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Facebook Leaks und Cambridge Analytica – was steckt eigentlich dahinter?
Christoph von Külmer

Facebook Leaks und Cambridge Analytica – was steckt eigentlich dahinter?

Social Media-Experte Christoph von Külmer. Bild: Sportbrain
Social Media-Experte Christoph von Külmer. Bild: Sportbrain

Seit Mitte März 2018 regieren die Schlagzeilen “Cambridge Analytica“, “Datenklau“, “Facebook verkauft Daten“ oder “Zuckerberg Ruin“ nicht nur die Hitlisten bei Twitter sondern auch eher unüblich die Titelseiten in den Deutschen Gazetten. Auffallend dabei ist, dass sich kaum ein Journalist die Mühe macht, sich tiefgreifend mit dem komplexen System des Online-Bezahlsystems “Daten gegen kostenlose Leistung“ zu beschäftigen. Ich versuche mit meinem Fachbeitrag dieses Mal etwas Licht ins tiefe Daten-Dunkel zu bringen und vielleicht die eine oder andere Aussage zu relativieren.

Die Akte Cambridge Analytica

Was steckt hinter diesem ominösen Unternehmen, dass beschuldigt wird für den Wahlkampf von Donald Trump die Daten von über 50 Millionen Facebook Usern „gestohlen oder sogar gekauft“ zu haben? Unter uns Experten im Online-Marketing ist Cambridge Analytica schon lange keine Unbekannte mehr, denn nicht erst seit diesem Jahr steht das britisch-amerikanische Jointventure mit Hauptsitz in New York im Rampenlicht der Berichterstattung. Das 2014 von der britischen SCL Group gegründete Datenanalyse-Team sammelt über die verschiedensten Quellen Daten von Bürgern und versucht dann die Wählergruppen in Wahlkämpfen durch ganz gezielte passende Botschaften zu beeinflussen. Schon 2015 gab es im Rahmen der amerikanischen Präsidentschafts-Kampagne von Ted Cruz den Verdacht, dass Cambridge Analytica Daten von über 10 Millionen Facebook Usern gesammelt hat. Nur damals interessierte es noch niemanden. Weiter ging es dann 2016, als sie im Zuge der englischen „Brexit“ Abstimmung in Zusammenhang mit der “Vote-Leave-EU Kampagne“ von Boris Johnson gebracht wurde. Da wurden die Stimmen schon lauter, denn das Wahlverhalten der Briten war wie wir wissen eine große Sensation. 

Wie sammelte Cambridge Analytica die Daten von 50 Millionen Menschen?

Nun kommt die nächste Frage auf, welche Daten denn auf welche Art gesammelt werden? Erst einmal muss ich klar herausstellen, dass Cambridge Analytica nicht alleine Daten nur auf Facebook gesammelt hat. Heute können umfassende Daten von Personen über die verschiedensten Dienstleister gekauft oder geliehen werden. Überall wo wir unsere meist digitalen Spuren hinterlassen, wird gesammelt, getrackt oder erhoben. Beim Einkaufen über Kreditkarte, beim Abschließen von Online-Verträgen, bei der Teilnahme an Gewinnspielen, bei der Nutzung von öffentlichenHotspots, beim Besuch von Websites und natürlich bei der Nutzung von Apps. Unsere Daten sind so gefragt wie nie, denn besonders die Werbeindustrie möchte uns mit den besten personalisierten Angeboten erfreuen. Galt früher das Gießkannenprinzip durch eine Werbeschaltung im TV, so versuchen ADIDAS, BMW oder Milka mich heute mit genau passenden Werbebotschaften auf möglichst vielen Kanälen zu überzeugen.

Facebook ist dabei nur ein Kanal von Tausenden für die Datenerhebung aber durch die weltweite Mitgliederzahl von knapp 1,5 Milliarden Menschen natürlich der Interessanteste. Das hat auch schnell Cambridge Analytica erkannt und sich einer ganz intelligenten Methode der Datenerhebung bedient: der beliebten Nutzung von Facebook Apps. 2014 waren Spiele wie Farmville, Moorhuhn oder Bubble Ball die absoluten Suchtfaktoren für die Nutzer. Dazu kamen Horoskop-Analysen, Intelligenz-Fragen oder aber auch Persönlichkeitstests. Und genau eine App dieser Kategorie war der Erfolgsgarant bei der Datenerhebung.

