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Nach einer von der Techniker Krankenkasse veröffentlichten Statistik waren dort Versicherte in den ersten 11 Monaten durchschnittlich 17,7 Tage krankgeschrieben. In den Jahren 2023 und 2022 waren es noch jeweils 17,4 Tage, im Jahr 2021 nur 13.2 Tage. Rechtsanwalt Dr. Ralf Brexel zeigt, was Arbeitgeber angesichts dieser Entwicklung rechtlich beachten sollten.
Grundsätzlich steht nach dem Gesetz jedem Arbeitnehmer, der durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert wird, ohne dass ihn ein Verschulden hieran trifft, ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung bis zur Dauer von sechs Wochen zu (§ 3 I Entgeltfortzahlungsgesetz, EFZG). Dreh- und Angelpunkt der Entgeltfortzahlung ist die ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die ein erkrankter Arbeitnehmer bei einer länger als drei Kalendertagen andauernden Erkrankung nach Gesetzeslage beizubringen hat. Ihre Vorlage darf der Arbeitgeber aber auch früher verlangen. Inzwischen erfolgt dies digital, der Arbeitgeber kann die Daten bei der Krankenkasse des Arbeitnehmers abrufen, wenn der krankschreibende Arzt diese über die Arbeitsunfähigkeit informiert hat, wozu er verpflichtet ist.
Immer wieder geben die Begleitumstände von krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeiten aber Anlass zu Zweifeln, ob der betreffende Arbeitnehmer überhaupt arbeitsunfähig erkrankt ist oder nicht. Gerade der Beweiswert der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die gegebenenfalls auch telefonisch erlangt werden kann, wirft hier oftmals Fragen auf. In bestimmten Fallkonstellationen kann es für Arbeitgeber durchaus lohnenswert sein, hier näher hinzusehen und die Umstände kritisch zu hinterfragen.
Im Streitfall muss der Arbeitnehmer die Tatbestandsvoraussetzungen der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit darlegen und beweisen, wobei einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ein hoher Beweiswert zukommt. Der Arbeitnehmer muss dann, wenn der Arbeitgeber Umstände vorbringen kann, die den Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttern, gegebenenfalls weitere Beweise anführen. Derartige Umstände können beispielsweise dann vorliegen, wenn der Arbeitnehmer auffällig oft für eine kurze Dauer vermeintlich arbeitsunfähig ist oder öfter zu Beginn oder Ende einer Kalenderwoche. Ebenso, wenn ein Arbeitnehmer häufig am Ende eines Urlaubs oder rund um Brücken- oder Feiertage erkrankt. Auch das Verhalten eines Arbeitnehmers im Fall einer Erkrankung kann hier eine Rolle spielen, wenn sich dieser nicht so verhält, wie man es von einem Erkrankten erwartet, beispielsweise wenn ein vermeintlich erkrankter Arbeitnehmer in seiner Freizeit bei einem intensiven Kneipenbummel angetroffen wird. Ein besonders signifikanter Fall liegt auch dann vor, wenn ein Arbeitnehmer sich im Zusammenhang mit einer selbst ausgesprochenen Kündigung oder unmittelbar nach Zugang einer arbeitgeberseitigen Kündigung krankmeldet. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Dauer der Arbeitsunfähigkeit mit der verbleibenden Kündigungsfrist zusammenfällt. Nach einer aktuellen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 21.08.2024 (Aktenzeichen 5 AZR 248/23) kann dies sogar dann gelten, wenn der Arbeitnehmer nur Kenntnis von einer bevorstehenden Kündigung hat und eine solche überhaupt noch nicht zugegangen ist.
Immer wieder kommt es in der Praxis auch zu erhöhtem Klärungsbedarf, wenn nach Ablauf eines sechswöchigen Zeitraums mit Entgeltfortzahlung ein Arbeitnehmer im Anschluss hieran mit einer vermeintlichen neuen Erkrankung den Neubeginn des Entgeltfortzahlungszeitraums für sich reklamiert. In einem solchen Fall kann der Arbeitgeber unter Hinweis auf den sogenannten Grundsatz der Einheit des Verhinderungsfalls das Vorliegen einer neuen, auf einem anderen Grundleiden beruhenden Erkrankung bestreiten. Ein neuer Entgeltfortzahlungsanspruch entsteht dann nur, wenn der Arbeitnehmer den Beweis erbringt, dass die erste krankheitsbedingte Arbeitsverhinderung bereits zu dem Zeitpunkt beendet war, zu dem die weitere Erkrankung zur Arbeitsunfähigkeit führte (Bundesarbeitsgericht vom 11.12.2019, Aktenzeichen 5 AZR 505/18). Es ist hier ausreichend, wenn der Arbeitgeber einen engen zeitlichen Zusammenhang der bescheinigten Arbeitsverhinderungen als Indiz für einen einheitlichen Verhinderungsfall vorträgt. Ein solcher Zusammenhang liegt vor bei unmittelbarem Aufeinanderfolgen der vermeintlichen Erkrankungen oder bei Unterbrechung nur an einem arbeitsfreien Tag oder an einem Wochenende. Insbesondere der Nachweis, dass die erste Erkrankung bei Eintritt der Folgeerkrankung bereits ausgeheilt war, dürfte schwer zu führen sein.
Die dargestellten Fälle zeigen anschaulich, dass es angesichts der nicht unerheblichen Belastung mit den Kosten für eine vermeintlich geschuldete Entgeltfortzahlung für Arbeitgeber durchaus lohnenswert sein kann, in fragwürdigen Konstellationen aufmerksam zu sein und auch anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.