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B4BSCHWABEN: Was hat sich in den Jahren Ihrer Tätigkeit im Unternehmen verändert? Wo erkennen Sie Unterschiede zu früher?
Dominik Schwärzel: Grundlegend geht der aktuelle technologische Wandel mit gesellschaftlichen und kulturellen Veränderungen einher. Mit dem Generationenwechsel kommen neue, junge Menschen nach, die andere Bedürfnisse, Vorstellungen, Werte und Bedarfe haben als Menschen, die jetzt in den Ruhestand gehen. Da sind Stichwörter wie agile Transformation ganz vorne mit dabei. Wir entfernen uns von komplexen, hierarchischen Strukturen und strikt getrennten Abteilungen und steuern auf agile Produktionsorganisation zu, in der alle die an einem Prozess beteiligt sind, eng miteinander arbeiten. Das führt dazu, dass die Teams viel entscheidungsfähiger als in der Vergangenheit sind und mehr Verantwortung übernehmen können.
Mark Bulmahn: Dazu hat sich in den vergangenen Jahren einiges technologisch verändert. Die größte Veränderung der letzten zehn Jahre ist die Umstellung auf das Software-as-a-Service-Modell (SaaS). Wir sind ein lang bestehendes Softwarehaus und haben klassischerweise sogenannte on-premise Softwarelösungen gebaut, also branchenspezifische Lösungen, die wir unseren Kunden lizensiert haben. Dazu kommen unsere Lösungen, die Kunden zudem selbst bei sich vor Ort betreiben. Je komplexer die Lösungen werden, desto weniger können Kunden hier selbstständig agieren. Da kommt das SaaS-Modell ins Spiel. SaaS bezeichnet eine Lösung, die über das Internet bereitgestellt wird und von den Kunden nicht mehr auf eigenen Server installiert werden muss. Man kann es mit Strom aus der Steckdose statt aus einem Kraftwerk im Keller vergleichen.
Sie arbeiten an Lösungen für Branchen wie die Versorgungswirtschaft, Kirchen und kirchliche Einrichtungen, Sozialwesen und Gesundheitswesen. Wie schafft die Wilken Software Group die unterschiedlichen Bedürfnisse der Kunden dieser Branchen zu bedienen und gleichzeitig eine einheitliche Produktstrategie zu verfolgen?Mark Bulmahn: Auf den ersten Blick sind diese Branchen unterschiedlich. Aber wenn man sich das genauer anschaut, sind für sie alle die gleichen Themen wichtig: Kirchen betreiben zum Beispiel ganz häufig wesentliche soziale Einrichtungen wie Altenpflegeheime oder Werkstätte für Menschen mit Behinderungen. Energieversorger, wie um Beispiel Stadtwerke, nehmen ebenfalls eine wichtige Funktion in unserer Gesellschaft wahr: Die Branchen sind Bestandteil wichtiger Infrastruktur. Deswegen geht es dort viel um Sicherheit, Datenintegrität et cetera, und genau das ist, was wir als Unternehmen schon lange machen und sehr gut beherrschen. Die funktionale Gemeinsamkeit ist demnach das eine Bindeglied. Das andere ist die Finanztransaktion. Das ist im Kern eine unserer Schlüsselkompetenzen, um durch IT-Lösungen nicht nur zu unterstützen, sondern zu digitalisieren. Die dritte Gemeinsamkeit der Branchen ist, dass es ein paar langfristig wirkende Trends und Herausforderungen in unserer Gesellschaft gibt, von denen diese Organisationen allesamt im gleichen Maße betroffen sind. Ein Beispiel wäre der Fachkräftemangel.