Cambridge Analytica installierte 2014 den Persönlichkeitstest „thisisyourdigitallife“ auf Facebook, in der die User durch die Beantwortung von Fragen Auskunft über ihre digitales Verhalten im Alltag bekamen. Was die 270.000 Anwender damals nicht wussten: sie öffneten Cambridge Analytica den Zugang zu ihren persönlichen Facebook Profilen mit dempgrafischen Angaben, Interessen und auch der Freundesliste. Viele von Ihnen kennen diesen Vorgang bestimmt, denn Apps wie Farmville zeigten damals an, welche Freunde ebenfalls das Spiel nutzen. Die App «thisisyourdigitallife» hat sich diese Funktion wissentlich zu Nutze gemacht und über 50 Millionen weitere Daten von Usern gesammelt, die ihre Privatsphäre-Einstellungen nicht gut justiert hatten. Facebook schränkte dann schnell alle Apps in dieser Funktion ein und weitete die Privatsphäre der User aus. Bei nativen Apps in den Google- oder Apple Stores gibt es diese Einschränkungen übrigens bis heute fast nicht.

Wie nutze Cambridge Analytica die gesammelten Daten im Wahlkampf?

Das Erheben von Daten ist also wie ich beschrieben habe ganz normaler Alltag in unserem Leben und wir haben uns größtenteils damit abgefunden. Doch was Cambridge Analytica nun so populär macht ist die gezielte Nutzung und die verbotene Weitergabe der erhobenen Daten. In den Facebook Datenschutz- und Nutzungsbedingungen stellt eine Weitergabe von erhobenen Daten einen ganz klaren Verstoß da und muss geahndet werden. Cambridge Analytica verkaufte die Daten an wohl verschiedene Unternehmen weiter, die basierend auf dem OCEAN-MODELL für Persönlichkeitspsychologie ein politisches Profiling für die Kunden betreiben. Dies bedeutet, dass im Wahlkampf gezielt passende Informationen, Newsartikel, Bilder, Videos etc. für den einzelnen Wähler ausgespielt werden. Im Fall von Donald Trump nimmt man an, dass die eingesetzte Kampagne darauf abzielte, die Konkurrentin Hilary Clinton mit „alternativen Fakten“ in ein schlechtes Licht bei den Wählern zu stellen. Dazu wurden Bilder, Videos, News-Artikel und vieles mehr mit der passenden Ansprache auf Basis der gewonnen Daten ausgespielt.

Hat Facebook Daten der eigenen User verkauft?

Definitiv Nein! Diese Frage kann ich nach langjährige Erfahrung und mit viel Recherchearbeit für diesen Artikel definitiv mit gutem Gewissen mit Nein beantworten. Würden Facebook, Twitter oder Snapchat die Daten der eigenen User verkaufen, wäre das zugrunde liegende Geschäftsmodell umgehend zerstört. Social Media Networks und auch Google verdienen Geld damit, die Daten und das Verhalten der Nutzer aufzuzeichnen. Der Nutzer bezahlt beispielsweise die kostenlose Nutzung von Facebook mit den von ihm erhobenen Daten. Diese Daten werden jedoch nicht an Werbetreibende weiterverkauft, sondern zum Ausspielen personalisierter Werbung zur Verfügung gestellt. So erfährt der Werbekunde aber nie Namen, Adressen oder Interessen von bestimmten Personen. Die Nutzerdaten sind also das Vermögen von Facebook und Co. und werden nie und nimmer für Peanuts verkauft.

Hat Facebook Fehler gemacht?

Facebook hat in der Vergangenheit sicherlich viele Fehler bei der Funktionenauswahl des Netzwerkes gemacht. Die Benutzer haben zu viele komplexe Einstellungsmöglichkeiten und zu viele Freiheiten bei der individuellen Justierung. Alleine in den Privatsphäre-Einstellungen muss ich zwischen Allgemein, Chronik, Apps und Werbeanzeigen unterscheiden. Auf der einen Seite ist das für den User toll, denn er kann sich sein ganz eigenes Netzwerk bauen, auf der anderen Seite muss er sich aktiv damit auseinandersetzen. Und dazu haben die Wenigsten Lust. Diese Unlust gepaart mit fehlendem Wissen im Umgang mit Daten, hat sich Cambridge Analytica zu Nutze gemacht und 50 Millionen Datensätze von Facebook weiterverkauft.

Dem Netzwerk muss man also noch einen großen Fehler vorwerfen. Sie hätten die “Bequemlichkeit“ der Nutzer, die sich wie im richtigen Leben auch im Online-Verhalten widerspiegelt, frühzeitig erkennen müssen. Jeder User müsste an die Hand genommen, sensibilisiert und geschult werden. Es gibt zwar in jedem Social Network einen umfangreichen Hilfebereich mit Erklärungen wie Daten verwendet werden aber wer hat schon Lust sich dadurch zu kämpfen, wenn doch alles so einfach funktioniert.

Das war aus Platzgründen nur ein ganz kurzer Umriss des umfangreichen Falles Cambridge Analytica mit meinen persönlichen Gedanken. In meinen nächsten Fachbeitragen für B4B WIRTSCHAFTSLEBEN SCHWABEN werde ich das Thema “Daten gegen Leistung“ natürlich weiter aufgreifen. Gerne können Sie mich bei Anmerkungen und weiteren Fragen jederzeit kontaktieren.

Ihr Christoph von Külmer
SportBrain Social Media & Web 

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