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Herr Dr. Frank, wie wird sich die Corona-Krise auf den M&A-Markt für Unternehmen auswirken?
Grundsätzlich gibt es in jeder Krise Branchen, die gewinnen. Dazu gehören Streamingdienstleister wie Netflix, Desinfektionshersteller oder Liefer- und Paketdienste. Diese Unternehmen dürften auch weiterhin oder gerade jetzt besonders interessant für einen Verkauf sein und eine hohe Unternehmensbewertung erzielen. Umgekehrt gilt dies allerdings auch für die Verlierer dieser Krise, wie Hotel, Gaststätten, Freizeit, Marketing-, Event- und Kulturschaffende und viele andere. Leider sind die überwiegenden Branchen tendenziell negativ von der Krise belastet. Hier geht das Verkaufsinteresse zurück und die Unternehmensbewertungen sinken rapide.
Ein weiterer Aspekt betrifft die Unternehmen, die sich aktuell bereits in einer M&A- bzw. Verkaufsphase befinden. Hier kommt es ganz darauf an, an welchem Punkt des Verkaufsprozesses sie sind: Noch ganz am Anfang – der Markt weiß also noch nichts von den Verkaufsabsicht – in der zweiten Phase, in welcher schon Investoren angesprochen und erste Analysen durchgeführt wurden oder in der Endphase - der Notartermin steht quasi kurz bevor.
Was ist mit den Unternehmen, die kurz vor Abschluss des Verkaufs stehen?
50 Prozent der Unternehmenskäufe und -verkäufe in dieser Phase werden wie geplant vonstattengehen gehen. Wir sehen eine Vielzahl an Transaktionen auch heute im M&A Markt. Die anderen 50 Prozent, vermutlich eher risikoscheue Marktteilnehmer oder auch krisenvolatile Branchen, werden allerdings radikal auf Eis gelegt.
Wie sieht es bei Unternehmen in Phase 2 aus, die schon Investorenluft geschnuppert haben?
Hier lautet meine Empfehlung: Den Prozess herunterfahren. Es ist besser noch acht Wochen zu warten. Denn aktuell weiß keiner, wie und wann der Markt wieder anläuft.
Und wer noch gar nicht auf dem M&A Markt in Erscheinung getreten ist?
Der sollte das vorerst auch nicht tun. Und sich aber darüber im Klaren sein: Die Preise, die noch 2019 erzielt worden wären, sind nicht mehr realistisch. Die Zeit der Luftschlösser ist vorbei. Verkäufer sollten überlegen, ob ihre Branche eine sinnvolle Veräußerung unterstützt. Auch Finanzsituation, Kunden-, Markt- und gegebenenfalls Technologieposition müssen in die Betrachtung einfließen. Wer hier gut aufgestellt ist, sollten in den kommenden 3 Monate alle 4 Wochen den M&A-Markt in seiner Branche prüfen. Wer sich zum Verkauf entschließt, sollte sich schnell einen Partner an die Seite holen und deren Markteinschätzung einfordern. Dies sind in der Regel Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte, Banken oder auch professionelle M&A-Experten.
Die Krise wird also Auswirkungen auf die Unternehmensbewertungen haben?
Ganz sicher werden diese deutlich sinken. In den letzten zehn Jahren ging es den meisten Unternehmen wirtschaftlich hervorragend. Die Gewinne stiegen stetig. Die einzigen Probleme, die sie kannten, waren steigende Preise und der Fachkräftemangel. Wir lebten in einem Verkäufermarkt. Heute gibt es Anzeichen, dass es sich sogar in einen Käufermarkt drehen könnte. Investoren werden also mehr Auswahl an zu kaufenden Unternehmen vorfinden
Was heißt das in Zahlen?
Die grobe Unternehmensbewertung bemisst man nach dem EBITDA, also dem „Gewinn vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen auf Sachanlagen und Abschreibungen auf immaterielle Vermögensgegenstände“. Bisher hat man in verschiedenen Industrien häufig den Multiplikatorfaktor von 9 angesetzt. Also ein Unternehmen mit 1 Million Euro EBITDA war etwa 9 Millionen Euro wert. Sind liquide Mittel da, einfach formuliert, zählt man diese hinzu, Schulden zieht man ab. So ermittelt man die „Debt & Cash free“-Basis, also um Liquidität und Verbindlichkeiten bereinigter Unternehmenswert.
Nun werden die Umsätze infolge der Krise sinken, die Kosten für beispielsweise neue IT infolge von Homeoffice, geringere Lagerdrehung, höhere Kapitalbindung etc. jedoch steigen. Die Bewertungen werden – branchenunabhängig – wahrscheinlich auf den Faktor 7 bis 8 sinken. Nehmen wir also an, der EBITDA sinkt krisenbedingt um 0,2 Mio. EUR von 1 Million Euro auf 0,8 Mio. Euro. Nach neuen Maßstäben sprechen wir dann von einem Unternehmenswert von 5,6 Mio. Euro, also 7 Mal 0,8 Mio. Euro. Das ist ein fast 40 Prozent geringerer Unternehmenswert als vor der Corona-Krise.
Wie kann ich meine Bewertung trotz Krise stabil halten?
In solchen Phasen zeigt sich die Qualität des Managements. Wer in guten Zeiten immer ein fairer und vertrauenswürdiger Geschäftspartner war, der wird auch bei seinen Lieferanten nun gute Konditionen und Stundungen aushandeln können. Positiv wirkt auch eine gute Finanz- und Liquiditätsstruktur. Heute gilt: „Cash ist King“. Es werden aber nur wenige Unternehmen mit einem Plus in der Bewertung rauslaufen. Diese kommen vornehmlich aus den Branchen Gesundheit, Streaming und eCommerce. Der Großteil wird verlieren: Laut dealroom.co haben die wertvollsten europäischen Technologie- und Internetunternehmen zusammen 383 Milliarden Euro an Wert verloren. Ein Minus von 33 Prozent seit 31. Januar 2020. Das sind unvorstellbare Zahlen.
Wie lange sollte ich noch warten, wenn ich aktuell mit dem Gedanken spiele, mein Unternehmen zu verkaufen?
Wer denkt, in einem Jahr ist alles erledigt, der irrt sich. Wer drei Jahre warten kann, sollte das tun. Dann hat sich vielleicht alles wieder erholt – bei der New Economy-Blase und der Finanzkrise hat es in etwa so lange gedauert, bis die Bewertungen wieder auf Vor-Krisen-Niveau waren.
Rechnen Sie mit einer Welle von Notverkäufen nach der Krise?
Das hängt ganz davon ab, wie lang die Krise dauert. Viele Unternehmen, speziell in Bayerisch-Schwaben, haben vertrauensvolle und gewachsene Kunden- und Lieferantenbeziehungen und verfügen über genügend Liquidität, die vielleicht auch noch drei bis sechs Monate reichen kann. Aber: Ein schlechtes Unternehmen bleibt ein schlechtes Unternehmen. Solch eines wird es auch bei den Banken schwer haben, an neue Mittel zu kommen – trotz Haftungsfreistellungen seitens der Regierung: Banken dürfen kein Geld verschenken. Die Frage ist: Wie viele Insolvenzen verträgt das System? Je länger der Shut Down dauert, desto schwieriger wird es. Doch eines ist sicher: Wir müssen uns mit „The New Normal“ abfinden.