Inwiefern äußert sich der Fachkräftemangel in der Tech-Branche bzw. bei der Wilken Software Group?Mark Bulmahn: Wir als Tech-Unternehmen sind auf jeden Fall vom Fachkräftemangel betroffen, aber genauso sind es unsere Kunden wie zum Beispiel in den kirchlich sozialen Einrichtungen oder der Versorgungswirtschaft. Wo gestern noch kompetente, hochspezialisierte Mitarbeiter waren, die jetzt in den Ruhestand gehen, rücken Einzelne nach. Sie kommen vielleicht gerade frisch von der Uni und bringen ganz neue Ideen und Perspektiven mit, gerade auch, was Effizienz angeht. Allerdings können diese einzelnen Neuzugänge nicht, die Menge an Menschen ersetzen, die jetzt schon und in den kommenden Jahren wegfallen wird. Zudem können sie sich auch nicht in kürzester Zeit all die Erfahrung aneignen. Sowohl bei uns als auch unseren Kunden steigt deshalb der Workload stetig. In der Altenpflege beispielsweise steigt die Arbeitslast durch immer mehr alte Menschen. Dadurch, dass gleichzeitig die Dokumentationspflicht weiter zunimmt, haben wir immer weniger Menschen, die das abarbeiten können. Diese Überforderungslücke gilt es zu überbrücken.
Unsere Lösungen ermöglichen es den Kunden, sich auf ihre Kernaufgaben zu konzentrieren, während „lästige Arbeiten“ wie Dokumentation oder komplexe Wechselprozesse automatisiert werden. So müssen sich beispielsweise Energieversorger nicht mehr um Personal für zusätzliche Call Center bemühen, sondern können Anfragen von KI-gestützten Chat Interfaces bearbeiten lassen. Das ist auch für deren Kunden praktischer. Ich persönlich habe auch keine Lust eine Postkarte nach Hause geschickt zu bekommen, die mir mitteilt, dass ich nach meinem Umzug meinen Zählerstand mitteilen muss. Ich will vorab eine E-Mail mit einem Link bekommen, wo ich bei einem Chat Interface lande und dort ganz schnell und einfach meinen Zählerstand mitteilen kann.
Seit geraumer Zeit sorgt künstliche Intelligenz nachhaltig für Aufsehen in unserer Gesellschaft. Wie präsent ist das Thema bei Wilken?Mark Bulmahn: KI ist schon längt Teil unseres Alltags. Machine Learning Algorithmen im statistischen Bereich sind schon Commodity, die wir in unseren Lösungen integriert haben. Ich gehe jetzt mal auf die Large Language Models (LLMs) ein, die momentan den größten Hype erfahren. Für uns ergeben LLMs zwei große Anwendungsfelder, die wir momentan auch nutzen. Das Erste sind unsere Softwarelösungen. Statt Mitarbeiter in Telefonservices einzusetzen, wenn Kunden von Energieversorgern Fragen zu einer bestimmten Rechnung haben, gibt es KI-basierte Lösungen. Oft kann die KI dem Kunden weiterhelfen, ohne dass auf anderweitig eingesetzte Mitarbeiter zurückgegriffen werden muss. Teilweise gibt es KI auch im Kundenservice per Telefon. Wirklich erstaunlich. Man erkennt schon, dass es eine KI ist, aber nicht sofort.
Das zweite Anwendungsfeld von KI ergibt sich für uns selbst. Wir haben ganz viele Daten, die in unser Unternehmen einfließen, die zu verstehen und zu verarbeiten sind. Dadurch, dass wir gleichermaßen vom Fachkräftemangel betroffen sind, sind wir immer weniger in der Lage diese Kapazitäten aufzubieten. Und genau hier schlagen die LLMs in eine Kerbe ein. Sie helfen immens diese Datenmengen zu analysieren, Muster zu erkennen und weiterzuverarbeiten.
Wie zeichnet sich die Wilken Software Group als Arbeitgeber aus?Dominik Schwärzel: Unsere Mitarbeitenden sind das Fundament des Erfolgs. Deswegen investieren wir auch massiv in sie und wollen, dass unser Unternehmen immer attraktiver für unsere Mitarbeiter wird. Hier spielen Punkte hinein wie moderne New-Work Praktiken oder zukunftsweisende Standortdesigns mit Fokus auf Kollaboration und Nachhaltigkeit.
