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War die Erfindung des Begriffs „Therme“ für die Wellnesswirtschaft so wichtig wie die „Arena“ für den Sport?
Jörg Wund: Auf jeden Fall. Denn mit der „Therme“ decken wir ein viel breiteres Spektrum ab als mit „Bad“. Da gehört das Schwimmbad genauso dazu wie das Dampfbad und die Sauna genauso wie der Whirlpool oder das Solebecken. Der Begriff bleibt, die Inhalte lassen sich anpassen. Das Wort ist auch stärker mit Emotionen besetzt – denken Sie nur an die lange Geschichte der Thermen. Das hatten schon die alten Ägypter und Römer … Das heißt nicht weniger, als dass es Thermen immer schon gegeben hat und immer geben wird. Eine schöne Bekräftigung für den Gast, der sich mit seiner Entscheidung einreiht in eine lange Tradition von Thermenbesuchern.
Wie sind Sie denn selbst zum Thermenbetreiber geworden?
Jörg Wund: Mein Vater und ich hatten 1994 die Idee für die Therme Erding. Wir sind beide Architekten und wollten da etwas Neues, Großes, Anderes schaffen. Im Gespräch mit dem Investor, der Bayerischen Landesbank und der regionalen Sparkasse, kristallisierte sich dann immer mehr heraus, dass man dort den wirtschaftlichen Erfolg sehr stark an die Qualität des Betreibers knüpfte. Wer aber sollte diese Innovation besser betreiben können als jene, die sich das ausgedacht hatten. Damit hatten wir den Job.
Haben Sie das jemals bereut?
Jörg Wund: Nie. Nicht eine Sekunde. Sehen Sie: Als Architekt und Planer sind Sie eher ein „Jäger“. Immer streben Sie nach neuen Aufträgen, gehen in Wettbewerbe. Mal gewinnt man, mal verliert man. Wir haben uns entschieden, statt des kurzfristigen den langfristigen, nachhaltigen Erfolg zu suchen – und haben uns dem „Ackerbau“ zugewandt. Etwas aufbauen, es führen, Ernte daraus gewinnen. Ein anderes Modell.
Aber ein mühsames …
Jörg Wund: Natürlich bedeutet das mehr Aufwand, mehr persönliches Engagement. Wir sind ja keine neutrale Kapitalgesellschaft, wir sind ein Familienbetrieb. Da ist man immer stärker eingebunden – das ist eine persönliche Sache. Aber es hat natürlich den unschätzbaren Vorteil, dass man keinen fragen muss, wenn man etwas ändern will. Und man kann das, was man ändert, auch selbst umsetzen. Selbst Fehler lassen sich auf diese Weise viel schneller ausmerzen: Wenn wir sehen, dass etwas nicht läuft, was wir uns ausgedacht haben, dann können wir das ruckzuck auch wieder ändern.
Wie kamen Sie auf Bad Wörishofen? Wollten Sie den Kurort neu erfinden oder sich den Namen zunutze machen?
Jörg Wund: Weder noch. Die Idee ging mehr von der Tatsache aus, dass sich der Bädermarkt damals rapide verändert hat. Da kamen mehrere Faktoren zusammen. Die Krankenversicherungen schränkten ihre Leistungen immer mehr ein. Die Leute wollten aber auf ihre Kur – oder ein Äquivalent dazu – nicht verzichten. Die Wellnesswelle hatte den Massenmarkt erreicht. Und der Standort hier mit einer erschlossenen Thermalquelle war einfach perfekt. Was wir neu erfunden haben, war die Mischung aus Erlebnisbad und Thermalbad. So etwas hatte sich hierzulande vorher noch keiner getraut. Hilfreich war auf jeden Fall, dass Bad Wörishofen für uns kein Neuland war.
Wie das?
Jörg Wund: Wir hatten hier schon Anfang der 80er-Jahre das Eisstadion gebaut. Dort hatte übrigens auch das verschiebbare Dach in Bayern Premiere, wie wir es dann, ein gutes Stück größer, auch hier in der Therme eingebaut haben.
Eine technische Spielerei?
Jörg Wund: Ganz und gar nicht. Es ist die Chance schlechthin, so viel Natur wie möglich in die Therme zu lassen. Nehmen Sie einen schönen, heißen Sommertag. Wenn wir das Dach nicht aufmachen können, haben wir an einem solchen Tag vielleicht 300, wenn’s hochkommt 400 Besucher und eine Bullenhitze im ganzen Gebäude. Wenn wir das Dach aber öffnen können, dann haben wir frische Luft und 1.000 oder mehr Gäste. Das ist eine Frage der Atmosphäre.
Ich hatte den Verdacht, das sei auch eine Lärmschutzmaßnahme, damit es nicht so laut wird in der Therme …
Jörg Wund: Nein, dafür haben wir uns etwas anderes einfallen lassen: Die Therme ist von Sonntag bis Freitag nur „ab 16 Jahren“. Damit fällt eine traditionelle Lärmquelle anderer Bäder weg, die Kinder.
