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B4BSCHWABEN.DE: Zuallererst würde mich interessieren, was hat Sie dazu bewogen, in die Politik zu gehen?
Eric Beißwenger: Ich war lange Zeit selbstständig und unternehmerisch tätig. Deshalb war der Gestaltungswille sehr stark. Ich wollte nicht über die Politik motzen und nörgeln, sondern mich selbst einbringen und auch was entsprechend besser machen und verbessern.
B4BSCHWABEN.DE: Was macht denn ein bayerischer Europaminister genau? Können Sie das erklären? Was sind Ihre Aufgaben?
Im Prinzip ist es meine Aufgabe, Bayern sichtbar machen – in Europa und der Welt. Deshalb auch: Minister für Europaangelegenheiten und Internationales. Wenn man es etwas frech auf den Punkt bringen möchte, dann bin ich der Cheflobbyist für Bayern. Das heißt, ich halte Kontakt zu ausländischen Staatsoberhäuptern, zu Ministern, zu Botschaftern, zu Konsuln usw. und versuche, bayerischen Interessen immer wieder Gehör zu verschaffen und Bayerns Anliegen zumindest in der EU durchzusetzen.
B4BSCHWABEN.DE: Was kann Bayern denn konkret in Brüssel bewegen?
Überraschend viel. Weil, Punkt 1: Bayerns internationaler Ruf ist hervorragend. Nebenbei: Wenn Bayern ein eigenständiges Land wäre – die Betonung liegt auf dem Konjunktiv – dann wären wir die sechstgrößte Volkswirtschaft in der EU. Punkt 2: Wir haben in aller Bescheidenheit eine der schönsten Vertretungen in Brüssel, ehrlicherweise die schönste und direkt vorm Parlament gelegen. Die Vertretung und ihre Mitarbeiter genießen höchstes Ansehen. Das wissen nicht nur bayerische und deutsche EU-Parlamentarier, sondern auch solche aus anderen Ländern. Und Punkt 3: Wir pflegen hervorragende Beziehungen zu anderen EU-Staaten, zum Beispiel Österreich oder Tschechien, um nur zwei zu nennen. Diese Beziehungen können wir nutzen, um bei Bedarf über Bande zu spielen. Darüber hinaus haben wir natürlich auch eigene Abgeordnete in Brüssel und mit Manfred Weber den EVP-Vorsitzenden in unseren Reihen – immerhin die größte Fraktion im EU-Parlament.
B4BSCHWABEN.DE: Können Sie auch zusammenfassen, was die europäische Union generell für uns leistet und sehen Sie irgendwo auch noch Defizite?
Was die europäische Union vor allem bedeutet, gerät manchmal etwas in Vergessenheit. Wir haben mit beinahe 80 Jahren Friedensdividende das erfolgreichste Projekt der europäischen neuzeitlichen Geschichte überhaupt. Wir haben mit dem gemeinsamen Währungs- und Wirtschaftsraum ein wahnsinnig erfolgreiches Projekt. Aber wir sind mehr als Frieden, Währung und Wirtschaft. Uns ist gerade in jüngster Vergangenheit wieder bewusst geworden, dass die EU auch eine Werteunion von Frieden, Freiheit und Demokratie ist. Entscheidend ist aber auch, dass die EU die Möglichkeit bietet, Probleme zu lösen und Themen zu regeln, bei denen einzelstaatliche Lösungen und Regelungen nicht weit führen, beispielsweise beim Klima- und Umweltschutz oder der Migration. Ich bin für ein Europa, das die großen gemeinsamen Aufgaben löst und die Eigenständigkeit der Mitgliedstaaten und Regionen achtet – Stichwort Subsidiarität. Das ist das Fundament eines funktionierenden Europas. Die Europastrategie der Bayerischen Staatsregierung hat insbesondere drei Prioritäten: Europa muss mehr für eigene Sicherheit tun und verteidigungsfähig werden. Die ungelenkte Migration muss begrenzt und eine gemeinsame europäische Asylpolitik weiter gestärkt werden. Bayern steht zum Migrationspakt. Für eine echte Wende ist aber noch mehr nötig. Und drittens muss die EU stärker den Wohlstand sichern. Nach dem Green Deal braucht es jetzt dringend einen Economic Deal: Europa muss wieder zu einem Zentrum für Innovationen werden.
B4BSCHWABEN.DE: Kürzlich war die Europawahl und wenn man Europa im Allgemeinen betrachtet, dann kann man sehen, dass wir generell nach rechts gerückt sind. Bereitet Ihnen das Sorge?
