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Die Top-Nachrichten aus Augsburg

B4B Schwaben
Karl Bayerle und Andreas Thiel

Experteninterview: „Intelligenter Umgang mit Wachstum ist gefragt“

In der A3-Region boomen Bevölkerungszahlen und Wirtschaftswachstum. Um das Angebot für alle attraktiv zu halten, gilt es, sorgsam mit den einzelnen Standortfaktoren umzugehen.
Karl Bayerle, Wirtschaftsreferent der Stadt Augsburg, und Andreas Thiel, Geschäftsführer der Regio Augsburg Wirtschaft, erläutern die aktuelle Entwicklung und künftige Perspektiven.

B4B WIRTSCHAFTSLEBEN SCHWABEN: Das Wachstum der Stadt zieht höheren Bedarf an Wohnraum UND Gewerbeflächen nach sich – ergänzt sich der jeweilige Bedarf oder besteht dabei Konkurrenz um geeignete Flächen?

Karl Bayerle: Die Prognosen gehen derzeit davon aus, dass die Stadt bis 2030 auf rund 300.000 Einwohner wächst. Bei dieser Größenordnung und diesem Tempo können wir von einem organischen Wachstum ausgehen. Wir müssen uns dabei zwar vielen Aufgaben gleichzeitig stellen – wie der Bereitstellung von ausreichenden Entwicklungsflächen für alle möglichen urbanen Funktionen – aber wir werden dabei jederzeit handlungsfähig sein. und nicht durch externe Faktoren unter Druck gesetzt. à ggf. streichen, meines Erachtens zu indifferent

Worauf kommt es an, um diese Handlungsfähigkeit zu bewahren?

Bayerle: Vor allem gilt es die Tatsache zu berücksichtigen, dass es keine Entscheidung und keine Handlung gibt, die nur für sich alleine steht. Eine Stadt ist wie ein lebendiger Körper: Jeder Eingriff, jede Veränderung wirkt sich im ganzen System aus, nicht nur an der einen Stelle, an der man aktiv wird.

Andreas Thiel: Das hat vieles von einem Regelkreis in der Physik, wo viele Parameter zusammenwirken und aufeinander Einfluss nehmen. Stadtplanung und Stadtentwicklung folgen in großem Umfang den Regeln der Kybernetik. Daher muss man sie stets ganzheitlich betrachten und anfassen.

Bayerle: Darum betrachten wir auch nicht mehr die Stadt allein, sondern beziehen in alle Überlegungen das Umland mit ein.

Gibt es Prioritäten?

Bayerle: Ganz oben steht die Daseinsvorsorge. Sowohl Augsburg wie der A3-Wirtschaftsraum befinden sich in einem positiven, aktiven Zustand. Den gilt es zu erhalten und zukunftstauglich zu machen. Darum achtet unser Stadt-Entwicklungskonzept, das wir seit rund eineinhalb Jahren betreiben, nicht nur auf technische Komponenten, sondern ganz besonders auch auf die soziale Infrastruktur und eine systematische Beteiligung der Einwohner in der anstehenden Erarbeitungsphase .

Wie schon gesagt: Wir haben ein organisches Wachstum und wir wollen, dass es dabei bleibt. Es wäre übrigens viel unangenehmer, wenn wir es mit dem Strukturwandel an einem leidenden Standort zu tun hätten, wenn wir gegen einen Niedergang ankämpfen müssten. Dagegen sind alle vorübergehenden Einschränkungen, die mit der Ertüchtigung für mehr Wachstum zusammenhängen, relativ harmlos.

Gibt es weitere Themen, die ähnlich wichtig sind?

Bayerle: Da sehe ich vor allem die Sicherung und die Weiterentwicklung der städtischen Mobilität. Genauso wie das Suchen, Erkennen und Bearbeiten von Chancen und Potentialen, die uns durch die Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft in den nächsten Jahren ins Haus stehen.

In welche Richtungen bestehen Wachstumsoptionen?

