B4B Schwaben

Holen Sie sich B4BSCHWABEN.de auf Ihr Smartphone.
Klicken Sie auf das Symbol zum „Teilen” in der Toolbar von Safari. Finden Sie die Option „Zum Home-Bildschirm”. Mit einem Klick auf „Hinzufügen” ist die Installation abgeschlossen! Schon ist die Website als App auf Ihrem iOS-Gerät installiert.

B4B Schwaben
 / 
B4B Nachrichten  / 
Augsburg  / 
Bayerisch-schwäbische Wirtschaft in der Krise: „Wir brauchen Mut zu Reformen“
IHK Schwaben stellt Konjunkturumfrage vor

Bayerisch-schwäbische Wirtschaft in der Krise: „Wir brauchen Mut zu Reformen“

v. l. n. r. IHK-Präsident Reinhold Braun und IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Marc Lucassen stellten die Ergebnisse der IHK-Konjunkturumfrage Herbst 2024 vor. Foto: IHK Schwaben
v. l. n. r. IHK-Präsident Reinhold Braun und IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Marc Lucassen stellten die Ergebnisse der IHK-Konjunkturumfrage Herbst 2024 vor. Foto: IHK Schwaben

Der IHK-Konjunkturindex in Bayerisch-Schwaben ist unter die Wachstumsschwelle gesunken. Das zeigen die Ergebnisse der aktuellen Konjunkturumfrage. Die IHK Schwaben hat konkrete Forderungen an die Politik, um für ein Wirtschaftswachstum zu sorgen.

Während im Frühjahr der Konjunkturindex für Bayerisch-Schwaben zumindest noch bei 101 Punkten lag, ist er jetzt im Herbst auf 99 Punkte und damit unter die Wachstumsschwelle gesunken. Zum Vergleich: Der Konjunkturindex für Bayerisch-Schwaben lag in den vergangenen zehn Jahren durchschnittlich bei 117 Punkten. Damit setzt sich laut IHK-Hauptgeschäftsführer Marc Lucassen ein Abwärtstrend fort, der bereits 2018 angefangen hat. „Deutlich vor Corona gab es erste Zeichen für einen Abschwung, der sich jetzt leider fortsetzt“, sagt Lucassen. Im September hatte die IHK ihre Umfrage an rund 1400 Unternehmen in Bayerisch-Schwaben verschickt, rund 800 haben daran teilgenommen.

Unternehmen blicken pessimistischer in die Zukunft

Allgemein bewerten laut der IHK-Umfrage 32 Prozent der Unternehmen in Bayerisch-Schwaben die aktuelle Geschäftslage negativer als noch im Frühjahr (30 Prozent). 22 Prozent der Unternehmen schätzen ihre aktuelle Situation als schlecht ein, ein Viertel der Unternehmen erwartet, dass sich ihre wirtschaftliche Situation in den kommenden Monaten verschlechtert. Lediglich 15 Prozent gehen von einer Verbesserung aus. „Keine Spur von Aufbruchsstimmung in der regionalen Wirtschaft. Stattdessen verschlechtert sich die Lage weiter“, bewertet Lucassen die Umfrageergebnisse. Die Zahl der Insolvenzen und Unternehmen in Kurzarbeit hat laut IHK Schwaben bisher nicht zugenommen.

Welche Branchen betrifft die Wirtschaftskrise?

Von der sinkenden Konjunkturentwicklung sind durchweg alle Branchen in der Wirtschaftsregion Bayerisch-Schwaben betroffen. Am positivsten ist die Stimmung bei den unternehmensbezogenen Dienstleistern. Hier liegt der Index über 100 Punkten. Im Einzelhandel und im Reise- und Gastgewerbe liegt der Index in etwa beim Mittelwert von 99 Punkten

Besonders trifft es laut IHK Schwaben die Industrie und das Baugewerbe. Hier liegt der Konjunkturindex in der Region mit rund 80 Punkten deutlich unter der Wachstumsschwelle von 100. Für Lucassen sind das deutliche Alarmsignale. Vor allem bei den Produzenten von Vorleistungsgütern, die in der Herstellung oft energieintensiv sind, breche die Konjunktur stark ein.

Warum sinkt die Wirtschaftsleistung in Bayerisch-Schwaben?

Erstmals sehen die Unternehmen laut der IHK-Umfrage die schwache Inlandsnachfrage als das größte Risiko für die bayerisch-schwäbische Wirtschaft: 66 Prozent der befragten Unternehmen stimmten hier zu. 60 Prozent sehen die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen als Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung, 49 Prozent die Energie- und Rohstoffpreise. Knapp die Hälfte bewertet den Arbeits- und Fachkräftemangel als Risiko.

Für den IHK-Präsidenten Reinhold Braun und den Hauptgeschäftsführer Marc Lucassen ist es eine Mischung aus hausgemachten Problemen, die der deutschen Wirtschaft und damit auch den Unternehmen in Bayerisch-Schwaben schadet und Investitionen verhindert. „Wir sind keine Insel. Unser Mittelstand muss international wettbewerbsfähig sein“, sagt Braun. Doch auch wenn er weiter an den Wirtschaftsstandort Bayerisch-Schwaben glaubt, sieht er die internationale Wettbewerbsfähigkeit derzeit als nicht gegeben. Das liegt laut Lucassen zum einen an den vergleichsweise hohen Energiepreisen. Zum anderen werde in Deutschland durch zu viel Bürokratie und Regelungen Innovationen behindert.

