etwa weil Vergütungsansprüche von Arbeitnehmern deutlich höher sind als zunächst erwartet, haftet er, weil er mangels einer Due-Diligence-Prüfung keine „angemessenen Informationen“ eingeholt hatte, um über den Unternehmenskauf zu entscheiden.
Das Beispiel zeigt, dass der Geschäftsführer zwar im Rahmen unternehmerische Ermessensentscheidungen einen erheblichen Spielraum hat. Gleichwohl sollte er verlässliche Informationsquelle nutzen, den zu beurteilenden Sachverhalt vollständig erfassen und Ergebnis offen hinterfragen. Kann er die Informationen nicht selbst beschaffen und beurteilen, muss er externe Berater hinzuziehen. Deren Ratschläge muss er wiederum auf Plausibilität prüfen. Je nach Einzelfall ist das Maß der Informationsbeschaffung auch unterschiedlich. Dabei ist zu berücksichtigen, welche Zeit der Geschäftsführer zu Informationsbeschaffung hatte und ob die geforderten Informationen in einem angemessenen Kosten-Nutzenverhältnis standen. Dies wird leider erst immer im Nachhinein zu prüfen sein.
Tipp: Entscheidungsgrundlage dokumentieren
Deswegen gilt der gute Rat: Geschäftsführer sollten sich genau überlegen, welche Informationen Sie zur Beurteilung des Sachverhalts ihrer Entscheidung benötigen. Diese sollten Sie einholen, entweder aus internen verlässlichen Informationsquellen oder über externe Berater. Die Informationsbeschaffung sollte zunächst ergebnisoffen sein, da alles andere sonst den Blick verstellt. Und wenn sie dann eine Entscheidung getroffen haben, sollten sie ihre Entscheidungsgrundlage sorgfältig dokumentieren, damit sie sich später entlasten können.
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