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Das Hinweisgeberschutzgesetz: Risiko und Handlungsbedarf für Arbeitgeber
Jens Goldschmidt, SCHEIDLE & PARTNER

Das Hinweisgeberschutzgesetz: Risiko und Handlungsbedarf für Arbeitgeber

Rechtsanwalt Jens Goldschmidt, Partner der Augsburger Wirtschaftskanzlei SCHEIDLE & PARTNER, ist Fachanwalt für Arbeitsrecht. Fo
Rechtsanwalt Jens Goldschmidt, Partner der Augsburger Wirtschaftskanzlei SCHEIDLE & PARTNER, ist Fachanwalt für Arbeitsrecht. Foto: SCHEIDLE & PARTNER

In Deutschland ist am 2. Juli 2023 das „Gesetz für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen“ (Hinweisgeberschutzgesetz – HinSchG) in Kraft getreten. Die hiermit bezweckte Umsetzung der EU-Whistleblowing-Richtlinie war längst überfällig: die EU-Kommission hatte aufgrund der verzögerten Umsetzung bereits ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet und nachfolgend Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland beim EuGH eingereicht.

Das Gesetz wird nicht unerhebliche Auswirkungen auf die betriebliche Organisation haben; insbesondere wird jedoch der durch das Gesetz gegebene Schutz vor Repressalien sowie eine entsprechende Vermutungswirkung zu Lasten des Arbeitgebers künftig zu Problemen und ungeklärten Rechtsfragen führen.

Das HinSchG regelt den Schutz sämtlicher hinweisgebenden Personen. Dies sind nach gesetzlicher Definition „natürliche Personen, die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit oder im Vorfeld einer beruflichen Tätigkeit Informationen über Verstöße erlangt haben und diese an die nach diesem Gesetz vorgesehenen Meldestellen melden oder offenlegen“ (§ 1 Abs. 1 HinSchG). Gemeint sind damit insbesondere (aber nicht nur) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Das Gesetz gilt für sämtliche Unternehmen unabhängig von ihrer Größe oder Anzahl der Beschäftigten. Als Erleichterung für kleinere Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten ist lediglich vorgesehen, dass diese keine interne Meldestelle einrichten müssen; hinweisgebende Personen sind daher bei Kleinunternehmen auf die bundes- und landesweit einzurichtenden externen Meldestellen angewiesen.

Gesetzlich geregelte Beweislastumkehr

Damit sind für sämtliche Unternehmen, gleich welcher Größe, die gesetzlich geregelten Schutzmaßnahmen für hinweisgebende Personen zu beachten. In der Praxis eine wesentliche Rolle wird die in § 36 HinSchG geregelte Beweislastumkehr spielen: sofern eine hinweisgebende Person (z.B. Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer) eine Benachteiligung im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit erleidet und geltend macht, diese Benachteiligung infolge einer Meldung oder Offenlegung nach diesem Gesetz erlitten zu haben, so hat der Arbeitgeber zu beweisen, dass die Benachteiligung auf hinreichend gerechtfertigten Gründen basierte oder dass sie nicht auf der Meldung oder Offenlegung beruhte. In der Praxis könnte daher ein/e Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer geneigt sein, sich bei drohenden „Unannehmlichkeiten“ (zum Beispiel Kündigung) durch eine Meldung oder Offenlegung in eine vorteilhafte Position zu bringen: im Rahmen einer Auseinandersetzung über die Wirksamkeit der Kündigung hätte der Arbeitgeber zusätzlich zu den übrigen Wirksamkeitsvoraussetzungen darzulegen und zu beweisen, dass die Kündigung NICHT auf der Meldung oder Offenlegung beruhte, was in vielen Fällen problematisch sein dürfte.

Anpassungserfordernis für Arbeitsvertragsklauseln

Abschließend sei auch darauf hingewiesen, dass wohl nahezu sämtliche Arbeitsvertragsklauseln, in welchen sich der Arbeitgeber eine benachteiligende Maßnahme vorbehält (z.B. Versetzungs-/Freistellungsklauseln), aber auch andere Klauseln wie Geheimhaltungsverpflichtung des Arbeitnehmers, unverzüglich einer Überarbeitung bedürfen: § 39 HinSchG sieht die Unwirksamkeit von Vereinbarungen vor, welche die nach dem HinSchG hinweisgebenden Personen zustehenden Rechte einschränken; daher dürften Klauseln, welche zum Beispiel keine Ausnahme von der Geheimhaltungspflicht für hinweisgebende Personen vorsehen, einer AGB-Inhaltskontrolle nicht standhalten und damit in Gänze unwirksam sein. Es empfiehlt sich, die aktuell verwendeten Arbeitsvertragsmuster durch auf das Arbeitsrecht spezialisierte Berater entsprechend zu überarbeiten.

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