Da trauen Sie sich aber etwas …
Jörg Wund: Die Entscheidung lag auf der Hand. Als wir hier zu bauen anfingen, ging ich alle Aspekte durch und suchte nach Dingen, die wir in Wörishofen noch besser machen könnten als in Erding. Eines Morgens wachte ich auf und wusste: Wir mussten die Lautstärke verringern und dazu auf Kinder im Bad verzichten. Jeder, dem ich davon erzählte, schüttelte den Kopf und meinte: Das kannst du nicht machen. Allen voran der Bürgermeister, ein ausgewiesener Familienpolitiker. Wir haben uns dann daraufverständigt, den Samstag von 9 bis 18 Uhr zum Familientag zu machen, um Kinder nicht ganz auszuschließen. Am Anfang gab’s noch ein paar sehr kritische Stimmen, aber heute ist jeder davon begeistert. Ich habe selbst zwei Kinder und wir alle finden das prima, wenn am Samstag
Familienstimmung in der Therme ist. Also: Wir haben Prügel bekommen. Wir haben sie ausgehalten. Wir haben bewiesen, dass die Akzeptanz letztlich doch stimmt. So etwas kann nur ein privater Betreiber durchstehen; ein kommunaler wäre wohl eingeknickt.
Beißt sich der Familienanspruch nicht mit dem „textilfreien Samstagabend“, den Sie ja auch anbieten?
Jörg Wund: Das sind zwei völlig getrennte Veranstaltungen, die haben nichts miteinander zu tun. Der Grund liegt ganz woanders. Denn mit dem Familiensamstag hätten wir uns ein leeres Bad am Samstagabend beschert. Da fahren Papi, Mami und die Kleinen nämlich nach Hause. Unser Stamm-Bade-Publikum können wir zu so später Stunde aber auch nicht mehr aktivieren. Da die Sauna in der ersten Ausbaustufe kein großes Thermalbecken hatte, entstand die Idee, diesen Abend dann hüllenlos zu gestalten und den Saunisten die ganze Thermenwelt textilfrei anzubieten. Auch da kamen wieder Zweifel: So viele Nackerte gibt’s doch in Wörishofen gar nicht … Und heute ist das einer der Treffpunkte für Saunafans aus ganz Süddeutschland. Sehen Sie sich mal am Samstagabend die Nummernschilder auf dem Parkplatz an!
Wie schwierig ist denn die Preisfindung für ein solches Angebot, wie Sie es hier in Bad Wörishofen machen?
Jörg Wund: Das ist in der Tat der schwierigste Teil vom Geschäft. Wir sind ein privatwirtschaftliches Unternehmen. Da wachsen einem die grauen Haare. Jeden Euro, den wir investieren, müssen wir selbst erwirtschaften. Um kostendeckende Preise kommen wir nicht herum. Darum liegen wir ein gutes Stück über dem, was Sie zum Beispiel bei einem kommunalen Hallenbad an Eintritt zahlen. Wenn man aber die vom Steuerzahler berappte Differenz dort mit hineinrechnet, dann ist der Unterschied gar nicht mehr so groß. Für den Unterschied schaffen wir den Gegenwert durch Mehrwert – mehr Auswahl, mehr Emotion, mehr Spaß. Wenn wir die Preise erhöhen, dann ist das stets auch mit einer Erweiterung der Therme oder einem neuen, zusätzlichen Angebot verbunden. Offenbar haben wir da bisher aber alles richtig gemacht. Erding und Wörishofen gehören zu den ganz, ganz wenigen Bädern in Deutschland, die Gewinn erwirtschaften.
Dann können Sie sich ja kaum an der Konkurrenz orientieren?
Jörg Wund: In der Tat nicht. Wir spicken eher auf Freizeitparks und Skigebiete. Die haben einen ähnlichen Anspruch, ihre Gäste einen Tag lang zu betreuen und zu unterhalten.
Das hört sich so an, als würden Sie nichts dem Zufall, dem Gefühl überlassen?
Jörg Wund: An der richtigen Stelle ist ein kühler Kopf einfach besser fürs Geschäft. Bei beiden Thermen zum Beispiel hatten wir schon sehr, sehr früh den Eröffnungstermin festgelegt. Da war keine Luft für Fristverlängerungen, weil etwas nicht fertig werden könnte. Eine Erfahrung, die wir von zahllosen Baustellen mitgebracht haben: Wenn man den Druck rausnimmt, gerät alles außer Kontrolle. Das hat in den letzten Tagen vor der Inbetriebnahme viel Schweiß und Kraft gekostet, aber die Freude bei der Eröffnung war dafür dann umso größer. Da war dann wieder Platz für Emotionen.
