Holen Sie sich B4BSCHWABEN.de auf Ihr Smartphone.
Klicken Sie auf das Symbol zum „Teilen” in der Toolbar von Safari. Finden Sie die Option „Zum Home-Bildschirm”. Mit einem Klick auf „Hinzufügen” ist die Installation abgeschlossen! Schon ist die Website als App auf Ihrem iOS-Gerät installiert.
„Je diskontinuierlicher sozialer Wandel und dessen Auswirkungen sind, desto größer ist die Bereitschaft in der Gesellschaft, Generationen einen Namen zu geben", fasst der Soziologe Henk A. Becker den Trend zur Generationenforschung zusammen. Egal ob Politik, Medien oder eben auch Marketing: Je unberechenbarer die Umbrüche in Wirtschaft und Gesellschaft werden, umso attraktiver sind Modelle, die Struktur und Orientierung bieten.
Marken, die wissen, wie ihre Zielgruppen ticken, haben einen enormen Vorteil, sowohl im Consumer- und B2B-Marketing als auch im Employer Branding.
Das Generationenmodell spiegelt den Zeitgeist von Alterskohorten mit etwa 10 bis 15 Jahren – eine weite Spanne. Die spezifischen Charakteristika einer Generation sind maßgeblich durch kollektive Erfahrungen geprägt, wie beispielsweise soziale, politische, kulturelle und technologische Rahmenbedingungen. Beispiele sind der Spaß-Anspruch der im Wohlstand aufgewachsenen Generation Y oder das starke Sicherheitsbedürfnis der Generation X, resultierend aus einer Kindheit zwischen Ölkrise, Kaltem Krieg und beginnender Massenarbeitslosigkeit.
Natürlich werden dadurch aber nicht alle Vertreter der Generation X oder Y zu einer homogenen Gruppe, sondern Streuungen sind normal: Nicht jeder zwischen 1997 und 2012 Geborene ist technikaffin und arbeitsscheu, genauso wenig wie alle zwischen 1965 und 1980 Geborenen unpolitisch und leistungsorientiert sind. Evaluiert man aber die Marktforschungsergebnisse zu Fragestellungen rund um Werte, Konsum-, Medien- und Freizeitverhalten, bilden die Mittelwerte jeder Generation klare Unterschiede ab. Diese sogenannte „Intergenerationsdifferenz“ liefert eine valide Datenbasis für generationenorientierte Zielgruppen-Cluster im Marketing.
Dabei betrifft die Clusterung nicht nur die Auswahl der richtigen Kanäle und Touchpoints, sondern erfolgreiche Kommunikation muss auch die Werte und Wünsche der jeweiligen Generation präzise adressieren.
Die Herausforderung: Die kollektiven Erfahrungen einer Altersgruppe werden überlagert von den individuellen Lebenswelten jedes Einzelnen. Auch diese beeinflussen in einem hohen Maß, was Menschen mögen und wie sie denken, fühlen, entscheiden und kaufen. Wer in einer Aufmerksamkeitsökonomie personalisiertes Marketing auf einem hohen Niveau umsetzen will, wer Menschen argumentativ und emotional „packen“ will, benötigt Kenntnisse über Lebensstile und Wertorientierungen, um Zielgruppen über formale Gemeinsamkeiten wie das Alter hinaus zu differenzieren.
Die Königsklasse der Clusterung sind nicht die Gleichaltrigen, sondern die Gleichgesinnten! Selbst ergänzt durch weitere soziodemografische Merkmale wie Geschlecht, Familienstand und Einkommensniveau reicht die Generationen-Schublade nicht aus, um diese Gleichgesinnten in einem Big-Data-Meer zu identifizieren.