Bayerle: Was zusätzlichen Wohnraum angeht, sind ja drei Gebiete schon bekannt: Haunstetten Südwest, das Reese- und das Sheridan-Areal in einer zweiten Stufe und die Innenentwicklung des Textilviertels. Jedes für sich eine große Aufgabe. Aber sicher nicht die letzte, der wir uns stellen müssen.

Gehen die Augsburger diesen Weg gern mit?

Bayerle: Zustimmung zu finden, das ist bei einem organischen Wachstum auf jeden Fall leichter, als wenn wir disruptiv vorgehen müssten. Solange es uns gelingt, die Wirtschaftlichkeit unseres Handelns mit einem nachhaltigen Wachstum in Einklang zu bringen, dürfen wir auf die Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger zählen. Die Lebensqualität stellt einen erheblichen Wert dar. Um diese zu stärken, gilt es, entsprechend der unterschiedlichen Bedürfnisse und Erwartungen der Menschen in der Stadt differenzierte Angebote vorzuhalten.. Natürlich wird es immer wieder passieren, dass eine Veränderung von einigen als belastend empfunden wird, die für alle anderen vorteilhaft ist. Aber gerade in Augsburg lässt sich das ziemlich fair verteilen. Somit ist der Entwicklungsprozess von einem großen Konsens in der Stadt getragen.

Thiel: Dieser Konsens geht auch von der Erkenntnis aus, dass sich in Augsburg aus dem Wachstum mehr Wohlstand für alle generieren lässt. Wir haben da im Städtevergleich noch an einigen Stellen aufzuholen und sind auf einem guten Weg, dass uns das gelingt. Allem voran haben wir darauf zu achten, dass es ausreichend bezahlbaren Wohnraum gibt.

Ein Standortfaktor?

Thiel: Ein sehr gewichtiger sogar. Die Unternehmen hier sind darauf angewiesen, dass das Umfeld für ihre Mitarbeiter attraktiv ist und frei von materiellen Nachteilen und Lasten. Gerade beim Wohnraum ist daher ein intelligenter Umgang mit den vorhandenen Ressourcen gefragt. Ich sehe da gute Chancen für manche Umlandgemeinde, die in der jüngeren Vergangenheit unter Einwohnerschwund gelitten hat, durch intelligente Anstöße ihre freien Kapazitäten zu reaktivieren. Dies ist eine klassische Aufgabe für das Miteinander in der ganzen Region A3.

Bayerle: Da spielt dann auch wieder die Mobilität, vor allem aber die Qualität des Nahverkehrs herein. Der ist heute gut ausgebaut und wird von den Nutzern auch gut bewertet. Da bleiben wir weiter am Ball.

Was können Sie denn sonst noch für die Unternehmen tun, die den Standort halten oder bereichern wollen?

Thiel: Wir sehen – angetrieben vom Wachstum bei den Einwohnern – selbstverständlich auch Wachstumspotentiale in der Wirtschaft, gerade bei Gewerbebetrieben. Der Wirtschaftsraum Augsburg verfügt hier über eine sehr heterogene, „gut durchwachsene“ Struktur. Das ist von Vorteil, weil es gegen Konjunkturschwankungen resistent macht und Spielräume für die Anpassung an veränderte Märkte schafft. Wir sehen das Entwicklungspotential, wir prüfen es regelmäßig und wir sind aktiv dabei, die einzelnen Standorte so funktional zu gestalten, dass die angesiedelten Betriebe bestmögliche Bedingungen vorfinden.

Bayerle: Es gibt derzeit auf der Ebene der BundesgesetzgebungBestrebungen, das alte Prinzip des einer urbanen Nutzungsmischung wieder stärker zu betonen.Dies kann neue Gestaltungsspielräume und neue Prägungen von Quartieren eröffnen. Gleichzeitig darf aber nicht außer Acht gelassen werden, dass gerade an gewerblichen Standorten durch eine direkte Kombination mit Wohnen Konflikte entstehen können.

