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BGH konkretisiert Mietzahlungspflicht bei coronabedingten staatlichen Eingriffen
Dr. Benjamin Riedel, Partner und Rechtsanwalt bei SONNTAG

BGH konkretisiert Mietzahlungspflicht bei coronabedingten staatlichen Eingriffen

Dr. Benjamin Riedel, Partner, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und WEG-Recht bei der Augsburger Wirtschaftskanzlei SONNTAG.
Dr. Benjamin Riedel, Partner, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und WEG-Recht bei der Augsburger Wirtschaftskanzlei SONNTAG. Foto: SONNTAG

Aufgrund der coronabedingt verhängten Lockdowns und Beschränkungen mussten Geschäfte massenhaft schließen oder mit einem Ausbleiben von Kunden leben. Haben sie daher einen Anspruch auf Anpassung der Miete? Der BGH hat sein Urteil dazu jetzt konkretisiert.

Nach wie vor ist diese Thematik Gegenstand zahlreicher Gerichtsverfahren. Mit seinem Urteil vom 12.01.2022 (Az. XII ZR 8/21) hat der Bundesgerichtshof (BGH) hierbei Klarheit geschaffen. Der BGH hat bei Vorliegen einer coronabedingten Geschäftsschließung von Mieterbetrieben die Anwendbarkeit der sog. Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) ausdrücklich bestätigt. Gleichwohl stellte der BGH klar, dass sich eine pauschale Betrachtungsweise, etwa eine hälftige Reduzierung der Miete während der betroffenen Zeiträume, verbietet. Vielmehr sind stets sämtliche Umstände des Einzelfalls für die Beurteilung einer angemessenen Vertragsanpassung zu berücksichtigen.

Nach Ansicht des BGH sind hierbei insbesondere die Umsatzeinbußen im konkreten Mietobjekt, staatliche Hilfen oder Versicherungsleistungen sowie auch die Interessen des Vermieters im Rahmen einer Einzelfallbetrachtung zu berücksichtigen. Darüber hinaus enthält die Entscheidung des BGH vom 12.01.2022 keine weitere Konkretisierung, sondern dient vielmehr als grobe Leitlinie für Instanzgerichte bei deren Einzelfallentscheidungen.

BGH hat seine Entscheidung konkretisiert

Nunmehr hat der BGH am 13.07.2022 (Az. XII ZR 75/21) seine Entscheidung vom 12.01.2022 bestätigt und konkretisiert:

Auch nach der neuen Entscheidung des BGH kommt eine Vertragsanpassung nach § 313 BGB nur dann in Betracht, wenn sich durch die staatlichen Einschränkungen aufgrund der Coronapandemie ein Risiko realisiert hat, das von keiner der beiden Vertragsparteien gesetzlich oder vertraglich zu übernehmen ist bzw. übernommen wurde. In diesem Zusammenhang stellt der BGH klar, dass eine vertraglich vereinbarte Betriebspflicht sowie Sortimentsbindung nicht zu einer Risikoverteilung zu Lasten des Mieters führen.

Konkretisiert hat der BGH weiter, welche pandemiebedingten hoheitlichen Maßnahmen bei negativen wirtschaftlichen Auswirkungen auf den betroffenen Betrieb des Mieters grds. geeignet seien können, eine mögliche Vertragsanpassung nach § 313 BGB zu begründen. Neben der kompletten Betriebsschließung sind – so der BGH – auch eine Beschränkung des Zugangs auf eine bestimmte Personenzahl oder eine Beschränkung des Zugangs auf Personen mit einem bestimmten Impfstatus („2G“ oder „2G+“) grds. geeignet, eine Anpassung nach § 313 BGB zu begründen. Andererseits soll eine im Zuge der Pandemie zu beobachtende allgemeine Kaufzurückhaltung der Kunden nicht zu einem Anspruch auf Anpassung nach § 313 BGB führen.

Mieter müssen staatliche Hilfmaßnahmen offenlegen

Mieter müssen sich weiter nunmehr auch in vollem Umfang Aufwendungen anrechnen lassen, die sie sich im Zeitraum der Nutzungsbeschränkung erspart haben; dazu zählen insbesondere staatlich gewährte Überbrückungsgelder und das erhaltene Kurzarbeitergeld. Die Beweis- und Darlegungslast trifft hierbei die Mieter. Mithin sollten Mieter nunmehr dar- und vor allem auch offenlegen, welche staatlichen Hilfsmaßnahmen beantragt und gewährt bzw. aus welchen Gründen beantragte Hilfsmaßnahmen abgelehnt wurden.

In dem vom BGH entschiedenen Fall begehrte die Betreiberin einer „Brot- und Backwarenfiliale mit Stehcafé“, die auf Grund der Infektionsschutzmaßnahmen gegen COVID-19 vom 18.03.2020 bis zum 19.04.2020 schließen musste, eine Vertragsanpassung wegen eines Umsatzrückgangs von 20 Prozent.

Zwar findet – wie der BGH ausführte – die Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 I BGB Anwendung. Allerdings ist es der klagenden Mieterin nicht gelungen, substanziiert darzulegen, inwieweit ein Festhalten am Mietvertrag für sie unzumutbar gewesen sei. Insbesondere legte die Mieterin nicht in ausreichendem Umfang offen, welche staatlichen Hilfsmaßnahmen sie im gegenständlichen Zeitraum beantragt hat sowie ihr bewilligt und an sie ausbezahlt wurden. Im Fall des BGH hatte die Mieterin die Unzumutbarkeit der vollständigen Zahlung der geschuldeten Miete im Wesentlichen nur mit Umsatzrückgang von 20 Prozent in der betroffenen Filiale im Mai 2020 begründet. Dieser Vortrag wurde von der Vorinstanz – so die Entscheidung des BGH – völlig zu Recht als unzureichend angesehen. Die Mieterin hätte vielmehr substanziiert dar- und offenlegen müssen, ob und in welchem Umfang erhaltene Corona-Finanzhilfen und ersparte Aufwendungen in Form des erhaltenen Kurzarbeitergeldes bei ihrem Umsatzrückgang Berücksichtigung gefunden haben.

Darlegungs- und Beweislast hat sich für Mieter verschärft

Zusammenfassend können zwar auch Zeiträume für eine Vertragsanpassung geeignet sein, in denen staatliche Maßnahmen den Betrieb des Mieters eingeschränkt, jedoch nicht ausgeschlossen haben. Die Darlegungs- und Beweislast dürfte sich nach der Entscheidung des BGH für betroffene Mieter jedoch verschärft haben. Auch wenn die Entscheidung des BGH nicht dazu führen dürfte, dass betroffene Mieter im Rahmen der gerichtlichen Geltendmachung ihrer Ansprüche sämtliche Geschäftszahlen offen legen müssen, wird eine wesentlich umfangreichere Offenlegung gefordert als die bloße Mitteilung eines Umsatzrückgangs.

BGH schafft weitere Klarheit

Der BGH hat daher mit seinem Urteil vom 13.07.2022 die bisherige Richtlinie bestätigt und konkretisiert und damit weitere Klarheit geschaffen. Die endgültige Beurteilung und Gewichtung der Umstände des Einzelfalles bleibt jedoch den Instanzgerichten vorbehalten. Zur Beurteilung der Chancen und Risiken im Einzelfall ist daher den betroffenen Vermietern und Mietern eine fachkundige juristische Beratung und Begleitung dringend zu empfehlen.

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