Ein häufig zitiertes Beispiel für sogenannte „soziodemografische Zwillinge“ macht dies deutlich: Prinz Charles und Ozzy Osborne sind 1948 geboren, wohnen in England, sind geschieden und wieder verheiratet und sehr wohlhabend. Beide Männer gehören der Generation der „Baby Boomer“ an, könnten aus der Marketing-Perspektive aber unterschiedlicher nicht sein. Ähnliches gilt in der Generation Z für die Klimaaktivistin Luisa Neubauer und Fitness-Influencerin Pamela Reif.
In fragmentierten Märkten bildet das Alter immer weniger die verbindende Klammer für Zielgruppen, sondern die Lebenswelten. Diese zunehmende Zersplitterung erfordert ein zusätzliches Planungstool mit mehr Tiefenschärfe, wie sie beispielsweise die Sinus-Milieus bieten: Das Gesellschaftsmodell des SINUS-Instituts fasst seit 40 Jahren Menschen mit ähnlichen Werten und einer vergleichbaren sozialen Lage zu zehn Gruppen Gleichgesinnter zusammen.
Grundsätzlich gibt es in allen Altersgruppen alle Milieus, aber mit unterschiedlichen Anteilen. Nehmen wir die Generation Z: Verglichen mit der Gesamtbevölkerung sind Vertreter der Gen Z besonders häufig in (post-)modernen Milieus zu finden und nur selten in traditionellen Milieus.
Um auf die eingangs erwähnte Sehnsucht der Marketeers nach Struktur und Orientierung zurückzukommen: Generationenmodelle liefern wertvolle Informationen, dürfen aber nicht die alleinigen Daten-Leitplanken für die Markenführung bilden. Die Segmentierung nach Alterskohorten lässt viele wichtige Fragen offen – nicht nur bei der personalisierten Zielgruppenansprache, sondern auch bei der Internationalisierung und in der Markenpflege: Wie sind Generationen in neuen, nicht-westeuropäischen Zielmärkten geprägt? Was verbindet Menschen aus verschiedenen Ländern, aber vergleichbaren Milieus? Wie können historisch gewachsene Marken jüngere Zielgruppen erschließen, ohne die Markenloyalität tradierter Zielgruppen zu schädigen? Und ganz wichtig: Wie dehnbar ist die Markenidentität, um die Präferenzen, Verhaltensweisen und Werte neuer Zielgruppen zu adressieren? Wie können strategische Life-Cycle-Impulse aussehen?
Ein Beispiel: Der auf Fleischprodukte spezialisierte Lebensmittelkonzern Rügenwalder hat bereits 2014 begonnen, die eigene Marke im Hinblick auf den Wandel des Ernährungsverhaltens zu hinterfragen. Dieser Wandel ist mehr als nur eine Generationenfrage, sondern Ausdruck einer Veränderung von Lebensstilen und Werten in der Gesamtgesellschaft. Die mutige Markendehnung durch eine Portfolioerweiterung um vegetarische und vegane Produkte wurde mit einem Rekord-Wachstum belohnt: Das mittelständische Familienunternehmen ist nicht nur Marktführer in Deutschland für Fleischalternativen, sondern der Umsatz mit Rügenwalder Fleisch-Ersatzprodukten überholte mittlerweile den Umsatz mit Fleischwaren – ohne das traditionelle Standbein zu kannibalisieren.
Wir sind davon überzeugt: Um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern, ist im Marketing ein Shift vom Denken in Generationen hin zum Denken in Wertegemeinschaften nötig.
Marco Trutter, Brandexperte aus Augsburg, beleuchtet im Rahmen der B4B-Rubrik „trumedia Brand Lab“ regelmäßig die Marketingbranche und gibt konkrete Handlungsempfehlungen für konsistente und nachhaltige Markenkommunikation. Darüber hinaus ist er CEO und Geschäftsführer der trumedia GmbH, die seit 2009 globale Konzerne, mittelständische Unternehmen sowie vielversprechende Start-Ups aus allen Wirtschaftsbereichen – von Automotive über Finance, Food, Fashion und Sports bis hin zu Medical – hinsichtlich Markenführung und -entwicklung unterstützt.