Die Region hat sich in jüngster Zeit als Technologie- und Wissensstandort profiliert: Was ist hier mittel- und langfristig zu tun, wenn wir den erreichten Stand sichern oder auch ausbauen wollen?

Thiel: Mit dieser Entwicklung sind gleich mehrere Faktoren verknüpft, von denen jeder für sich wirkt, die in der Kombination aber noch einmal eine ganz eigene Dynamik entfalten. Da ist einmal der Innovationspark, dessen Wirkung stark davon abhängt, dass er von der hiesigen Wirtschaft angenommen wird – was in beeindruckender Weise der Fall ist. Dann haben wir die Erschließung und den Ausbau von Gewerbegebieten, beispielsweise südlich der Derchinger Straße oder in einem Teil des Entwicklungsgebiets in Haunstetten Südwest; da sind wir rechnerisch in einem guten Korridor, in dem sich der absehbare Bedarf stillen lässt.

Und dann haben wir nun auch noch die Uni-Klinik, für die ein eigener Campus heranwachsen wird, mit der ganzen Strahl- und Anziehungskraft, über die eine solche Institution verfügt. Davon wird auch das Umland profitieren, denn es kommen ja nicht nur Professoren hierher, sondern eine Vielzahl an Mitarbeitern. All das wird dazu beitragen, dass Augsburg sein Profil weiter schärft und seine Position ausbaut.

Bayerle: Es ist ein gutes Gefühl für Wirtschaftsförderer, über so viele Möglichkeiten zu verfügen, an denen sich das Dranbleiben lohnt. Wir ernten hier nicht zuletzt die Früchte der bayerischen Cluster-Politik, die uns vier attraktive und zukunftsstarke Felder beschert hat: Umwelt, Verbundfaser, Mechatronik und Automation sowie IT/Kommunikation. Da zieht jeder einzelne für sich, aber da entstehen auch unglaubliche Potentiale im Querschnitt.

Thiel: Dass wir Fraunhofer und DLR gewinnen konnten, hier Institute aufzubauen, ist ja unter anderem darauf zurückzuführen. Inzwischen entwickelt sich da eine Eigendynamik, die weit über die ursprüngliche Idee hinausgeht. Da wird Vernetzung sichtbar, da wird Wissenstransfer sichtbar, da greifen Kollaboration und Kooperation – Ressourceneffizienz wie aus dem Lehrbuch. Ein Glücksfall für den Wirtschaftsraum.

Haben da auch die traditionellen Branchen und Betriebe etwas davon?

Thiel: Wir dürfen nie vergessen, dass die bestehende Wirtschaftslandschaft von den seit Langem hier ansässigen und verwurzelten Unternehmen getragen ist. Darum unterstützten wir diese umfassend bei allen Standortfragen – auch, indem wir darauf achten und erforschen, welche Folgen sich aus bestimmten Ansiedlungen ergeben oder welche Handlungsweisen erforderlich sind, um neue Potentiale zugänglich zu machen.

Bayerle: Wir haben zum Beispiel einen Handlungsbedarf bei den MINT-Ausbildungsgängen erkannt, an den Hochschulen wie in der gewerblichen Ausbildung. Darum starten wir nun, ausgehend vom TZA, ein Projekt, das diese mathematisch-naturwissenschaftlichen Themen auf breiter Ebene stärkt und bis in die Vorschulen hineinträgt. Davon werden nicht nur die Forschungsinstitute profitieren, sondern die Wirtschaft der ganzen Region.

Thiel: An den Netzwerken, die sich da entwickelt haben und weiter entwickeln werden, sind nicht nur die technologischen Keimzellen beteiligt. An die kann sich jedes Unternehmen in der Region anknüpfen. Was wir seitens A3 ja auch stark anstoßen und was von den Firmen sehr intensiv genutzt wird. Da sind wir in den vergangenen zehn Jahren gewaltig vorangekommen.

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