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Marwa Klink: "Ich kann Geschlechter-Klischees nicht nachvollziehen"
Teil 2: Interview mit Augusta-Preis-Gewinnerin

Marwa Klink: "Ich kann Geschlechter-Klischees nicht nachvollziehen"

Marwa Klink, Ingenieurin bei MT Aerospace in Augsburg, wurde mit dem Augusta Wirtschaftspreis für Frauen als Newcomerin des Jahres ausgezeichnet. Foto: PicturePeople Fotostudio Stuttgart-Milaneo
Marwa Klink, Ingenieurin bei MT Aerospace in Augsburg, wurde mit dem Augusta Wirtschaftspreis für Frauen als Newcomerin des Jahres ausgezeichnet. Foto: PicturePeople Fotostudio Stuttgart-Milaneo

Im Oktober wurde die Luft- und Raumfahrtingenieurin Marwa Klink mit dem „Augusta – Wirtschaftspreis für Frauen“ als Newcomerin des Jahres 2024 ausgezeichnet. Im zweiten Teil des Interviews mit B4BSCHWABEN.de erzählt sie, was eine gute Führungskraft ausmacht und was sich ändern muss, damit Frauen gleichberechtigter sind.

In Ihrer Laudatio hieß es, dass Sie die Teammitglieder aus unterschiedlichen Herkunftsländern und Kontinenten zu einer gleichwertigen Mannschaft geformt haben. Wie haben Sie das gemacht?

Ich muss das ein bisschen relativieren. Wir waren Teammitglieder aus drei Firmen und es war mir sehr wichtig, dass wir eine Augenhöhe in dem Team erreichen. Das heißt, es ist ganz egal, wie die Hierarchie ist. Es ist auch egal, wie die Zuständigkeitsbereiche waren. Wir sagen nicht: „Das ist jetzt nicht dein Bereich und deshalb sollst du dich lieber um deine Sachen kümmern.“ Sondern wir sind immer offen, uns gegenseitig zu challengen und gegenseitig Hilfestellungen zu geben. Da war ein Weg, wie wir alle mit den unterschiedlichen Hintergründen, unterschiedlichem Erfahrungsschatz, mit unterschiedlichem Alter, sehr gut klarkamen. Die Projektergebnisse wären nicht erreicht worden, wenn wir uns menschlich nicht so gut verstanden hätten. Aber ich denke jetzt nicht, dass es nur am Zutun von einem Einzigen, in diesem Fall von mir, lag. Es war einfach ein Zusammenspiel. Wir haben versucht, ein bisschen agil und menschenzentriert zu sein. Man sollte als gute Führungskraft sehr viel auf die Leute hören und man sollte seine Rolle darin sehen, dass man die Räume schafft, in denen es den Leuten besser geht. Man ist dafür da, dass die Leute gut arbeiten können. Kein starres „Ich erwarte von dir das als Output.“ Das hat in meiner Erfahrung nicht gut funktioniert.

Sie kommen aus Tunesien, ein Land mit einem anderen Hintergrund als Deutschland, sowohl politisch als auch kulturell. Wie beeinflussen Ihre Erfahrungen Ihren Führungsstil?

Ich finde, das ist schwierig zu beantworten. Ich kann nicht auseinanderdividieren, was ich als Mensch bin und was ich bin, weil ich woanders sozialisiert wurde. Der Mensch ist die Summe seiner Erfahrungen und ich kann die Frage nicht beantworten, ohne in Stereotype zu driften, wissen Sie? Es ist natürlich immer bereichernd, wenn man zwei Kulturen gesehen hat und über den Tellerrand sehen kann, weil man eine andere Biografie hat. Aber wie das meinen Führungsstil prägt, kann ich nicht sagen.

Sie haben anfangs gesagt, dass der Preis auch Motivation für Frauen sein soll, Managerin oder Ingenieurin zu werden. Ihr Berufsfeld ist noch sehr männerdominiert. Erleben Sie Situationen, in denen Sie sich denken: „Wenn ich ein Mann wäre, hätte ich das jetzt so nicht erlebt“?