Der Trend nach rechts bis hin zu rechtsextremistischen oder rechtsradikalen Parteien erscheint natürlich beängstigend. Angst ist aber ein schlechter Berater. Positiv ist zunächst einmal, dass die Ampel, die bisher nicht nur in Berlin, sondern auch in Brüssel die Mehrheit hatte, abgewählt wurde. Deshalb hoffen wir auch sehr, dass es wieder mehr positive Impulse in Richtung Wirtschaft und Landwirtschaft geben wird. Wir brauchen in Zukunft statt einem Green Deal einen Economic Deal.
B4BSCHWABEN.DE: Können Sie das nochmal genauer definieren, was ein Economic Deal ist?
Bisher war alles auf den Green Deal ausgerichtet: Themen der Nachhaltigkeit, des Klima- und Umweltschutzes standen im Vordergrund. Auch wir sind klar und eindeutig für eine Dekarbonisierung, also für die Einsparung und den Abbau von Kohlendioxid. Aber wir wollen dabei keine Deindustrialisierung. Wenn wir CO2 dadurch reduzieren, dass wir unsere Industrien vor die Wand fahren, leisten wir nicht nur dem Klima einen Bärendienst. Dann stoßen andere Staaten in diese Lücke, Staaten, die sich viel weniger um Umwelt- und Sozialstandards scheren. Deshalb muss das politische Handeln wieder stärker auf die Wirtschaft ausgerichtet werden. Damit unsere vergleichsweise saubere Wirtschaft stark bleibt und den Wohlstand erwirtschaftet, der uns in die Lage versetzt, Forschung und Entwicklung zu betreiben, auch zugunsten des Klima- und Umweltschutzes.
B4BSCHWABEN.DE: In Deutschland war ja die AfD die zweitstärkste Partei. Viele geben der Ampelregierung die Schuld daran. Wie stehen Sie denn dazu?
Es ist eine beängstigendes Entwicklung. Vor allem, weil die AfD sich immer mehr radikalisiert hat, ganz im Gegensatz zu anderen rechten Parteien im europäischen Umfeld, die versuchen, weiter in die Mitte zu rücken. Ich glaube schon, dass da auch die Ampel Verantwortung hat. Inflation, explodierende Energiepreise, Lieferkettenproblematiken führen zur Rezession in Deutschland, Aber alle anderen Länder um uns rum sind nicht in der Rezession. Warum nur Deutschland? Obwohl doch auch alle anderen Länder diese Probleme haben. Da liegt doch die Vermutung nahe, dass es mit unserer Bundesregierung zu tun haben muss. Für mich ist die Bundesregierung das größte Risiko für die Wirtschaft. Und ich glaube, das spürt auch unsere Bevölkerung. Die Ampel duckt sich auch bei bestimmten elementaren Fragen wie der Migrationspolitik weg. Auch wir wollen Zuwanderung in die Arbeitsplätze aber wir wollen keine ungelenkte, illegale Migration in die Sozialsysteme. Wir wollen eine funktionierende Grenzsicherung. Natürlich alles im europäischen Rahmen.
B4BSCHWABEN.DE: Jetzt sind wir schon beim Thema Wirtschaft. Unsere regionale Wirtschaft, die bayerisch–schwäbische Wirtschaft, fordert eine wirtschaftsfreundlichere EU-Politik. Stichwörter sind hier: Starker Binnenmarkt, weniger Bürokratie, pragmatische Handelspolitik und bezahlbare Energie. Welche Einwirkungsmöglichkeiten haben Sie bei diesen Themen?
Wir versuchen, bei allen Themen in Brüssel ein Frühwarnsystem zu installieren. Wir wollen, noch bevor etwas in die Richtung eines Gesetzgebungsverfahren läuft, informiert sein, um unsere Interessen und Anliegen frühzeitig einbringen zu können. Und wir versuchen auch, gegebenenfalls eigene Themen zu setzen, zur Not auch im Konzert mit anderen Staaten. So brauchen wir in Brüssel in der neuen Legislaturperiode einen neuen wirtschaftlichen Aufbruch.
B4BSCHWABEN.DE: Welche Themen stehen denn bei Ihnen ganz oben auf der Agenda?
Im Moment steht natürlich die Europameisterschaft ganz oben, die ja auch bei uns in Bayern, in München in der heimlichen Fußballhauptstadt oder der offiziellen stattfindet. Und da sind sehr viele Gespräche auch mit anderen Staatsoberhäuptern. Als Schottland gegen Deutschland gespielt hat, war zum Beispiel der schottische Regierungschef bei uns. Letzte Woche haben wir uns mit dem slowenischen Premierminister und auch mit der Präsidentin und ich mich auch mit der Außenministerin getroffen. Es sind eigentlich täglich Staatsgäste, auch aufgrund des Fußballs, bei uns in Bayern und das ist im Moment der Punkt schlechthin. Aber wir versuchen jetzt natürlich auch die Weichen der Europapolitik schon in die richtige Richtung zu stellen.