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„Die Römer wussten das Gleiche, was man heute zu Leadership und Rhetorik weiß“
Interview mit Hanspeter Vietz

„Die Römer wussten das Gleiche, was man heute zu Leadership und Rhetorik weiß“

Hanspeter Vietz, der Geschäftsführer vom Zentrum für Weiterbildung und Wissenstransfer (ZWW) der Universität Augsburg. Das ZWW feiert 2024 seinen 50. Geburtstag. Foto: Angelina Märkl
Hanspeter Vietz, der Geschäftsführer vom Zentrum für Weiterbildung und Wissenstransfer (ZWW) der Universität Augsburg. Das ZWW feiert 2024 seinen 50. Geburtstag. Foto: Angelina Märkl

Seit 50 Jahren gibt es das Zentrum für Weiterbildung und Wissenstransfer (ZWW) der Uni Augsburg. Warum die Führungskompetenzen von Julius Cäsars heute noch aktuell sind, erzählt der ZWW-Geschäftsführer Hanspeter Vietz im Interview mit B4BSCHWABEN.de

B4BSCHWABEN.de: Wie kam es dazu, dass Sie hier an der Uni angesiedelt sind?

Hanspeter Vietz: In den 70ern, vier Jahre nach der Entstehung der Uni, ist das ZWW damals als Weiterbildungshub entstanden. Das ZWW hieß damals noch „Kontaktstudiummanagement“. Ich war immer ein bisschen neidisch, wenn meine Vorgänger von den früheren Zeiten erzählt haben, weil die damals noch nicht zwingend ökonomisch erfolgreich sein mussten. Die konnten sehr witzige Sachen ausprobieren. Die sind zum Beispiel nach Sierra Leone gefahren, weil sie irgendwo in der Zeitung gelesen haben, dass es da noch keine Weiterbildung gibt. Dann haben sie sich das mal angeschaut. Aus diesem Kontaktstudiummanagement wurde später das, was heute unser Management-Seminarprogramm ist. Am ZWW bieten wir aber mittlerweile auch eine juristische Weiterbildung an, dann die Mitarbeiterfortbildung innerhalb der Uni. Und wo es ökonomisch möglich ist, werden wir auch Zusatzangebote anbieten, wie jetzt, mit Fokus auf den technischen Bereich mit einem neuen Zertifikatskurs, dem „Future Skills Engineer“ . 

An wen richten sich denn generell Ihre Angebote?

Allgemein haben wir zwei große Zielgruppen: Einerseits Individualinteressenten, also Leute, die für sich entscheiden, dass sie eine bestimmte Weiterbildung machen möchten, weil sie der Meinung sind, dass sie das persönlich oder im Job weiterbringt. Und wir haben Unternehmen, die unser Angebot im Kontext der Personalentwicklung für ihre Mitarbeitenden nutzen.

Wie sieht dann die Zusammenarbeit vom ZWW mit einem Unternehmen aus?

Unterschiedlich. Es gibt Unternehmen, die nehmen das Produktportfolio des ZWW in ihren Katalog auf und stellen das ihren Mitarbeitenden neben den Angeboten von anderen Anbietern zur Verfügung. Es gibt andere Unternehmen, die auf uns zukommen und sagen: „Lasst uns doch gemeinsam was entwickeln. Wir haben regelmäßig Bedarf“. Dann besprechen wir die Zielgruppe: Wer im Unternehmen benötigt welche Qualifikationen, die über Weiterbildung gewonnen werden können – Techniker, die Verwaltung im Unternehmen, Young Professionals oder erfahrene Führungskräfte? Und da können wir dann auch ganz spezifisch für Unternehmen etwas entwickeln, neben dem, was wir als Standardprogramm im Portfolio haben. Zusammenfassend kann man sagen: Es kommt darauf an, wie der Zugang von Unternehmen zum Thema Personalentwicklung ist.

Mir fällt keine Branche ein, in der es keinen Fachkräftemangel gibt. Wie wirkt sich das auf die Personalentwicklung aus, auf Ihre Angebote? Sind da die Firmen mehr dran, dem bestehenden Personal, Perspektiven zu bieten, sich weiterzubilden? 