Ja, die gibt es auch. Allerdings muss ich sagen, meine Firma bemüht sich da und ist sich dieses Thema sehr, sehr bewusst. Es gibt eher den Fall, dass es überhaupt keine Rolle spielt, ob man Mann oder Frau ist und dass man sich die Augenhöhe durch seine Arbeit und durch seine Kompetenz erarbeiten kann. Also von daher bin ich in dieser Firma sehr privilegiert, was das angeht. Aber ab und zu gibt es auch den Fall, dass ein Kunde dazu tendiert, eher den Kollegen anzuschauen, mit dem Kollegen zu arbeiten, als mit mir – obwohl ich die Verantwortliche bin. Aber ich muss sagen, es ist eher die Ausnahme. Also mir geht es hier als Frau richtig gut.

Wie gehen Sie denn mit diesen Situationen um, wo Sie merken, dass der Kollege als Gesprächspartner herangezogen wird, obwohl sie die Verantwortliche sind?

Am Abend ist man schon traurig, aber ich denke, das zu thematisieren, wäre nicht zielführend. Ich bin eine sehr direkte, ehrliche Person und ich nehme kein Blatt vom Mund, aber jedes Mal darauf hinzuweisen, ich denke nicht, dass es der Weg ist. Sondern der Weg geht über Gewöhnung, über mehr Frauen, die in Führungspositionen sind, mehr Frauen, die mehr Verantwortung haben. Ein Punkt ist noch wichtig: Nicht in meiner Firma, aber in meinem Netzwerk aus Frauen habe ich gemerkt, dass bei Bewerbungsgesprächen und bei Bewerbungen immer wieder diese Komponente dazu kommt, dass Frauen schwanger werden können. Das finde ich sehr antiquiert, aber es wird leider noch gelebt. Es ist zwar gesetzlich nicht mehr möglich, dass man nach der Familienplanung fragt. Aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich darauf angesprochen wurde, als ich angefangen habe, mich zu bewerben. Also das sollten wir hinter uns lassen und man sollte bei den Entscheidern auch ein anderes Bewusstsein erwecken. Wenn ich eine gute Mitarbeiterin habe und sie fällt für sechs Monate oder ein Jahr aus, kann ich das auch als Investition in eine gute Arbeitskraft sehen, etwas, das eine Bindung zu meinem Unternehmen aufbaut. Das Gleiche gilt, wenn ein Mann in der gleichen Situation eingestellt wäre: Der würde auch in Elternzeit gehen. Zum Glück eine schöne gesellschaftliche Erneuerung. Aber ein Jahr oder ein paar Monate machen am Ende nicht mehr so viel aus. Das sollten wir irgendwie überwinden.

Was braucht es, damit Frauen mehr in männerdominierte Berufe und in Führungspositionen kommen?

Einige Sachen. Das Erste sind diese sozialen Rollen und die Narrative, die damit einhergehen. Ich kann es nicht nachvollziehen, dass man in Deutschland als Klischee denkt: „Frauen sind besser in Geisteswissenschaften und Männer in Naturwissenschaften.“ Ich kenne es anders. Ich bin in Tunesien aufgewachsen und es war überhaupt kein Thema, ob Frauen Mathe, Physik, Biologie, Chemie und Technik können. Und warum sollen sie es auch nicht können? Das finde ich richtig kritisch. Da muss man die Narrative ändern und man darf die Kinder von klein auf nicht mit solchen Stereotypen konfrontieren, sonst wachsen sie rein. Denn diese Erwartungshaltung führt dazu, dass sich diese Prophezeiung realisiert. Mit der Veränderung der Narrative wird sich auch das Selbstbewusstsein von Frauen in der Technik verändern und damit wird es sich normalisieren, dass wir mehr Frauen in der Technik haben und dadurch findet man seinen Weg. Das andere ist die Förderung. Ich erlebe, dass Männer untereinander dazu tendieren, sich eher zu pushen und positiv darzustellen. In der Zusammenarbeit mit Frauen ist das nicht unbedingt so. Das haben wir, denke ich, irgendwie nicht gelernt und das sollte man auch nachholen.

Lesen Sie im ersten Teil des Interviews, was der Preis für Marwa Klink bedeutet und welche Erfahrungen sie in Deutschland als Einwanderin gemacht hat.