Bleiben wir beim Emotionalen: Wo nehmen Sie Ihre Ideen her? Folgen Sie da überwiegend Branchentrends, hören Sie auf Berater oder brüten Sie das alles selbst aus?
Jörg Wund: Der beste Berater, den ein Unternehmen haben kann, ist der zahlende Gast. Der Schlüssel zu dieser Erkenntnis hing für mich in der Sauna. Da haben wir am Anfang alle zwei Stunden einen Aufguss gemacht. Das hatten wir uns als angemessen vorgestellt. Eines Tages sagte eine Mitarbeiterin ganz beiläufig: „Wenn’s nach den Gästen ginge, dann könnten wir alle fünf Minuten einen Aufguss machen.“ Das war der Punkt: „Wenn es nach den Gästen ginge …“ Es geht nach den Gästen, NUR nach ihnen. Heute haben wir alle 15 Minuten einen Aufguss. So ähnlich ist es auch mit allen anderen Ideen. Deshalb lese ich die Response-Zettel unserer Gäste alle selbst durch.
Müssen Sie nicht die Therme immer wieder neu inszenieren, um attraktiv zu bleiben?
Jörg Wund: Ja und nein. Wir haben unsere Therme von Anfang an als „Südseeparadies“ positioniert. Nun ist selbst die große, bunte, artenreiche Südsee endlich, was die Zahl der Variationsmöglichkeiten angeht. Deshalb gibt es um diesen Kern herum ein buntes Angebot. Das ist eine Vielfalt fürs Gefühl – und sie gibt unseren Gästen die Möglichkeit, ihrem Tagesgefühl nachzugeben und sich das herauszusuchen, was ihnen gerade am meisten liegt. Das ist etwas, was man nicht so leicht umsetzen kann, wenn man im Urlaub an einen festen Ort reist. Viele unserer Gäste kommen zu uns für einen kurzen „Anstatt“-Urlaub und genießen die freie Auswahl. Sie haben aber auch ihre persönlichen Favoriten, deretwegen sie immer wieder zu uns kommen. Wir merken das, wenn mal wegen Renovierung eine Sauna oder ein Becken geschlossen ist und die Leute uns ihre Enttäuschung darüber mitteilen. Und, zurück zur Frage, weil wir eine hohe Zahl an Stammgästen haben, bieten wir immer wieder auch Themenwochen oder thematisierte Sauna-Erlebnisnächte an, wie beispielsweise „Geheimnisvoller Orient“ oder „Mittelalter erleben“. Dann können sie ihre vertraute Therme mal ganz anders wahrnehmen. Und neue Gäste gewinnen wir damit auch.
Sie bauen aber auch viel um …
Jörg Wund: Das ergibt sich so, weil wir auch ständig wachsen. Auch brauchen die einzelnen Einrichtungen regelmäßig eine Auffrischung oder Renovierung. Das Solebad zum Beispiel: Das Salz greift die Armaturen an, das muss nach drei Jahren alles komplett ausgetauscht werden. Aber die Gäste lieben es, dann bieten wir es auch an. Auch wenn alles beim Alten bleibt, ändert es sich: Eine Wand, die vorher blau war, ist nach der Renovierung dann eben sonnengelb oder sandbeige. Aber das sind nur Äußerlichkeiten. Wichtig ist, dass jedes Angebot, dass jede Ecke eine Geschichte erzählt. Damit sprechen wir die Fantasie der Gäste an und damit gewinnen wir auf Dauer ihre Herzen.
Sie haben beide Thermen an einem Feiertag eröffnet, Erding am 3. Oktober 1999, Wörishofen am 1. Mai 2004 – was steckt dahinter?
Jörg Wund: Erstens sollte man sich das Datum leicht merken können. Zweitens wollten wir möglichst vielen Leuten die Gelegenheit geben, dabei zu sein. Da ist ein Feiertag einfach am besten geeignet. Und wenn wir künftig, drittens, ein Jubiläum feiern, dann ist das wieder ein Feiertag und es sind wieder viele dabei. So soll es sein.
Denken Sie ab und zu an eine weitere Therme?
Jörg Wund: Die kommt ganz von selbst. Sehen Sie: Wir sind ein Familienbetrieb. Mein Vater hat das aufgebaut, ich habe ihm dabei zur Seite gestanden, jetzt führe ich die Thermen in Erding und Bad Wörishofen. Mein Vater hat nun in fortgeschrittenem Alter selbst noch einmal die Initiative ergriffen und eine Therme am Titisee aufgebaut. Zwei weitere in Sinsheim und Euskirchen werden folgen. So lange er kann, wird er die führen. Irgendwann kommt diese Aufgabe auf mich zu. Dann sind es nicht mehr nur drei, sondern fünf. Das wird auch für mich ein ganz anderes Arbeiten sein als heute.