Ich nehme da bei den Unternehmen ein Dilemma wahr. Wenn man Mitarbeitende und Arbeitgeber fragt, was ihnen wichtig ist, dann kommen die Themen Qualifizierung, Entwicklung, Weiterbildung immer ganz oben. Gleichzeitig sagen die Unternehmen: „Wir haben gerade zu wenig Leute. Wir haben so viel Arbeit. Wir können die nicht in Weiterbildung schicken, denn Weiterbildung kostet ja Zeit“. Vor allem kostet gute Weiterbildung Zeit. Dann folgen sie manchmal dem Trend, der momentan ganz stark ist, immer noch kleinere Weiterbildungseinheiten zu machen. Das ist aber meiner Meinung nach nicht wirklich sinnvoll.

Warum?

Es gibt viele neue Player in diesem Markt, die zum Beispiel vierstündige Seminare zum Thema Konfliktmanagement anbieten. Da würde ich jedem empfehlen: Lies lieber ein gutes Buch zum Thema Konfliktmanagement. Dann hast du mit deinem eigenen, intellektuellen Verarbeiten der Information dieses Buches mehr als von so einem halben Seminar, wo du dich nicht austauschen kannst – weil so viele drinsitzen und es auch noch online ist. Da kriegst du so ein paar Grundregeln erklärt und mit allen Fragen bist du allein gelassen. Wenn man Konfliktmanagement machen will und ernst nimmt, dann dauert das mindestens zwei Tage. Dann ist es wichtig, sich im Setting mit den anderen auszutauschen, mit dem Dozent verschiedene didaktische Methoden auszuprobieren und so weiter.

Merken Sie auch die allgemein angespanntere, wirtschaftliche Lage?

Was wir seit einiger Zeit erleben, ist eine große Unsicherheit bei den Unternehmen. Durch externe Schocks, wie wir sie jetzt ein paar hintereinander hatten: Corona, der Ukrainekrieg, Inflation. Das ist für uns als Weiterbilder schwierig. Die Unternehmen haben immer weniger Planungssicherheit und fangen an zu sparen. Und sparen fängt man meistens da an, wo die die Kosten nicht unmittelbar zum Geschäftserfolg beitragen. Das sind zum Beispiel Marketing, Dienstreisen aber auch insbesondere der Bereich Weiterbildung. Die verschieben viele Unternehmen auf später, obwohl die Entscheider wissen, dass es kontraproduktiv ist. Erfolgreiche Unternehmen widerstehen diesem Reiz und diesem Druck, jetzt einzusparen, sondern die erkennen: „Es ist eigentlich wichtig, genau jetzt zusätzlich noch zu investieren, damit wir dann bestmöglich, mit hochqualifizierten Mitarbeitern, aus der Krise rauskommen.“ Ein Kollege aus den USA sagt immer, was Weiterbildung anbelangt: „Wenn es Unternehmen gut geht, haben sie keine Zeit. Wenn es ihnen schlecht geht, haben sie kein Geld.“ Und wir müssen da irgendwie so ein bisschen durchlavieren.

Sie haben ja 50-jähriges Jubiläum, das ist eine lange Zeit. Wie hat sich da Ihr Angebot verändert über die Jahrzehnte?

Die größte Veränderung kam mit Corona, das war ein Game-Changer. Wir waren und sind großer Anhänger von Präsenzlehre. Das ist unser Qualitätsanspruch. Dann kam Corona und unser komplettes Angebot, das zu 100% auf Präsenzlehre ausgerichtet war, war sozusagen an die Wand gefahren. Wir hatten dann auf 100% Distance Learning umgestellt, weil es ja gar nicht anders ging. Und das war natürlich schon heftig für uns und für die Dozenten.

Wie hat sich Ihr Angebot inhaltlich verändert? 

Heutzutage ist die digitale Kompetenz ganz wichtig. KI ist ein spannendes Thema und wird ein Game-Changer werden. Dem widmen wir uns natürlich auch. Ich habe im Rahmen unserer 50-Jahr-Feier einen Vortrag zu Future-Skills gehalten. Ich habe mir überlegt: „Future? Gab es doch schon immer. Egal wann, gab es eine Zukunft. Und dann muss es auch immer Future Skills gegeben haben.“ Mein Vortrag hatte den Arbeitstitel „Future Skills von Julius Cäsar bis Luke Skywalker.“ Ich habe festgestellt, dass einfach sehr viele dieser Future Skills keine Halbwertszeit haben, wie es sonst im Kontext von technischem Fortschritt oft der Fall ist. Die Römer wussten bei manchen Sachen zu 99 Prozent das Gleiche, was man heute zu Leadership, zu Kommunikation, zu Rhetorik weiß. Also die Dinge, die man dem Bereich „Soft-Skills“ zuordnet. Ich spreche immer lieber von „Power-Skills“. Denn es gibt so viele wissenschaftliche Untersuchungen, die bestätigen, dass das die eigentlich wichtigen Skills für individuellen Erfolg sind. Nicht nur die Fachexpertise, nicht das Englisch-Zertifikat oder die Excel-Urkunde an der Wand. Und diese Power Skills sind ein wichtiger Bereich der individuellen Weiterbildung, den wir schon immer angeboten haben und den werden wir auch weiter anbieten werden.

