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Ifo-Chef Prof. Dr. Clemens Fuest: „Für untere Einkommen lohnt sich Vollzeit praktisch nicht“
50. Augsburger Konjunkturgespräch

Ifo-Chef Prof. Dr. Clemens Fuest: „Für untere Einkommen lohnt sich Vollzeit praktisch nicht“

Beim 50. Konjunkturgespräch der IHK Schwaben waren kompetente Redner auf der Bühne. Die Keynote hielt ifo-Chef Prof. Clemens Fue
Beim 50. Konjunkturgespräch der IHK Schwaben waren kompetente Redner auf der Bühne. Die Keynote hielt ifo-Chef Prof. Clemens Fuest (2.v.r). Foto: Michael Arnold / B4BSCHWABEN.de

Wird Schwaben die Krise überstehen? Diese Frage wollen die Experten des 50. Konjunkturgesprächs der IHK Schwaben beantworten. Das ist das Ergebnis.

Fast 300 Gäste fanden sich bei der IHK Schwaben zum 50. Konjunkturgespräch bei der IHK Schwaben ein. Denn die wirtschaftliche Situation ist angespannt. Das Interesse aus der regionalen Wirtschaft ist groß. Denn die Wirtschaftsleistung in Deutschland ist gesunken, die Republik steht im Ruf, der „kranke Mann in Europa“ zu sein. Ein Image, dass auch für Schwaben alles andere als förderlich ist.

Gut 300 Gäste waren bei der 50. Auflage des Events bei der IHK Schwaben mit dabei. Fotos: Michael Arnold / B4BSCHWABEN.de

Zur 50. Ausgabe des Konjunkturgesprächs begrüßte der neue IHK-Präsident Reinhold Braun. Trotz aller Schwierigkeiten machte er es sich zur Aufgabe, Zuversicht zu verbreiten. Er machte deshalb auf den Netzwerkcharakter der Veranstaltung aufmerksam. Er rief die Unternehmer auf, sich auszutauschen und von gegenseitigen Erfahrungen zu profitieren. Trotzdem mahnte er auch zur Vorsicht: „Wir sehen in Schwaben deutliche Schwächen. Die USA bieten enorm attraktive Standortbedingungen für Unternehmen. Wir schaffen es dagegen nicht, diese Lücken in Deutschland zu schließen.“ Das könne auch die niedrige Arbeitslosenquote und die günstige Lage zwischen den Metropolen München und Stuttgart nicht wett machen. Ein weiterer Fokuspunkt von Braun: Innovation. Sein Appell deshalb: „Wir brauchen Innovation am Standort. An Produkten, wie Geschäftsmodellen. Wir müssen dem Scheitern auf dem Weg zum Erfolg mehr Akzeptanz schaffen.“

Das Konjunkturgespräch feierte „Goldene Hochzeit“

Einer der Gastredner des Konjunkturgesprächs war der Vizepräsident der Universität Augsburg, Prof. Dr. Peter Welzel. „Ich freue mich, dass die Verbindung zwischen IHK und Universität schon so lange hält“, begrüßte er das Publikum zur „Goldenen Hochzeit“ des Konjunkturgesprächs. Die Idee zum Gespräch vor 50 Jahren war, Wissenschaft und Wirtschaft zusammenzubringen. Dies hat sich bis heute nicht geändert. Obwohl, eine Kleinigkeit schon. Früher stand das Konjunkturgespräch über einem Generalthema. Dies ist heute anders. Peter Welzel regte an, vielleicht künftig wieder solche Themen zu finden.

