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Seit März 2020 herrscht aufgrund der Corona-Pandemie allerorts ein Ausnahmezustand, der auch viele Gewerberaummietverhältnisse betrifft. Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie trafen und treffen gerade Gewerbetreibende, insbesondere den Einzelhandel, massiv. Durch die bis zum Lockdown reichenden Beschränkungen waren einerseits Gewerbetreibende vielfach daran gehindert, die für ihren Geschäftsbetrieb angemieteten Gewerberäume vollumfänglich zu nutzen. Andererseits haben Vermieter die berechtigte Erwartung auf vollständige Zahlung der Miete; denn sie haben auf die eingeschränkten Nutzungsmöglichkeiten selbst keinen Einfluss.
Ob und in welchem Umfang im Einzelfall der vertraglich vereinbarte Mietzahlungsanspruch angepasst werden muss, war umstritten und Gegenstand zahlreicher instanzgerichtlicher Entscheidungen. Um sich der Mietzahlungspflicht zu entledigen, haben Mieter als Rechtfertigung das Recht auf Minderung (§ 536 BGB), die Unmöglichkeit der Gebrauchsüberlassung (§ 275 BGB) sowie das Vorliegen einer Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) herangezogen. Die grundsätzliche Anwendbarkeit der Regelungen zur Störung der Geschäftsgrundlage wurde mit Verkündung des im Dezember 2020 neu eingeführten Art. 240 § 7 EGBGB bestätigt. Die Entscheidungen der Instanzgerichte zu den Voraussetzungen und zur Darlegungs- und Beweislast für die Bejahung einer solchen Störung der Geschäftsgrundlage sowie zu den Rechtsfolgen weichen stark voneinander ab.
Das Oberlandesgericht (OLG) Dresden etwa hat in seiner Entscheidung vom 24.02.2021 (Az. 5 U 1782/20) die pauschale Halbierung der Mietzahlung für den Zeitraum von staatlich angeordneten Ladenschließungen als gerechtfertigt erachtet. Begründet hat das OLG seine Ansicht damit, dass das Risiko der Ladenschließung nicht allein vom Mieter zu tragen sei. Dem entgegenstehend hat z.B. das OLG München am 17.02.2021 (Az. 32 U 6358/20) eine solche Pauschalisierung abgelehnt und verlangt, dass für die Annahme eines vollständigen oder teilweisen Wegfalls der Mietzahlungspflicht alle Umstände des Einzelfalls zu beurteilen sind.
Am 12.01.2022 (Az. XII ZR 8/21) verkündete das höchste deutsche Zivilgericht, der Bundesgerichtshof (BGH), nunmehr sein Urteil zu der seit mittlerweile fast zwei Jahren in der Rechtsprechung umstrittenen Frage der Mietzahlung bei coronabedingten Geschäftsschließungen:
Im konkreten Fall ging es um die Filiale eines Textil-Discounters im Raum Chemnitz, die vom 19.03.2020 bis zum 19.04.2020 aufgrund staatlicher Schließungsanordnung zur Eindämmung der Corona-Pandemie schließen musste. Der Mieter bezahlte die Miete für diesen Zeitraum nicht, woraufhin der Vermieter Klage erhob. Das OLG Dresden hatte hierzu als Vorinstanz des BGH entschieden, dass der Mieter nur etwa die Hälfte zahlen müsse; denn das Risiko einer pandemiebedingten Gebrauchsbeschränkung der Mietsache treffe keine der beiden Mietvertragsparteien allein. Der BGH hob dieses Urteil auf.
Nach dem Urteil des BGH können Gewerbemieter wegen staatlicher Schließungsanordnungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie zwar grundsätzlich einen Anspruch auf Anpassung der Miete haben. Dies bedeutet aber nicht, dass die Mieter stets pauschal eine Anpassung der Miete für den Zeitraum der Schließung verlangen können. Ob eine Anpassung der Miete in Betracht kommt, bedarf immer einer umfassenden Abwägung der Umstände im Einzelfall; eine pauschale Betrachtungsweise verbietet sich insoweit.
Zu den relevanten Umständen des Einzelfalls, die der Mieter aufgrund der ihm obliegenden Darlegungs- und Beweislast nunmehr detailliert offenlegen muss, zählen nach dem Urteil des BGH zum Beispiel die Umsatzeinbußen für das konkrete Objekt, staatliche Hilfen oder Versicherungsleistungen. Ebenso sind die Interessen des Vermieters in der gebotenen Abwägung zu berücksichtigen. Welche weiteren Umstände für die Beurteilung herangezogen werden müssen, hat der BGH nicht ausgeführt. Insoweit dürfte man sich an der bisherigen Rechtsprechung der Instanzgerichte ergänzend orientieren können.
Der BGH hat daher mit seinem Urteil eine gewisse Klarheit geschaffen und eine grobe Richtlinie vorgegeben. Die endgültige Beurteilung und Gewichtung der Umstände des Einzelfalles bleibt jedoch den Instanzgerichten vorbehalten. Zur Beurteilung der Chancen und Risiken im Einzelfall ist daher den betroffenen Vermietern und Mietern eine fachkundige juristische Beratung und Begleitung dringend zu empfehlen.