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Schaustellervorstand Josef Diebold: "Der Plärrer ist für alle da"
Aktuelles Interview

Schaustellervorstand Josef Diebold: "Der Plärrer ist für alle da"

Josef Diebold vor seiner Super-8-Schleife "Orient Express". Foto: B4B SCHWABEN
Josef Diebold vor seiner Super-8-Schleife "Orient Express". Foto: B4B SCHWABEN

Volksfeste haben alles überlebt von der Weltwirtschaftskrise über den ersten und auch den zweiten Weltkrieg. Der Augsburger Plärrer ist für die Menschen aus der Region die fünfte Jahreszeit, ein Wechselbad der Gefühle, er ist ein „Heraus aus dem grauen Alltag“. Josef Diebold, Betreiber des Kinderkarussells „Orient-Express“, ist seit kurzem neuer Vorstand des Schaustellerverbands. In einem Interview mit B4B SCHWABEN erklärt er, wieso uns Volksfeste so sehr prägen.

B4B SCHWABEN: Seit Februar sind Sie nun der neue Vorsitzende des schwäbischen Schaustellerverbands. Haben Sie sich inzwischen in Ihrer neuen Rolle gefunden?

Josef Diebold: In erster Linie ist meine Aufgabe verantwortungsvoll und eine große Herausforderung. Ich bin sehr bemüht, das Ganze auch zu meistern. In der Vergangenheit habe ich in der erweiterten Vorstandschaft schon mitgewirkt. Wir sind eine starke Mannschaft und haben in der Vorstandschaft viele fähige Leute, die sich in allen Bereichen sehr bemühen. Mit ihrer Unterstützung habe ich sehr schnell in meine neue Rolle gefunden und arbeite auch jetzt mit allen Schaustellern sehr eng zusammen.

B4B SCHWABEN: Sie haben gesagt, dass ihre Vorgänger die Messlatte sehr hoch gelegt haben. Was bedeutet das für Sie?

Josef Diebold: Ja, die Messlatte ist hoch: Unser voriger Vorsitzender Herr Eberhardt hat eine gute Arbeit gemacht. Jetzt werde ich natürlich an meinem Vorgänger gemessen, ich bin mir dieser Verantwortung auch bewusst. Meine Stärke liegt darin, dass ich eine wunderbare Familie habe. Ich habe eine tolle Frau und drei Töchter, die mir jederzeit den Rücken freihalten. Ein Schausteller-Betrieb ist vorrangig ein Familienbetrieb. Wenn Sie Beruf und Ehrenamt verbinden, wie ich das jetzt mache, darf natürlich der Betrieb nicht darunter leiden. Da kann ich mich vollkommen auf meine Familie verlassen. Der Betrieb läuft weiter, auch wenn ich andere Dinge bewerkstelligen muss. Ohne meine Familie könnte ich das nicht machen. Ich stehe aber auch in der Verantwortung. In unserer Familie ging es 1870 los und wir sind bis heute diesem wunderbaren Beruf treu geblieben.

B4B SCHWABEN: Welche Aufgaben hat ein Vorstand des Schaustellerverbands? Wie sieht ihr Tagesablauf aus?

Josef Diebold: Ich beschäftige mich natürlich viel mit organisatorischen Aufgaben. Bei der Schaustellerei dreht sich viel um Genehmigungen. Wenn man mit dieser Materie vertraut ist und weiß, wo die Probleme liegen, dann kann man direkt an der Wurzel anpacken und eine Veränderung herbeiführen, Position in der Öffentlichkeit beziehen und Verfahren vereinfachen. Hinter einem Volksfest steckt viel mehr, als lediglich ein paar Plakate aufzuhängen. Man muss das Interesse der Öffentlichkeit fördern und natürlich auch bedienen, Präsenz zeigen, sich dem Wandel anpassen und natürlich auch Kontakte zur Politik und zu Wirtschaftsvertretern pflegen, um bei Problemen jederzeit einen Ansprechpartner zu haben. Es ist meine Aufgabe und mein Ziel, den Erhalt des Plärrers zu sichern.

B4B SCHWABEN: Auch ihre älteste Tochter ist den Schaustellern treu geblieben und betreibt nun ihr eigenes Fahrgeschäft. Welche Zukunftspläne haben ihre beiden anderen Töchter?

Josef Diebold: Meine älteste Tochter hat die Mittlere Reife abgeschlossen und war danach im Steuerbüro tätig. Dann hat sich die Möglichkeit ergeben, eine Anlage zu übernehmen. Ich war überrascht, wie meine älteste Tochter den Weg eingeschlagen hat, aber wir haben sie da vollkommen unterstützt. Auch Tochter Nummer zwei ist bei uns im Betrieb und steigt jetzt selbständig in die Branche ein. Sie übernimmt das Kinderkarsusell meiner Schwiegermutter, das es seit 50 Jahren gibt. Die jüngste Tochter hat ihre Schule fertig gemacht und macht momentan eine Ausbildung. Wenn sie am Wochenende nach Hause kommt, ist sie für unseren Betrieb da.