Weniger Investitionen und Konsum

Ein weiteres Problem ist laut IHK Schwaben das anhaltend schwache Auslandsgeschäft, da in Bayerisch-Schwaben viele Unternehmen im Ausland aktiv sind. „Das aktuelle Auftragsvolumen aus allen wichtigen Weltregionen ist im Saldo negativ. Den Produktionsstandort Bayerisch-Schwaben mit vielen im Ausland aktiven Unternehmen trifft dies besonders hart“, sagte Lucassen. Allgemein führten die geo- und wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen zu Unsicherheiten. Das wiederum habe zur Folge, dass Unternehmen weniger investieren und auch Privatleute weniger konsumieren. 28 Prozent der befragten Unternehmen planen laut IHK Schwaben, ihre Investitionen weiter zu reduzieren. 15 Prozent wollen derzeit in der Region nicht investieren.

In Bayerisch-Schwaben fehlen 17.500 Arbeitskräfte

Ebenfalls ein Grund für die Probleme in der Wirtschaftsregion Bayerisch-Schwaben ist, dass derzeit 17.500 Arbeitskräfte fehlen. Die IHK erwartet, dass diese Zahl in den kommenden drei Jahren auf bis zu 19.400 ansteigt. Gleichzeitig herrsche in Bayerisch-Schwaben mit einer Arbeitslosenquote von 3,4 Prozent quasi Vollbeschäftigung. Der Mangel an Arbeitskräften spielt aus Sicht der IHK Schwaben damit in der Region eine größere Rolle als im Rest von Deutschland.

Welche Lösungen sieht die IHK Schwaben?

IHK-Präsident Braun findet auch hier deutliche Worte: „Die Probleme sind alle hausgemacht und damit veränderbar.“ Dies sieht er gleichzeitig als gute Nachricht. Die IHK Schwaben fordert von der Politik, die Stromsteuer zu senken und eine einheitliche Strompreiszone beizubehalten. Für alle Branchen solle die Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß gesenkt werden. Die derzeit diskutierte Einführung von zwei Strompreiszonen müsse dringend verhindert werden. „Das würde eine Standortverschlechterung für Süddeutschland, bedeuten. Das lehnen wir deutlich ab“ sagte Braun.

Weiter fordert die IHK, Unternehmenssteuern auf ein wettbewerbsfähiges Niveau abzusenken: Der Wirtschaftsstandort Deutschland würde für Investoren attraktiver werden, wenn der kombinierte Körperschaftsteuersatz auf 20 bis 25 Prozent gesenkt wird. Damit sei der Steuersatz dann auf einem international vergleichbaren Niveau.

IHK Schwaben fordert Reform des Arbeitsmarktes

Großes Potential und Relevanz sieht die IHK Schwaben darin, die Arbeitsleistung in Deutschland zu steigern, sprich die fehlenden Arbeits- und Fachkräfte in allen Branchen auszugleichen. „Eine große Schraube, an der wir drehen können und müssen, ist die Arbeitsmarktreform“, sagt Braun. Was heißt das konkret? Zum einen erwartet IHK-Präsident Braun bessere wirtschaftliche Rahmenbedingungen, um die Arbeitskraft von Migrant:innen und ausländischen Fachkräften zu nutzen. „Die Hauptleistung bei der Integration findet bei den Kommunen und dem Mittelstand statt“, sagt Braun. Um als Arbeitsstandort für ausländische Fachkräfte attraktiv zu sein, gehöre auch, genügend Wohnraum zu schaffen.

IHK Schwaben ist für Arbeitszeitverlängerung

Ein weiterer Hebel ist laut IHK eine Verlängerung der Arbeitszeit. Angebote, die einen frühere Renteneintritt fördern, müssten kritisch hinterfragt werden. Die IHK Schwaben verweist hierbei auf Zahlen des Ifo Instituts: Wenn die Rente mit 63 abgeschafft wird, würde das Bayerisch-Schwaben 3.500 Arbeitskräfte bringen. Wird das Renteneintrittsalter von 67 auf 69 erhöht, stünden Bayerisch-Schwaben in den kommenden Jahren knapp 11.000 Arbeitskräfte mehr zur Verfügung, bayernweit 80.000. „Frührente und dergleichen können wir uns auf Dauer gar nicht leisten“, sagt Braun. Außerdem bringt er eine Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit ins Spiel: „Wenn alle Arbeitnehmer in Bayerisch-Schwaben eine Stunde pro Woche mehr arbeiten würden, würde das die Lücke der fehlenden Arbeitskräfte füllen“, sagt er.

Doch auch Angebote für arbeitswillige Renter und Teilzeitkräfte müssten verbessert werden. Hier bringt die IHK Schwaben die Abschaffung des Ehegattensplittings zu Gunsten einer individuellen Besteuerung ins Spiel: In Bayerisch-Schwaben könnte es dadurch für 4.500 Menschen attraktiver werden, ihre Stundenzahl zu erhöhen. „Es ist wichtig, alle Themen mal offen und ehrlich anzusprechen. Auch die, die nicht gut ankommen“, sagt Braun.

Für all das braucht es laut IHK-Präsident Braun aber eines: Mut. „Man muss die Veränderungen wollen, es braucht Mut für Reformen. Wir sind noch nicht an der Talsohle der Abwärtsbewegung angekommen.“ Der Mut für Reformen ist für die IHK Schwaben und ihren Präsidenten das Wort der Stunde. „Wir sind keine Insel. Unser Mittelstand muss international wettbewerbsfähig sein. Wir glauben an den Wirtschaftsstandort Bayerisch-Schwaben“, sagt Braun.

Artikel zum gleichen Thema