Zudem waren früher unsere Abteilungen klar voneinander abgegrenzt. Also es gab zum Beispiel eine Abteilung für Qualitätssicherung, eine für Softwareentwicklung, wieder eine andere für Beratung und Support und so weiter. Das ist jetzt immer näher zusammengerückt, in sogenannte cross-funktionale oder interdisziplinäre Teams, in denen diese Rollen direkt im daily Business zusammenarbeiten. Das führt nicht nur zu einem besseren Flow, sondern auch zu mehr Verantwortungsübernahme. Die Teams sind viel entscheidungsfähiger als in der Vergangenheit und fühlen sich deutlich mehr als Teil des Endproduktes und sehen sich gemeinsam in der Verantwortung für eine maximale Kundenzufriedenheit.
Was sind die langfristigen Ziele und Visionen für die Zukunft der Wilken Software Group?Mark Bulmahn: Wir haben die Vision, Technologiepartner Nummer 1 für unsere Kunden zu sein. Diese Vision erfüllt sich vor allem über eine Verantwortungsübernahme, weil diese Kunden für ganz große Dinge verantwortlich sind. Es ist allen bewusst, dass die Energieversorger Deutschlands eine unerlässliche gesellschaftliche Aufgabe und Verantwortung haben. Und Teil dieser Verantwortung sind wir. Wenn unsere Softwarelösungen nicht funktionieren, haben diese Organisationen, sowie die Endverbraucher ein Riesenproblem. Für uns bedeutet das, dass wir auch diese Verantwortung teilen und somit Verantwortungsübernahme gefordert ist. Das ist für uns ein wesentliches Vehikel, um unserer Vision näher zu kommen.
Dominik Schwärzel: Uns ist zudem wichtig, dass wir weiterhin eine dauerhafte und nachhaltige Stabilität in unserem Unternehmen aufrechterhalten. Unsere strategische Ausrichtung hat sich natürlich in den letzten Jahren verändert, aber was geblieben ist, ist die nachhaltige Stabilität. Das ist sozusagen ein Stück weit DNA von Wilken. Alle Investitionen der letzten 46 Jahre haben wir zu 0 Prozent fremdfinanziert, was ein Symbol von nachhaltiger Stabilität ist. Wir investieren das, was wir haben, in unsere Technologien, Mitarbeiter und Kunden und sind nicht auf pure Gewinnmaximierung fixiert. Klar müssen wir auf ein Wachstum des Unternehmens achten, denn in diesen Branchen, wo wir unterwegs sind, kann man nicht stagnieren. Aber kurz gesagt: Wir entwickeln uns zum nachhaltig relevanten und stabilen Tech-Unternehmen, bei dem man gerne arbeitet und das eine Sogwirkung auf dem Markt hat, und zwar nicht nur für Kunden, sondern auch für Mitarbeiter.
Das ist die Wilken Software GroupDie Wilken Software Group ist ein renommiertes Software-Unternehmen mit mehr als 600 Mitarbeitenden und Hauptsitz in Ulm. Seit 1977 entwickelt das Unternehmen spezialisierte IT-Lösungen für marktorientierte und intuitiv nutzbare Dienstleistungen für die Branchen Energie, Gesundheit und Soziales und hat sechs Standorte in Deutschland, der Schweiz und Spanien. Mark Bulmahn (51) ist seit Mai 2023 in der Position des CIO bei Wilken tätig. Im Unternehmen selbst ist er aber schon seit 2010, wo er insbesondere für die Entwicklung neuer Produktlösungen verantwortlich war. Dominik Schwärzel (37) ist seit fünf Jahren in der Geschäftsführung und seit drei Jahren als CEO tätig. Zuvor durchlief er ebenso unterschiedliche Positionen im Unternehmen, wie beispielsweise die Bereichsleitung Beratung, Gesamtvertriebsleitung oder als persönlicher Referent des geschäftsführenden Gesellschafters.