B4B SCHWABEN: Rentiert sich ein Schaustellerbetrieb auch außerhalb der Volksfestsaison?

Josef Diebold: Man muss dazu sagen, ein Schaustellerbetrieb ist ein Wirtschaftsunternehmen, das sich natürlich auch lohnen muss. Aber es gehört auch viel Idealismus dazu, einen solchen Betrieb zu führen.

B4B SCHWABEN: Wieso haben Sie sich ausgerechnet für Kinder-Fahrgeschäfte entschieden? Könnte ein Essensstand für Sie auch in Frage kommen?

Josef Diebold: Es ist so schön, die leuchtenden Augen der Kinder zu sehen. Ich könnte mir nichts Schöneres vorstellen. Leider geht die Zahl der Kinder durch den demografischen Wandel zurück, andere Stände profitieren jetzt stärker, wie beispielsweise die Essensstände. Aber es funktioniert kein Plärrer, wenn wir nur noch Essen und Trinken haben. Wir brauchen Idealisten, die das Publikum unterhalten. Wenn Sie heute als Kind aufs Volksfest gehen, haben Sie Momente, die Sie prägen und Sie werden immer wieder dorthin zurückkehren. Das ist Tradition, die prägt uns. Das Kind, das heute nicht auf den Plärrer kommt und mit dem Plärrer aufwächst, wird später auch nicht ins Bierzelt gehen. Die Verbindung ist einfach nicht da. Und das sehe ich als meine Aufgabe, unseren schönen Berufsstand am Leben zu erhalten.

B4B SCHWABEN: Welches ist ihr Lieblings-Volksfest außerhalb von Augsburg?

Josef Diebold: Jede Stadt hat eine andere Infrastruktur, andere Gegebenheiten. Augsburg ist meine Heimatstadt, hier sind meine Wurzeln, hier ist auch mein soziales Umfeld. Das hat einen anderen Stellenwert. Aber meine Saison beinhaltet 15 bis 18 Stationen. Egal, ob ich auf der Cannstatter Wasen oder auf dem Dachauer Volksfest bin, es hat die jeweilige Station Priorität. Wir müssen dann aus der momentanen Situation das möglichst Beste herausziehen.

B4B SCHWABEN: Was machen Sie außerhalb der Volksfestzeit?

Josef Diebold: Wir sind acht bis neun Monate unterwegs. Natürlich hinterlässt da jeder Auf- und Abbau seine Spuren. Es muss ja trotzdem alles funktionieren. Bevor ein Karussell benutzt werden kann, muss der TÜV kommen und alles genau auf Sicherheit prüfen. Wir müssen dann sicherstellen, dass rechtzeitig zur Saison alles den Qualitätsansprüchen entspricht. Änderungen vom TÜV müssen rechtzeitig in Auftrag gegeben werden, Teile der Fahrgeschäfte teilweise neu lackiert, Lichter ausgetauscht werden. Natürlich finden auch Modernisierungen statt, um dem harten Wettbewerb standhalten zu können. Dieses Jahr haben sich ja viel mehr Schausteller beworben, als schlussendlich zugelassen wurden. Da muss ein Schausteller immer am Ball bleiben und höchste Qualität liefern, die der Plärrer sowohl bei den Fahrgeschäften als auch bei der leiblichen Versorgung bietet.

B4B SCHWABEN: Im vergangenen Jahr mussten Sie zunächst mit sehr schlechten Wetterverhältnissen kämpfen. Welche Auswirkungen hatte das für Sie?

Josef Diebold: Das Wetter ist mitunter der größte Faktor über ein Gelingen solch einer Veranstaltung. Wir gehen ja mit Allem in Vorleistung. Wir buchen Werbung, wir bezahlen Platzgeld, unseren Strom, haben die Leute bestellt und alles läuft. Dann schneit es. Das ist natürlich ein herber Schlag. Es ist am Ende immer eine Mischkalkulation, da muss einfach die Summe rauskommen, damit der Betrieb läuft. Es gibt natürlich Momente, da bin auch ich sehr verzweifelt und stehe mit dem Rücken an der Wand. Wenn die Bank oder Partner einem dann nicht den Rücken freihalten, gibt es ein Problem. Mit dem furchtbaren Wetter kommen auch weitere Probleme auf die Aussteller zu. Es waren viele fleißige Helfer unterwegs, die nachts beispielsweise geplatzte Leitungen in den Toiletten ausgewechselt haben. Da steckt eine enorme Leistung und Logistik dahinter.

B4B SCHWABEN: Wie geht es Ihnen jetzt kurz vor dem Plärrerstart?

Josef Diebold: Der schönste Moment ist nach der Winterpause. Es ist alles aufgebaut, gewartet, alles funktioniert. Wenn Besuch kommt, alles dreht und bewegt sich, das ist der Moment, da fällt eine große Last ab. Wenn an Ostern alles funktioniert, dann sind sie schon einmal beruhigt für die Saison. 

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