ifo-Chef Prof. Dr. Clemens Fuest schätzt die aktuelle Situation ein

Vor 50 Jahren startete das erste Konjunkturgespräch. Und 1974 und 2024 haben dabei – aus wirtschaftlicher Sicht – durchaus etwas gemeinsam. 1974 wurden Energiepreise teurer. Stichwort: Ölpreisschock. Steigende Inflation. Wirtschaftskrise. „Trotzdem ist die Welt nach 1974 nicht schlechter geworden“, sagt Fuest, „sie hat sich geändert. Gemeistert haben wir die Krise durch Anpassung. Das kann heute auch funktionieren.“ Zunächst aber: Bestandsaufnahme. Im BIP-Wachstum fällt Deutschland zurück. Indien verbuchte 6,8 Prozent Wachstum. Spanien um 2,4 Prozent. In Deutschland schrumpfte das BIP dagegen um 0,3 Prozent. In einem Rückblick erklärte Fuest, andere Länder hätten die Corona-Krise besser überwunden als Deutschland. Hohe Zinsen seien schuld, könne man sagen – doch auch für andere Länder sind die Zinsen gestiegen, gibt Fuest zu bedenken. Dennoch gibt Fuest Grund zur Hoffnung. „Der große Inflationsschub ist vorbei“, sagt er. Die Lage könne sich also entspannen. Eine echte Entspannung könne dagegen eine besser Planungssicherheit für Unternehmen bringen. Fuest sprach sich für Bürokratieabbau aus. „Manche Gesetze sind total überflüssig“, mahnte er an.

Die Schuldenbremse darf keine Wachstumsbrenze sein

Aus vielerlei Lager hört man derzeit, die Schuldenbremse sei (mit)verantwortlich für die aktuelle Lage. Die Schuldenquote ist in Deutschland, verglichen mit anderen Ländern wie den USA, niedrig. Trotz allem sei die deutsche Finanzpolitik nicht nachhaltig, erklärt Fuest. Man müsse somit entweder sparen oder neue Einnahmequellen schaffen. Aber ist die Schuldenbremse nachhaltig? Laut empirischer Forschung gehe hervor, so Fuest, dass Länder mit bindenden Fiskalregeln ein höheres Wachstum verzeichnen – dass in solchen Ländern weniger investiert wird kann dabei nicht belegt werden. Trotzdem ist das Wachstum in Deutschland – die Sprache der Zahlen ist eindeutig – gehemmt. Haben wir also auch eine Wachstumsbremse in unserer Republik?

Eine wichtige Rolle in dieser Frage spielt der Fachkräftemangel. In Deutschland gibt es so viele Erwerbstätige wie nie zuvor. „Doch die Teilzeitarbeit boomt“, sagt Fuest. Dadurch fehlt den Unternehmen Arbeitskraft. Die Lösung? „Damit das Arbeitsangebot steigt, muss sich die Arbeit lohnen“, meint Fuest. Anstelle des Bürgergelds zu arbeiten kommentiert Fuest mit: „Lohnt es sich? Naja geht so.“ Ein Hemmnis also für das Wirtschaftswachstum. Zumal bei höheren Einkommen die Ansprüche auf Sozialleistungen verschwinden. Das trifft besonders Menschen der unteren Mittelschicht. „Für diese Einkommen lohnt sich Arbeit praktisch nicht. Das ist kein tragfähiges System, in dem wir leben“, erläutert Fuest. Deshalb ist es für den Experten auch verständlich, weshalb viele Menschen sich dazu entscheiden, nicht mehr Vollzeit zu arbeiten. „Eigentlich müsste man jedem Menschen einen Orden anheften, die in diesen Einkommen arbeiten. Denn einen anderen Grund gibt es nicht mehr“, witzelt Fuest. Das Publikum schmunzelt. Doch eigentlich ist die Lage, so macht sich bei Clemens Fuests Vortrag der Eindruck breit, eher zum Verzweifeln.

Was muss passieren, um Schwaben aus der Krise zu führen?

Was ist also die Lösung? Clemens Fuest sagt: Wir brauchen eine neue Angebotspolitik. Dafür formulierte er einige Punkte. Bürokratie muss abgebaut werden, das Steuersystem reformiert. Es braucht mehr Investitionen in die Infrastruktur und in die Digitalisierung. Erwerbsanreize müssen gesteigert werden, auf Arbeitskräftezuwanderung muss gesetzt werden. Innovationen, Bildung und Spitzentechnologien müssen genutzt werden. Die Dekarbonisierung des Landes muss weniger kleinteilig werden. Der EU-Binnenmarkt muss gestärkt werden. Und zuletzt müsse die Ausgabenumschichtung der Staatsfinanzen neu priorisiert werden.

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