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Pro und Contra: Ist das EU-Lieferkettengesetz eine zu große Belastung?
Kommentar

Pro und Contra: Ist das EU-Lieferkettengesetz eine zu große Belastung?

Die B4BSCHWABEN.de Redakteure Michael Arnold und Louis Exenberger. Foto: B4BSCHWABEN.de / Linus Pohl
Die B4BSCHWABEN.de Redakteure Michael Arnold und Louis Exenberger. Foto: B4BSCHWABEN.de / Linus Pohl

Die EU-Komission will Unternehmen verpflichten, auf die Einhaltung von Menschenrechten in ihren Lieferketten zu achten. Doch verlangt ein entsprechender Gesetzesentwurf zu viel ab, weil er mit einem enormen Aufwand verbunden wäre?

Ja, sagt Louis Exenberger

Lebensmittel im Supermarkt zu kaufen, macht uns zu Trägern von sozialer und ökologischer Verantwortung. Als Konsument sollten Kaufentscheidungen stets gegen lange Transportwege und schlechte Arbeitsbedingungen getroffen werden. Mit unzähligen Alternativen braucht es eben nicht die umweltschädliche Avocado als Brotaufstrich. Bei der Wahl des Kaffeepulvers ist es auch nicht zu viel verlangt, kein Geld in moderne Sklavereien fließen zu lassen. Aber was, wenn sich erst im Nachhinein herausstellt, dass das Frühstücksobst ohne Schutzkleidung und Arbeitspausen geerntet wurde? Oder die Kakaobohnen der Lieblingsschokolade aus den Händen von Kindern stammt? Wäre es gerecht, wenn uns der Staat zivilrechtlich belangen würde, weil wir komplexe Lieferketten nicht geprüft haben? Von Unternehmen will die Europäische Union das schon bald verlangen – in einem unmöglichen Umfang.

Außer Frage steht, dass Firmen mit Sorgfalt ihre Lieferanten zu wählen haben. Tritt das EU-Lieferkettengesetz jedoch in Kraft, müssten Betriebe ab 250 Mitarbeitern all ihre Produktionsstoffe bis zu seiner Herkunft kontrollieren. Ein bürokratischer Aufwand der insbesondere im Mittelstand einer unlösbaren Mammutaufgabe gleicht. Brechen in diesem Prozess auch noch kritische Zulieferer weg, ist Unwirtschaftlichkeit vorbestimmt. Zudem darf gleichermaßen angezweifelt werden, ob den betroffenen Menschen damit geholfen wäre. Ein Abbruch der Geschäftsbeziehungen zu ärmeren Ländern würde deren Entwicklungschancen hemmen, bei einer gleichbleibenden Menschenrechtslage. Denn ziehen sich europäische Auftraggeber zurück, können sie damit vor Ort keine politischen Veränderungen erzwingen. Den Unternehmen würde aber genau diese Aufgabe aufgedrängt werden. Zeitgleich betreiben EU-Staaten freien Handel mit Nationen wie Saudi-Arabien, China und Katar. Von Wirtschaftsakteuren verlangen sie allerdings moralische Höchststandards in ihren Geschäften. Die Pläne der EU-Kommission in Frage zu stellen ist daher keine Positionierung gegen Menschrechte. Vielmehr ist es berechtigte Kritik an einer doppelmoralischen Abwälzung staatlicher Aufgaben.

Nein, sagt Michael Ermark

Die Wahrung der Menschenrechte ist das höchste Gut, das wir als Gesellschaft zu verteidigen haben. Deshalb sind diese Rechte auch in einer Allgemeinen Erklärung der Vereinten Nationen festgeschrieben. Bedauerlicherweise ist diese Resolution aber nicht bindend – ein Blick in den Iran, nach Katar, Russland oder andere Länder demonstriert das auf erschreckende Weise. Um die Menschenrechte andernorts zu stärken, plant die EU nun das Lieferkettengesetz. Dies ist für die Unternehmen der Region zwar mit großem bürokratischem Aufwand verbunden, aber es wird seinen Zweck erfüllen. Denn Unternehmen, die schon vorab ihre Zulieferer streng prüfen, haben nichts zu verlieren. Und den Unternehmern, denen die Einhaltung der Menschenrechte ihrer Zulieferer bislang ein eher kleines Anliegen war, für die ist es höchste Zeit, die eigenen Werte zu hinterfragen.

Alles, was staatlich aufgezwungen wird, wird oft – manchmal zurecht – mit Skepsis betrachtet. Sollte man den Unternehmen in der Region nicht zutrauen können, selbst ihre Werte – und damit die ihrer Zulieferer – im Griff zu haben? Ich fürchte nicht. Oder glauben Sie, Plantagenbesitzer auf dem amerikanischen Doppelkontinent hätten die Sklaverei abgeschafft, weil sie moralisch verwerflich ist? Oder doch eher wegen einem Gesetz, welches die Sklaverei verboten hat? Wir kennen alle die Antwort.

Aber zurück in unsere Zeit. Das Lieferkettengesetz ist für die Unternehmer eine gewaltige Aufgabe, die auch mit hohen Kosten verbunden ist. Manche warnen sogar vor Existenzen, die daran zugrunde gehen könnten. Die Schwierigkeit liegt in der Sache selbst. Selbstverständlich achten unsere Unternehmen auf die Einhaltung der Menschenrechte in ihren eigenen Betrieben in Deutschland. Dies ist auch nicht weiter schwer. Aber wenn diese Überwachung ins Ausland geht, wird es schon komplizierter. Aber die Unternehmen kommen – sofern Menschenrechte wirklich etwas zählen – nicht um diese Aufgabe herum. Denn es gibt keine andere Möglichkeit. Wenn die Regierungen diverser Staaten die Menschenrechte nicht achten, muss die Wirtschaft den Druck erhöhen. Das sind wir uns selbst schuldig.

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