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von Sandra Hinzmann, Online-Redaktion
Das Projekt „Augsburg liest ein Buch“ der Wirtschaftsjunioren Augsburg ist ein voller Erfolg. Seit 2014 wird der Roman von Robert Seethaler gelesen, gespielt, vorgestellt, er soll die Menschen in Augsburg zusammenführen, den Austausch fördern, die Integration vorantreiben und allgemein für gute Literatur begeistern. Ein großer Schwerpunkt des Buches ist auch der aufflammende Judenhass in Österreich zu Zeiten Hitlers, aber auch die erste Liebe des jungen Protagonisten Franz Huchel.
„Augsburg liest ein Buch“ will auch zur Zivilcourage aufrufen
Da Ausländerhass auch aktuell europaweit und auch in Deutschland ein Thema ist, wollten die Wirtschaftsjunioren Augsburg im Rahmen von „Augsburg liest ein Buch“ testen, wie viel Zivilcourage denn bei der Augsburger Bevölkerung vorhanden ist, wenn es um unrechte Ausländerfeindlichkeit geht. Das Projekt: Das „unsichtbare Theater“ unter Leitung von Regisseur Dominik von Guten und Bühnenbildnerin Carolin Mittler, das für Furore sorgte. Die Theateraktion auf dem Stadtmarkt sollte zum einen auf „Augsburg liest ein Buch“ aufmerksam machen, aber auch zur Zivilcourage aufrufen und Augsburg gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus stärken. Doch das Projekt ging anders aus, als gedacht.
…bis das Schweineblut kam
Die Schauspieler des „unsichtbaren Theaters“ gaben sich große Mühe, sich nicht zu verraten, aber auffallen wollten sie mit allen Mitteln. Inszeniert wurde ein rassistischer Übergriff mitten auf dem Stadtmarkt zu einer besucherstarken Zeit. Drei Rassisten bedrängten einen türkischen Dönerstandbesitzer, beschimpften ihn mit fremdenfeindlichen Aussagen und niveaulosen Schimpfwörtern, verspotteten ihn. Der Dönerstandbesitzer sollte seine Neueröffnung feiern, doch er bekam statt Lob von den drei Schauspielern „Das ist ein Bauernmarkt, kein Basar“ zugerufen. Die Situation eskalierte allmählich, zuerst spritzte Cola über den Tresen, dann wurde Schweineblut vergossen (selbstverständlich kein echtes).
Fremdenfeindlichkeit ist auch in Augsburg angekommen
Dabei wurde mit einer versteckten Kamera gefilmt, der Regisseur von Gunten beobachtete die sich ständig wiederholende Situation. Die Reaktionen der Besucher auf dem Markt hätten unterschiedlicher nicht sein können. Teilweise gab es zustimmende Worte und Ansporn für die rassistischen Äußerungen der Schauspieler. Einer klopfte den Schauspielern auf die Schulter, eine lobte ihre niveaulose Aktion mit den Worten „Sehr gut!“. Eine ältere Dame brachte vor Publikum einen der rassistischen Witze der Schauspieler lauthals zu Ende. Rassismus und Fremdenfeindlichkeit sind also auch in Augsburg keine Fremdwörter. Zivilcourage nur selten gesehen. Kaum einer der Besucher schritt ein oder half dem türkischen Unternehmer.
Kaum Zivilcourage in Augsburg
Während der gesamten Aktion, die mehrmals wiederholt wurde, wurde kein einziges Mal ein Notruf abgesetzt, wie das Polizeipräsidium Schwaben Nord versicherte. Die meisten Besucher des Stadtmarkts haben einfach nur zugesehen, einige wenige weggeschaut und nur vereinzelte eingegriffen. So auch Christoph Mößbauer. Er versuchte, die pöbelnde Gruppe zu verscheuchen, schließlich ging er vehement dazwischen. Mößbauer war sichtlich erleichtert, als ihn der Regisseur über die Aktion aufklärte. Der Regisseur sorgte bereits im Vorfeld dafür, dass alle relevanten Sicherheitsstellen, der Oberbürgermeister, die Referenten und Hilfskräfte der Stadt über die Aktion informiert wurden. Da die Polizei im Vorfeld Bedenken äußerte, dass die Situation eskalieren könnte, wurden Sicherheitskräfte rund um das Geschehen positioniert.
Projektteilnehmer enttäuscht über Ergebnis
Nach der Aktion traf viele der Verantwortlichen und Teilnehmern die Realität wie ein Schlag ins Gesicht. Hussam Nimr, der den türkischen Dönerverkäufer mimte, hofft, dass viele Marktbesucher die Aktion durchschaut hätten: „Wenn diese Menschen es nicht gewusst haben und einfach nur zusahen, dann wäre das allerdings schlimm“, findet er. Regisseur von Gunten freut sich, dass einzelne Personen in das Geschehen eingegriffen haben. Ebenso erschreckend fand er es, dass es teilweise Zustimmung für die Rechtsradikalität gab und sogar vereinzelt zustimmende Witze.
Das Video zum Projekt wird es bald im Rahmen von „Augsburg liest ein Buch“ sowie auf unterschiedlichen sozialen Netzwerken zu sehen geben.