Welche Power Skills sind denn die von Julius Cäsar, die heute noch gleichgeblieben sind? Ich habe keinen Cäsar als Chef, würde ich jetzt mal behaupten.

Wenn man einen Julius Cäsar anschaut oder andere Leute, die erfolgreich waren, dann ist es immer die Kombination von Skills, also von einem Kompetenzportfolio, das hier zusammen mit einem speziellen Mindset zusammentrifft und dann solche Persönlichkeiten formt, die ihren Weg gehen. Das ist ganz spannend. Aber man kann es nicht verallgemeinern. Das kommt auf so viele Faktoren an, die mitspielen – zum Beispiel, was man genetisch mitbekommt, die Erziehung, bestimmte Sachen, die im Leben passieren. Aber es gibt einen Kern, Gemeinsamkeiten.

Was ist denn dieser Kern, der immer gleich ist?

Also erst mal das Brennen für ein Ziel. Man möchte ein Ziel erreichen und dann stellt man vielleicht fest: „Um das Ziel zu erreichen, brauche ich noch xy.“ Und dann erlerne ich gewisse Kompetenzen. Aber es kommt auch immer darauf an, was jeder mit sich bringt. Also wenn Sie jetzt eine Weltgeigerin werden wollen, weil Sie ein bisschen Geige spielen: Dann kann es sein, dass Sie das nie schaffen, weil Ihnen bestimmte Sachen dazu fehlen, selbst wenn Sie noch so viel üben. Wichtig ist, seine Stärken zu stärken und seine Schwächen zu schwächen. Oft heißt es aber, man solle da mehr investieren, wo man nicht so gut ist. Es geht schon los bei den Kindern in der Schule. Die werden getrimmt, wenn sie in Mathe schlecht sind, in Mathe unbedingt besser sein zu müssen. Das kann, pädagogisch betrachtet, sehr kontraproduktiv sein. Es ist demotivierend, sich mit etwas zu beschäftigen, wozu man keine Lust hat, worin man nicht gut ist. Dann verliert man insgesamt Energie und Motivation, weil weniger Energie und Zeit in das fließt, worin man gut ist.

Wo geht es die nächsten Jahre aus Ihrer Sicht mit dem ZWW hin? 

KI wird ein Game-Changer werden. Ein starker Kern von uns wird immer das humanistische Welt- und Leitbild sein: Der Mensch steht bei uns im Mittelpunkt und die persönliche Entwicklung. Deswegen auch die Power Skills, die werden bei uns nach wie vor auch in Zukunft immer einen ganz, ganz wichtigen Faktor unseres Angebots spielen. Wo geht es hin? Aus didaktischer Sicht glaube ich, dass, es kein Zurück mehr in 100% Präsenzlehre gibt. Es wird bei Blended-Konzepten bleiben. Gegenwärtig überlegen wir, inwiefern der Trend, die Weiterbildung in immer kleinere Häppchen zu unterteilen, auch in der akademischen Weiterbildung umgesetzt werden kann oder überhaupt sollte. Ansonsten kommt es natürlich vor allem darauf an, sämtliche „Sinne im Markt zu haben“, viel mit Menschen und Unternehmen zu sprechen, auf keinen Fall den Fehler zu machen, nur aus der Angebotsperspektive heraus Produkte zu generieren. Da ist die Gefahr groß, dass es dann floppt. Und dann gilt es selbstverständlich auch, uns selbst zu optimieren und ständig weiterzubilden. Es gibt einen großen Wettbewerb, nicht nur unter den Hochschulen, sondern vieles, was wir anbieten, bieten natürlich auch Institute und private Akademien an und da müssen wir unsere Fahne hochhalten.