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Dr. Marc Lucassen: Die Umfrageergebnisse verdeutlichen die bedrohliche Lage. Wenn jetzt schon mehr als jedes dritte Unternehmen in Industrie und Bauwirtschaft über Produktionsausfälle oder -einschränkungen klagt, werden wir bei weiteren Kostensteigerungen oder gar einer Mangellage eine deutliche Erosion unserer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit erleben. Der stark industriell geprägte süddeutsche Raum verspielt gerade seine wirtschaftliche Führungsposition – sowohl innerhalb Deutschlands als auch im internationalen Vergleich.
Produktionsverlagerungen finden bereits statt oder sind in Planung. In einigen Firmenzentralen fallen bereits Entscheidungen gegen den hiesigen Wirtschaftsstandort. Eine Abwanderungsbewegung ist damit in Gang gesetzt. Das sind klare Vorboten einer Deindustrialisierung unserer Region. Wenn wir diese Energiekrise nicht in den Griff bekommen, werden immer mehr Unternehmen in Schieflage geraten. Mehr als ein Drittel ist schon jetzt von der Energiekrise stark betroffen; jedes vierte Unternehmen sieht sogar das eigene Geschäftsmodell in Gefahr. Wir müssen verhindern, dass sich die Energiekrise zur Axt am Stamm des Wirtschaftsstandorts Bayerisch-Schwaben entwickelt.
Der Staat muss jetzt – ähnlich wie in der Corona-Pandemie – entschlossen handeln, um die Energiekrise in den Griff zu bekommen. Andernfalls droht tatsächlich eine Insolvenzwelle. Das setzt allerdings voraus, dass die politisch Handelnden ihre parteitaktischen Überlegungen hinten anstellen und sich einzig und allein auf die Lösung dieser Jahrhundertkrise konzentrieren. Denn die sich überlagernden Krisen führen bereits zu erheblichen Lieferkettenproblemen in wichtigen Schlüsselbranchen.
Wenn etwa chemische Basisprodukte nicht mehr produziert werden, stehen umgehend weitere Branchen still. Wenn metallische Bauteile nicht durch Galvanisierung gehärtet werden können, hat das dramatische Auswirkungen auf den Maschinenbau, die Luft- und Raumfahrt, die Automobilindustrie oder etwa die Medizintechnik. Wenn Adblue für Dieselfahrzeuge fehlt, dann bleiben Lkw und Busse auf dem Hof, Regale bleiben leer, Schüler und Arbeitnehmer bleiben zu Hause und vielen mittelständischen Betriebe droht der Produktionsstopp. All das zeigt, wie unser gesamtes Wirtschaftssystem von einer sicheren und bezahlbaren Energieversorgung abhängig ist.
Angesichts der dramatischen Lage geht es nicht nur um kleinteilige Eingriffe, sondern um den großen Wurf, der auch vor manchen Tabus nicht Halt macht. Aus Sicht der IHK Schwaben gibt es mehrere Stellhebel zur Bewältigung der Krise. Zunächst muss in der jetzigen Situation alles getan werden, um das Strom- und Gasangebot auszuweiten. Daraus ergibt sich, dass alle verfügbaren Kapazitäten zur Stromproduktion auch tatsächlich genutzt werden und die Hemmnisse des Ausbaus weiterer Kapazitäten endlich fallen. Zusätzliche Kosten auf den Strompreis wie CO2 -Abgabe und Stromsteuer müssen umgehend auf das europäische Minimum gesenkt werden. Auch das Entlastungspaket sollte schnell um gezielte Unterstützungsmaßnahmen für den Mittelstand als Rückgrat der deutschen Wirtschaft ergänzt werden. Trotz der ordnungspolitischen Risiken erscheint es zudem notwendig, die komplexen Mechanismen des europäischen Strommarktes zu überdenken und gegebenenfalls anzupassen. Es ist also schnelle Hilfe gefragt.
Wir beraten die Unternehmen zu allen Aspekten des Energiesparens. Hier ist das Potenzial aber begrenzt, da die meisten Unternehmen ohnehin sehr energieeffizient wirtschaften. Viele Unternehmen prüfen derzeit den Umstieg von Gas auf Öl oder Kohle. Als IHK klären wir über alle rechtlichen Vorgaben auf. Ansonsten sind unsere Unternehmen sehr krisenerfahren und finden in der Regel den besten Weg für ihren Betrieb. Sollten nun mehr Unterstützungsmaßnahmen für die Wirtschaft kommen, gilt es zügig die Anforderungen zu prüfen und anschließend entsprechende Anträge einzureichen. Auch hier stehen wir beratend an der Seite unserer Unternehmen. Wir schaffen darüber hinaus Gesprächsforen zwischen Energieversorgern und Großkunden, um eine Gasmangellage zu verhindern.